23. Februar 2005

"Metallicas 'St. Anger'? Nie gehört!"

Interview geführt von

Es ist jetzt geschlagene fünf Jahre her, dass ihr ein musikalisches Lebenszeichen von euch gegeben habt. Wieso hat das so lange gedauert?

Nun, es gibt immer noch ein Leben jenseits der Band. Es dreht sich in meinem Leben nicht alles nur um COC. Ich hab zwei Jahre mit Downset gearbeitet und getourt, mit Metallica hab ich auch eine Zeit lang kollaboriert (Pepper war als neuer Basser im Gespräch, Anm. d. Red.). Dann hab ich meine Farm verkauft, bin umgezogen, wir haben die Live DVD gemacht und vor etwa einen Jahr haben wir mit der Arbeit am neuen Album begonnen. Ich denke, es gibt für alles einen richtigen Zeitpunkt, und der war jetzt langsam wieder gekommen. Wir machen keine Alben, nur um die Kohle am Laufen zu halten. Wenn keiner von uns den Drang verspürt, was Neues zu machen, dann gibt’s eben nix.

Ich hab gehört, du hast auch eine eigene Bar in New Orleans.

Yeah, that's right. Ich liebe diese Bar, aber man muss eine Menge Energie und Arbeit reinstecken. Da gibt's natürlich auch ne Bühne, und es spielen jede Menge Blues- und Jazz-Musiker. Das ist schon der Hammer, wenn du die alten Säcke stellenweise auf der Bühne siehst, und was die spielen, wow!

Wäre das nicht der ideale Ort für ne Release-Party zu In The Arms Of God"?

Nein, auf keine Fall. Außerdem sind wir gerade mit Motörhead auf Tour, wenn das Album erscheint.

Na gut. Was denkst du sind die größten Unterschiede zwischen "American Volume Dealer" und "In The Arms Of God?"

Ich denke, dass sich die äußeren Einflüsse einfach geändert haben, und sich das auf unsere Musik auswirkt. Die ganze Welt hat sich in den letzten fünf Jahren sehr verändert, und das färbt auch auf uns als Musiker ab. "In The Arms Of God" entstand zum Großteil im Proberaum und wurde da auch aufgenommen. Es klingt offener, giftiger und aggressiver.

Der Titel sollte ursprünglich "En Los Brazos Del Dios" lauten. Warum spanisch?

Ja, wir fanden das ursprünglich ganz witzig, weil es sich ziemlich cool anhört, allein vom Klang her. Je weiter wir aber mit den Arbeiten vorankamen und je ernster es wurde, haben wir uns schließlich doch für den englischen Titel entschieden.

Welche Bedeutung hat der Titel denn für dich. Ist das vielleicht sogar so eine Art Tribut an Diamond Darrel? (Ex-Pantera Gitarrist, der Ende letzten Jahres erschossen wurde, Anm. d. Red.).

Nein, aber das ist schon beinahe bittere Ironie. Als wir den Titeltrack In The Arms Of God aufnahmen, klingelte das Telefon, und wir erfuhren, dass jemand Darrel auf der Bühne erschossen hatte. Für mich steht der Titel stellvertretend für den Tod. Er funktioniert aber auch als Metapher für Trost oder sogar für Waffen (dabei zeigt er mir ein paar Zeichnungen, die auch im Booklet zu sehen sind). Diese Metapher tauchte immer wieder in meinem Kopf auf und wechselte dabei ihre Bedeutung.

Das Erste was mir dabei in den Sinn kam, war der Begriff als Synonym für ein Gefühl der Sicherheit oder Geborgenheit.

Ganz klar, das ist sozusagen die offensichtliche Interpretationsmöglichkeit, aber es gibt derer eben mehrere, und ich habe großen Spaß daran, diese auszuprobieren und mit den Worten zu spielen.

Euer Präsident, der mir heute sogar persönlich das Leben schwer gemacht hat, hat seine zweite Amtszeit ja hauptsächlich damit gewonnen, dass er ständig ein Gefühl der Bedrohung von außen und innen unter der amerikanischen Bevölkerung geschürt hat. Man sollte sich auf keinen Fall sicher fühlen.

Das kannst du laut sagen. Einerseits kann ich das schon verstehen, aber andererseits ist das auch absolute Panikmache und sorgt nur für Unruhe. Aber was soll's, ich bin kein Politiker und kümmere mich eher darum, was um mich herum auf der Strasse abgeht. Es lohnt sich auch schon gar nicht mehr, darüber zu diskutieren, da wir eigentlich alle wissen, dass George W. Bush und seine Fädenzieher die eigentlichen Bösen in diesem Spiel sind.

Kommen wir wieder zur Musik. Ich habe gehört, dass die Beziehung zwischen Phil Anselmo (Ex-Pantera Sänger) und Darrel nach dem Split alles andere als gut waren. Er war ja nicht mal zur Beerdigung eingeladen.

Ja, und das tut mir wirklich zutiefst leid. Ursprünglich war das ein ganz verschworene Szene und Gemeinschaft, wo jeder jeden unterstützt hat. Doch irgendwann ging dieser Spirit verloren. Damit wollte ich aber nie was zu tun haben, ich unterstütze prinzipiell jeden, egal in welcher Band er spielt. Es war mir auch wichtig, mit dem neuem Album einen positiven Aspekt zu setzen, und diese Einstellung auch rüber zu bringen. Die ganze Wut und Aggression, die in dieser Art Musik steckt, muss einfach richtig kanalisiert werden, dann kann dadurch etwas Positives entstehen. Leider habe ich den Eindruck, dass das Familiäre irgendwo auf der Strecke geblieben ist. Da wollte ich mit diesem Album entgegen wirken.

Du bist schon die ganze Zeit am Skizzen zeichnen, während wir hier reden. Das komplette Cover- und Booklet-Artwork stammt ebenfalls von dir.

Das ist richtig. Es ist so etwas wie ein Hobby von mir. Ich hab schon ein paar Sachen für andere Bands gemacht, und auch die Sachen von Deliverance stammen von mir. Mich interessiert Kunst im Allgemeinen sehr, und ich versuche, mich auf möglichst viele Arten künstlerisch auszudrücken. Auch für meine Bar hab ich die ein oder andere Sache entworfen.

Mit Stonebreaker legt ihr ja ein astreines Blues-Intro hin.

Yeah! Damit wollen wir die Leute erst mal so richtig verwirren. Das Erste, was sie seit Jahre hören, ist ne coole Jam-Nummer mit nem lockern Blues-Lick, haha. Das ist unsere Antwort auf Led Zeppelins The Song Remains The Same.

Bisher hat sich "Is It That Way" zu meinem Favoriten entwickelt, da ich die Gesangslinie sehr cool finde.

Danke, aber das witzige an dem Song ist eigentlich, dass der er ursprünglich deutlich schneller war. Wir haben ihn auch so aufgenommen, und dann die Drums ein gutes Stück verlangsamt. Anschließend haben wir die Gitarren nochmal neu eingespielt, damit sie in der richtigen Tonart sind. Dadurch klingt das alles wesentlich wuchtiger und organischer.

Eher ungewöhnlich ist dagegen "Dirty Hands Empty Pockets". Das hat so was von einem Prediger.

Ja, das ist schon 'n bisschen strange. Vor allem bei "Already Gone" geht es dabei um meine Freunde und Bekannten daheim, die einfach schon viel Scheiße fressen mussten, aber nicht aufgeben und jeden Tag ihr Bestes geben. Ich bewundere das und möchte ihnen damit meinen Respekt aussprechen und Mut machen.

Ihr habt ja scheinbar immer noch ein Drummer-Problem.

Wieso? Wir haben keine Probleme mit unserem Drummer.

Und wie würdest du es dann bezeichnen, dass Stanton Moore, der eigentlich bei Galactic spielt, das Album eingetrommelt hat und ihr mit Jason Paterson auf Tour geht?

Na ok, hahaha. Ich wollte schon lange mal mit Stanton zusammen arbeiten, und das hat sich jetzt eben ergeben. Der Kerl ist schon verdammt gut, und man hört dem Album seine Handschrift deutlich an. Ich kenn ihn schon seit etlichen Jahren, und er hat den Songs einen unglaublichen Push verliehen. Für die Tour mit Motörhead steht er aber leider nicht zur Verfügung, da er zu viele andere Sachen am Laufen hat. Jason springt derweil für ihn ein, aber für die restlichen Dates wird uns Stanton auf jeden Fall begleiten. Für Deutschland sind wir gerade dabei, etwas mit Black Label Society zu planen, das wäre auf jeden Fall ein ziemlich geiles Package. Da ist aber noch nichts wirklich spruchreif. Momentan war es erst mal wichtig, das Album fertig zu produzieren.

Das ist jetzt diese Tage geschehen, wie ich höre.

Stimmt, ich hab hier den Endmix von drei Songs in meiner Tasche, der mir erst gestern per E-Mail ins italienische Office zugeschickt wurde. Den Rest soll ich heute bekommen.

Nochmal zu den einzelnen Songs, ein Solo erinnert doch ziemlich an "Hotel California" von den Eagles. Ist das Zufall?

Quatsch, das war natürlich volle Absicht, hahaha. Ich glaube, das ist sogar die gleiche Tonart, und wir wollten uns da einen Spaß draus machen, um zu sehen, wie viele Leute das kapieren.

Die Songs klingen alle sehr spontan und roh, so als ob die meisten das Produkt von diversen Jam-Sessions wären.

Das stimmt, fast alle Songs sind so entstanden. Wir haben jedoch viel Zeit und Energie darauf verwendet, sie letztendlich so kompakt wie möglich zu halten. Es sollten keine endlosen Jam-Songs werden, sondern nur jeweils so viel und so lang wie nötig. Jammen ist für mich aber verdammt wichtig, weil du nur so das Feeling für einen guten Song bekommen kannst, zumindest geht das mir so. Wir arbeiten uns dann zum Kern des jeweiligen Songs vor und versuchen ihn dabei so roh und kraftvoll wie möglich zu halten. Deswegen auch die dreckige Produktion.

Was hältst du denn von Metallicas St. Anger?

Um ehrlich zu sein, ich hab's nie gehört. Ich hab ein paar Sachen gehört, als wir zusammen im Studio waren und ich als Basser vorgespielt habe, und auch in James’ Truck lag ein Tape drin, als ich mal damit rumgefahren bin, aber viel kann ich dazu nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich für das Studio, das sie sich da eingerichtet haben, töten würde. Das Ding ist echt der Hammer!

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