laut.de-Kritik

Piano-Kompositionen, die so ereignisreich wie das Leben klingen.

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Mit gerade einmal 21 Jahren blickt der in Prag lebende Musiker und Produzent Daniel Bordovsky alias Borrtex schon auf Videoplatzierungen für internationale Marken wie IKEA oder HBO und über 100 Millionen Streams auf Plattformen wie Spotify oder YouTube zurück. Musikalisch setzt er mit seinen minimalistischen Klavier-Kompositionen auf eine Verbindung moderner klassischer Musik mit einfachen, auskomponierten Melodien, wie man sie in der Filmmusik findet. Dieser Marschrichtung bleibt er auch mit seinem nun veröffentlichten Solo-Piano-Album "Harmony" treu.

Die Platte basiert auf keiner bestimmten Grundidee. Sie entstand auf ganz natürlichem Wege, als Borrtex an seinem neuen, spezialangefertigten akustischen Piano improvisierte. Insgesamt besteht das Album aus zwölf Songs, die in Tempo, Intensität, in der Darbietung und im Stil variieren. Zudem bilden sie eine komplexe Form, fügen sich aber auch gleichzeitig zu einer harmonischen Balance. Die erste Hälfte durchziehen vor allem helle Tonarten und repetitive Patterns in Anlehnung an die Minimal Music, während sich in der zweiten Hälfte zunehmend nachdenklichere Töne durchsetzen.

Dabei stellt das "Intro" mit seinen kristallklaren, lichtdurchfluteten Melodien einen wunderbaren Einstieg in die Schönheit dieses Werkes dar. Das entfaltet in "Crossing" zunehmend eine trancehafte Wirkung, wenn sich ein wiederholendes Motiv und eine melodische Gegenfigur kreuzen. Ähnlich aufgebaut ist auch "Fluid". Nur lebt die Nummer mehr von fimmusikalischen Anklängen, wenn Borrtex hier und da mal energisch in die Tasten haut. Meistens lässt er sich jedoch versunken in sein Spiel fallen. Gefühlsbetonte Momente bekommt man dadurch in Hülle und Fülle geboten. Die geraten allerdings nie zu lieblich, sondern tönen so ereignisreich wie das Leben, wie man beispielsweise "Monde" oder "Spiral" hört.

Das besitzt nicht nur fröhliche, sondern auch mal melancholische Seiten, wie die verregneten, tiefen Akkordfolgen in "Living" verdeutlichen. Dafür könnte das empfindsame Hauptmotiv eindringlicher kaum sein. Es klingt so, als wäre es schon immer da gewesen. Besser lässt sich ein zeitgemäßes klassisches Stück nicht mehr auf den Punkt bringen. "Aqua" lädt dann mit ausufernden, üppigen Klängen dazu ein, sich vom Fluss des Lebens tragen zu lassen.

Demgegenüber bietet das Album aber auch ein paar Verschnaufpausen von der alltäglichen Betriebsamkeit. "Calme" sorgt mit ruhigen, bedächtigen Akkordfolgen für Momente der Entschleunigung und der inneren Einkehr. "Vera" präsentiert, ungeachtet allen Fantasiereichtums in der Melodik, einen intimen Abschluss, wenn man die natürlichen Geräusche des Pianos bei jedem einzelnen Tastenschlag bewusst wahrnimmt.

Insgesamt legt Borrtex auf "Harmony" zwar spielerisch durchaus eine gewisse Vielschichtigkeit und Variabilität an den Tag. Tiefgehende Stimmungen erzeugt er trotzdem mit einfachen, bescheidenen Mitteln. Das Werk gleicht letzten Endes verschiedenen Momentaufnahmen des ganz normalen Lebens in der tschechischen Hauptstadt, wenn man immer wieder einen Blick aus dem Fenster auf sie wirft. Das macht es absolut authentisch und menschlich.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Crossing
  3. 3. Monde
  4. 4. Fluid
  5. 5. Calme
  6. 6. Spiral
  7. 7. Encanto
  8. 8. Living
  9. 9. Aqua
  10. 10. Propos
  11. 11. Forte
  12. 12. Vera

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