laut.de-Kritik

Dirty-Disco-Boogie zwischen Little Richard, Elton John und Udo Jürgens.

Review von

Schnauzbart-König Jesse Hughes macht Ernst. Mit seinem Solo-Debüt "Honkey Kong" erfüllt sich Boots Electric den langgehegten Wunsch eines akustischen Beischlafs zwischen George Clinton, Gary Numan und Little Richard. Selbst die Village People würden bei einem derart flotten Dreier vor Neid erblassen.

Zwischen glitzernder Diskokugel, hartledernder Hosenträger und derber Rock'n'Roll-Attitüde lädt Teaser-Maschine Hughes zum munteren Tanzbeinschwingen.
Gleich zu Beginn paart der Gute die Vers-Struktur des Boogie-Rocks mit Background-Klängen aus dem Autoradio von Starky & Hutch.

Auf "Love You All The Thyme" treffen sich dann die Flippers mit den Beach Boys zur gemeinsamen Shaft-Mantelanprobe und stellen nach knapp vier Minuten fest, dass das Ding bei allen Beteiligten sitzt wie angegossen.

Zeit für die Gästeliste, wo sich Josh Hommes Ehefrau Brody Dalle im "Boots Electric Theme" mit dem Moustache-Maestro in bester Seventies-Porn-Tradition duelliert bis sich Larry Kings Bettlaken heben.

Erfrischend anders und dennoch authentisch bis ins Mark schmiegt sich der zum Großteil von Money Mark gezauberte Dirty-Disco-Sound an die markante Stimme von Jesse Hughes. Stoische Beats und knarzende Vintage-Gitarren geben sich auf "Honkey Kong" die Klinke in die Hand und lassen das Studio 54 und das SO 36 für eine gute halbe Stunde Ringe tauschen.

Mit "Dreams Tonight", Jesses schmachtender Liebeserklärung an Tuesday Cross, übertrifft sich der extrovertierte Barde selbst. Josh Hommes Hawaii-Solo dauert keine zwanzig Sekunden und bildet dennoch die Spitze von Amors Pfeil. Grandios. Es folgt die Piano-Ballade "No Fun". Mit schweren Drums unterlegt, überzeugt Jesse auch hier in einer avantgardistischen Mischung aus Elton John und Udo Jürgens.

Irgendwann gehen aber auch dem derbsten Freak die Ideen aus, und so kommt der heißgelaufene Gran Torino von Boots ab der Albumhälfte ins Stottern. Die Wurlitzer-Sounds, Atari-Keyboards und Handclaps fahren auf Songs wie "Speed Demon", "You'll Be Sorry" oder auch "Trippy Blob" nur noch mit halber Kraft und auch das Harmonie-Budget scheint ausgereizt zu sein.

Allerdings kommt es mit "Swallowed By The Night" noch zum versöhnlichen Abschluss, wenn der Dirty-Funk dem Country weicht und den Karren letztlich doch noch halbwegs heile in die Garage bringt.

Insgesamt hätte es eine EP, bestehend aus den ersten fünf Songs, auch getan, aber Jesse ist halt kein Mann für halbe Sachen. So resümieren wir eine grandiose erste Hälfte, gefolgt von einer flächendeckend abbauenden zweiten Spielzeit, also ungefähro so, als hätte Josep Guardiola in der Halbzeitpause das Zepter an Erich Ribbeck weitergegeben.

Trackliste

  1. 1. Complexity
  2. 2. Love You All The Thyme
  3. 3. Boots Electric Theme
  4. 4. Dreams Tonight
  5. 5. No Ffun
  6. 6. Oh Girl
  7. 7. Speed Demon
  8. 8. You'll Be Sorry
  9. 9. Trippy Blob
  10. 10. Swallowed By The Night

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