laut.de-Kritik

Zwischen Luxusluder und süßem Girl.

Review von

Britney Spears ist überall. Jeder kennt sie, jeder kann sich noch erinnern, wie sie als albernes Schulmädchen im Video zu ihrem ersten Welthit "Baby One More Time" feuchte Altmännerfantasien provozierte. Traum vieler Männer ist sie immer noch (und wird sie noch lange sein), wie die jüngste Krönung des Magazins FHM zur sexiesten Frau der Welt zeigte, aber vom übelsten Plastikpop ihrer frühen Tage hat sie sich doch ein Schrittchen entfernt.

Ihr Erfolgsrezept: der nicht immer glaubwürdige Spagat zwischen Luxusluder und süßem, beschützenswertem Girl-Next-Door. Starproduzenten wie Neptunes geben ihrem Mainstreampop ein zeitgemäßes Outfit. Der Prototyp des All-American-Girls schiebt nun zu ihrem aktuellen Album "In The Zone" die dazugehörige DVD nach und gewährt ihren Fans einen Einblick in die Welt eines Superstars. Die DVD ist eine Compilation, bestehend aus verschiedenen Promo-Auftritten zum Album-Release, den aktuellen Videos, einem MTV "Making The Video" zu "Toxic" und ein Interview.

Im ABC-Special tritt Britney in kleinem Rahmen vor überschaubarem Publikum auf. Spärlich und grauenvoll angezogen kiekst, stöhnt und räkelt sie sich durch ihr Programm. Zum Auftakt reibt sie in "Toxic" ihre in glänzendem Latex gepackten vier Buchstaben an ihre nicht minder geschmackfrei gestylten Tänzer (warum denke ich bloß an Giggolos?!). Aber gleich im ersten Teil der "Behind The Scene"-Sequenzen beklagt sich Frau Spears darüber, dass Medien sich in ihrer Berichterstattung zu sehr auf ihre Sexualität beschränken und die Künstlerin in ihr nicht gebührend wahrnehmen würden. Äh. Ja, genau.

Sollte das Ziel von "I Got That (Boom Boom)" das Sammeln von Credibility-Punkten bei Hip Hoppern sein, ist dieses Unterfangen ein Griff ins Klo. Die Hauptaufgabe der zwei Hip Hop-Affen Ying Yang Twins besteht bei dieser Performance darin, sich die meiste Zeit am Rande der Bühne zu verstecken, zweimal in den vier Minuten armewedelnd rumzugurken und "Twiddle diddly twiddle diddly" von sich zu geben.

Recht brauchbar dagegen die Jazz-Version (jawoll, J-A-Z-Z) von "Baby One More Time". Bis auf das Grundgerüst entfremdet und mit Bigband im Kerzenschein aufgepäppelt, kann man sich ihren ersten Hit durchaus noch geben. Es folgt Brits erster selbstkomponierter Song "Everytime", ein Medley aus "Boys" und "Slave 4 U" und "Breathe On Me". Abwechselnd (je nachdem, ob Ballade oder nicht) säuselt sie in Unschuldsweiß von ihrer Verletzlichkeit oder wackelt mit dem Popo, bis es kracht - ihre starke körperliche Beanspruchung könnte denn auch erklären, warum sie ab und zu mal gesanglich daneben haut.

Die verwirrende Ambivalenz ihres Auftretens zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte DVD. Hinter der Kulisse wird dem Zuschauer suggeriert, dass das heiße Bienchen doch eigentlich auch nur ein ganz nettes Mädel ist, ihre Familie liebt, gerne einkaufen geht, und einfach ihren Traum lebt. Zugegebenermaßen ist das Mädchen mit dem Dauergrinsen nicht ganz unsympathisch. Sie schafft es, den Zuschauer mit ihrem quietschigen Charme um den kleinen Finger zu wickeln.

Musikalisch ist Britney Spears immer noch um Längen besser als Atomic Kitten oder Jeanette Biedermann. "Toxic" und das zugehörige Video grooven ohne Ende, das müssen sogar diejenigen zugeben, die eine Britney Spears-CD sonst nicht mal mit Handschuhen anfassen würden. Ganz interessant ist auch das "Making The Video" zu "Toxic". In "In The Personal Zone" gibt Britney ein kurzes Resumé zum ABC-Special, ihrem neuen Album und der Onyx Hotel Tour.

Etwas unnötig ist allerdings der TRL Auftritt am Times Square, wo noch mal "Me Against The Music" und der Song mit den unendlich nervenden Ying Yang Twins dargeboten wird. Dafür gibt es aber als Leckerli noch eine Audio-CD, auf der zwei neue Stücke und zwei Remixe enthalten sind. "Girls And Boys", das übrigens aus der Feder von Linda Perry stammt, überrascht anfangs durch elektronisches Getucker, der dumpfe Stampfbeat im Refrain verhindert leider, dass die akzeptablen Ansätze fortgeführt werden.

Auch der ansonsten stellenweise hörbare Track "I've Just Begun" wird durch den penetranten Refrain kaputtgemacht. Ziemlich gelungen ist aber der Remix von "Me Against The Music", es besticht mit trockener Bassline und minimalistischen Drums und funktioniert auf der Tanzfläche sicher gut. Sollte man immer noch nicht genug von ihr haben, kann man das Booklet auseinanderfalten und Britney in vollster Pracht über sein Bett hängen.

Wer Britney mag, wird seine helle Freude an der DVD haben. Wer sie nicht leiden kann, guckt sich das Ding eh nicht an. Oder gerade doch.

Trackliste

  1. 1. ABC Television Special
  2. 2. MTV's TRL Live Performance
  3. 3. "Me Against The Music" - Video
  4. 4. MTV's "Making The Video: Toxic"
  5. 5. "Toxic" - Video
  6. 6. "In The Personal Zone"

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