laut.de-Kritik

Rohe Gewalt trifft große Refrains.

Review von

First of all: Shoutout to Benny Richter. "Gravity" klingt geil. Besonders der Gitarrensound in all seinen Facetten verdient Respekt. Wunderbar differenziert, immer mit dieser gewissen Dosis Aggression ausgestattet, Lead- und Rhythmusklang ergänzen sich hervorragend. Ausgewogener Mix und fette Produktion zahlen ja manchmal schon die halbe Miete.

Wenn dann, wie im Falle von "Gravity", die Musik dazu noch stimmt: um so besser. Teilweise ermöglichen sich Produzent und Band hier einfach gegenseitig. Einerseits liefern Caliban die entsprechenden Elemente, an denen Richter (und Gitarrist Marc Görtz) ihre Qualität voll ausspielen können. Rohe Gewalt trifft auf große Refrainflächen. "Paralyzed" überschlägt sich anfangs fast vor Wut, die Hook dagegen legt sich befreiend darüber und öffnet den Song.

Andererseits kaschiert die Arbeit an den Reglern, wenn einmal ein Riff oder Breakdown alleinstehend nicht ganz so knacken würde ("Mein Schwarzes Herz"). Oder die Melodien einmal etwas zu abgedroschen und poppig ausfallen ("Hurricane"). Ein paar Zuckerschichten muss man schon aushalten, um "Gravity" in Gänze zu genießen. Zum Glück konterkarieren Caliban das in angemessenem Maße mit abstoßender Härte.

Oft entstehen dann Zwitterwesen wie "Who Am I", das mit toller Gitarrenarbeit überzeugt (vor allem hinten raus), sowohl die Mosh- als auch die Singfraktion bedient, manchmal aber nichtsdestotrotz etwas beliebig erscheint. Mit demselben Problem kämpft die Sehnsuchtsballade "brOKen". Der dynamische Aufbau funktioniert zwar, die breiten Refrainmelodien (inklusive "Oh oh oh") zeichnen das Bild von Lichtstrahlen durch Wolkendecke. Aber Vergleichbares hört man halt nicht zum ersten Mal.

Der insgesamt vielleicht stimmigste Track des Albums hört auf den Namen "Walk Alone", Calibans Flüchtlingssong. Immer wieder schießt von unten herauf Marco Schallers Bass, um Akzente zu setzen, der Mittelteil birgt ein melodisches Solo, der Chorus liefert Hymnenmaterial. Die Übergänge zwischen Hart und Weich haben den Sinn von Gleitgel verstanden.

Ähnlich angenehm flutscht es bei "Inferno". Während das Stück zu Beginn noch einen durchschnittlich guten Core-Brecher gibt, hat die zweite Hälfte ein Schmankerl zu bieten: Über gewohntes Breakdown-Staccato legt sich eine Clean-Gitarre. Props ans Mischpult, once again.

Arch Enemys Alissa White-Gluz steht Andreas Dörner während "The Ocean's Heart" zur Seite. Mit ihrer Singstimme. Mehr als Arrangementpolitur gibt das zwar nicht her, aber wenigstens eine gute. Nötig hat der Backenbart Unterstützung nämlich nicht wirklich. Gegen seine Dominanz kommt eh kaum jemand an. Genauso steht es nach "Gravity" wohl auch weiterhin um Calibans Status in der deutschen Metalcore-Szene.

Trackliste

  1. 1. Paralyzed
  2. 2. Mein Schwarzes Herz
  3. 3. Who I Am
  4. 4. Left For Dead
  5. 5. Crystal Skies
  6. 6. Walk Alone
  7. 7. The Ocean's Heart
  8. 8. brOKen
  9. 9. For We Are Forever
  10. 10. Inferno
  11. 11. No Dream Without A Sacrifice
  12. 12. Hurricane

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5 Kommentare

  • Vor 8 Jahren

    nunja, heaven shall burn und caliban, also von mir aus "deutscher" metalcore, haben definitiv einfluss genommen auf meine (musikalische) sozialisation. und verbinde mit beiden bands einfach so einiges an erfahrungen, seien es festivals, konzerte oder eben persönliches weit drüber hinaus. kann caliban daher einfach nicht haten.. es bleiben die langweilige formelhaftigkeit, das pathos und die kalkulierte aggression, so auch bei diesem album (so mein eindruck über youtube bisher..), aber meine sympathie gilt caliban weiterhin, als energiesnack oder als musikalischer tränenwischer für zwischendurch funktionieren einige ihrer songs immer noch!

  • Vor 7 Jahren

    "The Undying Darkness" war das einzige Album das mir von denen gefallen hat. Das ändert sich nach dem groben Reinhören hier auch nicht. Derselbe meist vorhersehbare Mist. Produktionstechnisch aber besser als die letzten Platten. 1/5

  • Vor 7 Jahren

    Meiner Ansicht nach die beste, weil düsterste, Platte von Caliban ist "Shadow Hearts". Aber gut, die ist ja nun auch schon 13 Jahre alt. Danach die Sachen waren nicht schlecht, aber auf Albumlänge zu kalkuliert und irgendwie eintönig. Soll heißen, so ein, zwei Lieder haben mir zugesagt, der Rest weniger. So ist es auch bei diesem Album mehr als 3 Punkte halte ich nicht für angebracht - es ist solide produziert, aber auf Dauer kein wirklicher Gassenhauer.

    Dennoch werde ich im Dezember zu einem Caliban-Konzert gehen, und darauf freue ich mich.