Porträt

laut.de-Biographie

Clem Snide

Wie auch bei Steely Dan stammt der Bandname Clem Snide aus William Borroughs Roman "Naked Lunch." Dort bezeichnet er ein "professionelles Arschloch," wie Eef Barzelay, Sänger, Gitarrist und Songwriter der Band, erzählt. Der literarische Ursprung sei "eine Gemeinsamkeit zu viel mit Steely Dan, aber im Endeffekt ist das ziemlich egal, schließlich handelt es sich nur um einen Namen."

Clem Snide - Forever Just Beyond
Clem Snide Forever Just Beyond
Oldschool-Songwriting, strikt ohne Effekte und Elektronik
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Als Trio im Jahre 1991 in Boston gegründet, widmen sich Clem Snide zunächst dem Punk. Neben dem in Tel Aviv geborenen Barzelay gehören Bassist Jason Glasser und Schlagzeuger Eric Paull der Ursprungsformation an. "Eine Zeitlang war die Leere, das Nichts meine Muse, ich hatte versucht, Songs über nichts zu schreiben, Songs, in denen nichts passiert," berichtet der Sänger über den Inhalt der ersten gemeinsamen Stücke.

1995 lösen sich Clem Snide als Gruppe auf, Barzelay und Glasser ziehen nach New York. Während der Erste solo und akustisch weiter unter dem Bandnamen auftritt, widmet sich der Zweite dem Cello und seinem Studium. Zwei Jahre später finden sie wieder zusammen, Jeff Marshall am Bass tritt hinzu, Clem Snide formieren sich wieder als Band. Allerdings mit einem neuen Hintergrund: aus dem "Lemonhead-Sound" (Barzelay) ist eine vielschichtige, eher akustische Band geworden, deren Lyrics einen neuen Schwerpunkt gefunden haben. "Heute ist meine Muse die Liebe. All meine Songs handeln von der Liebe. Ich glaube, dass sich irgendwie alles darum dreht." Ein recht gewöhnliches Thema, das er jedoch aus ungewöhnlichen - und dadurch wieder interessanten - Blickwinkeln beschreibt.

Die textuelle Mischung aus Humor und Melancholie, gekoppelt an eine musikalische Begleitung, die im Zeichen der Americana steht, ist 1998 zum ersten Mal auch in offizieller CD-Form zu haben. "You Were A Diamond" ist zwar kein Chartbreaker, bringt ihnen jedoch eine Major-Vertrag ein. Mit dem wieder eingestiegenen Drummer Paull nimmt die Band das finanziell gut ausgestattete Album "Your Favourite Music" auf, deren Veröffentlichung jedoch zum Problem wird - das Label ist übernommen worden, das Interesse abgeflaut. Als es schließlich 1999 ohne jegliche Promotion erscheint, stößt es nur bei Kritikern auf offene Ohren.

Die Band besinnt sich auf seine Independent-Wurzeln, findet ein neues Label und bekommt von der alten Firma die Rechte auf "Your Favourite Music" zugesprochen. Als das Album im Frühjahr 2000 zum zweiten Mal erscheint, diesmal auch in Europa, ist die Resonanz positiver und führt zu einem Interview im Rolling Stone. Ein Erfolg, den das Nachfolgeralbum "The Ghost Of Fashion" bestätigen und erweitern kann.

Wie ein Kommentator schreibt, versucht die Musik Clem Snides, "mit Wärme und Humor Momente der Leere zu füllen; Momente, die auf dem Parkplatz eines leeren Einkaufszentrums auftreten können, in einem ungemachten Bett nach einem Streit, oder in einem Hotel an der New Jersey Turnpike, wo der Kaffee abgestanden schmeckt und der Fernseher in der Hall so leise ist, dass man das Summen der Klimaanlage und den Lärm des Verkehrs hört."

Fürs Folgealbum "Soft Spot" fährt die Band Cello, Banjo, Percussions und Orgel in voller Montur ins Studio. Allerdings fehlen die passenden Songs, die sich festsetzen würden, und die Band kommt mit dem Druck der Musikindustrie nicht zurecht. Das kleine Label kann die Band auch nur schwer platzieren, versucht es aber mit "End Of Love" und verschiedenen LoFi-Feldaufnahmen in MP3-Only-Releases weiter. Field Recordings und MP3-Qualität? Das passt nicht direkt zusammen.

Als nächstes Label übernimmt 429 Records, eine kalifornische Firma, die sich auf ältere, verschütt gegangene Interpreten aus Folk, Soul, Blues, Rock, World und Songwriting spezialisiert und zu jener Zeit gerade Dr. John unter Vertrag hat. Die beiden Alben Clem Snides dort, "Hungry Bird" und "The Meat Of Life", sehen mit ihren gezeichneten Cover Artworks ganz süß aus, fallen aber klanglich völlig aus dem Zeitgeist.

Clem Snide bleiben nur mehr lose in Kontakt. In einer neu geformten Besetzung ergänzen Brendan Fitzpatrick und Ben Martin den Songschreiber Ifar 'Eef' Barzelay. Die vorherige Soundstärke erreicht das Trio nicht. Dafür steigt der Output im Digital-/Self Release-Zeitalter beträchtlich. Binnen kürzester Zeit entstehen zig EPs, mehrere Cover-Alben mit Coverversionen, die sich angeblich die Fans gewünscht haben und einige reguläre neue Alben. Herunterladen kann man sich diese teils kostenfrei, teils für low price auf Bandcamp - wenn man zwischen den verschiedenen Accounts der Band nicht durcheinander kommt.

Die 2010er Jahre hindurch gibt auch es eine bemerkenswerte kleine Clem Snide-Revival-Welle bei TV-Produktionsfirmen. Immer wieder tauchen alte und neue Songs von Clem Snide in Soundtracks auf. Die BBC gibt einen Song in Auftrag, "The Woods". "Beautiful", bekannt von Christina Aguilera, covert Eef Barzelay - und eine US-Netflix-Serie zieht dieses Cover dem Original vor. Kurz vor seinem 50. Geburtstag möchte Eef es nochmal wissen und unterschreibt bei Ramseur Records, einem detailverliebten Mini-Label im starken Vertriebsnetz von Thirty Tigers/Membran. Ob mit "Forever Beyond" (2020) ein Comeback gelingt?

Alben

Surftipps

  • Offizielle Site

    Domain mit .de-Endung, sic!

    https://www.clemsni.de/
  • YouTube-Channel

    Ehrlicher Gitarrenrock in schlichten Bildern.

    https://www.youtube.com/channel/UC65Yp8j0yDmrmZWA_G2_xfg

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