laut.de-Kritik

New York-Nostalgie, eiskalt serviert.

Review von

Bei der Griselda-Gang hieß es einmal, in Buffalo herrsche sogar im Sommer Winter. Hört man das neue Projekt von Benny The Butcher, zeichnet sich kristallklar ein Bild von New York, wo man wohl auch bei 40 Grad Schnee schippt. "The Plugs I Met" ist eine Eiseskälte von einem Album, ein Bars-Feuerwerk mit Alchemist-Produktion am Gefrierpunkt und einem Vibe zwischen Pusha Ts "Daytona" und Raekwons lilanem Tape.

Einem kurzen Skit über den Hunger von Wölfen folgt direkt ein Filetsteak. Gemeinsam mit Black Thought reitet Benny The Butcher ein Instrumental von DJ Shay mit fast nach Blaxpolitation klingendem Loop mit perfekt geschnittenen Soul-Samples. Das Tag-Team aus dem legendären Roots-Frontmann und der Geheimwaffe dieser ganz neuen Nostalgiker-Gang aus New York geht überraschend egalitär über die Bühne, die beiden scheinen sich auf Augenhöhe zu begegnen.

In dieser Hinsicht bleibt "The Plugs I Met" ein klassisches Flex-Tape. Aber Benny zeigt nicht nur seine neu gewonnenen Connections, sondern hält es auch mit alten Freunden wie gehabt. So gibt es routinierte Verses von seinem Crewkollegen Conway The Machine, Beiträge von 38 Spesh und Battlerap-Altstar RJ Payne. Letzterer setzt leider aber auch mit "Bars hit you like finding out your daughter's a lesbian" den indiskutablen Tiefpunkt der Platte.

Es gibt sie, die Momente, in denen sich Bennys Nostalgiker-Sound etwas hängengeblieben anfühlt. Vor allem, wenn er antiquierte Textzeilen stehen lässt oder genauso antiquierte Rapper wie Jadakiss einlädt, die so zähnefletschend rappen, dass sie ihren Mund schon gar nicht mehr aufmachen. Dagegen stehen aber zahlreiche Beispiele, wie man "Only Built 4 Cuban Linx" äußerst effektiv ins Jahr 2019 holt.

Unheimliche Pianoläufe wie auf "Sunday School", abstrakte Jazz-Loops wie auf "Took The Money To The Plug's House" oder "Dirty Harry", dazu typisch einschlägige Bass-Hits und treibende Rhythmen. Die Produktion profitiert von der sich entwickelnden Sample-Ästhetik, die man Produzenten wie dem Alchemist, Apathy, dem letzten Earl Sweatshirt-Projekt oder auch einem nie stagnierenden DJ Premier zu verdanken hat. Alles bleibt trotzdem extrem respektvoll gegenüber dem Sound der OGs.

Die Bars werden sowieso nie alt. Obwohl Benny schon seit längerem dieselbe alte Erzählung vom Dealerleben ableistet, machen sein Auge für Details, seine stoische Erzählweise und seine durchs Mark gehende Stimme die Energie von "The Plugs I Met" so besonders. Ein wenig wie "Supreme Blientele", der kurzen Laufzeit wegen aber auch ein wenig wie "Daytona".

Benny The Butcher macht Musik, die ihre Sparte kennt und weiß, was die Fans hören wollen. Im Vergleich zu seinen bisherigen Projekten reduziert sich "The Plugs I Met" aber so radikal aufs Wesentliche, dass kaum eine Sekunde Füller übrigbleibt. Dieses Tape ist die geballte Dosis dessen, was Griselda und Benny so erfrischend wirken lässt: eine Oase für jeden, der sich in Hip Hops alte Tage zurückdenken will.

Trackliste

  1. 1. Intro Skit
  2. 2. Crown For Kings (feat. Black Thought)
  3. 3. Sunday School (feat. 38 Spesh & Jadakiss)
  4. 4. Dirty Harry (feat. RJ Payne & Conway The Machine)
  5. 5. Took The Money To The Plug's House
  6. 6. 18 Wheeler (feat. Pusha T)
  7. 7. 5 to 50 (feat. India)

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5 Kommentare mit 22 Antworten

  • Vor 4 Jahren

    Yo, nix gegen Kiss! Passt perfekt zu diesem grimey Shit!

    Benny ist King, wobei ich Tana Talk 3 um einiges besser fand. Okay, hat auch ein paar Tracks mehr. Generell würde ich sagen, Griselda = D-Block 2.0, ein Movement voller Realness! ♥

    Nächste Woche dann das neue Flygod-Album, bin extrem heiß drauf. Kommt dazu dann auch ne Rezi?

  • Vor 4 Jahren

    Ein Teil des Rap der alten Tage war aber auch, dass es zwar mal Diskussionen über Gewalt und Beeinflussung durch Politik und Elternvertreter gab, aber nicht diese eklig-penetranten Political Correctness Zeigefinger durch mehr oder weniger Beteiligte.

    Gibt es für derart empfindliche Gemüter nicht irgendeinen androgynen Singer-Songwriter. Oder, wenn es denn Sprechgesang sein muss, eine gesinnungskonforme, transsexuelle, marxistische, lesbische Muslima die „rappt“?

    Ist ja nicht auszuhalten, dieses Pädagogen-Geschwafel. Ich muss da zur emotionalen Kompensation erst mal ne Runde Brotha Lynch Hung hören:

    „When you see me put that nine up in that pussy, ho
    Cock it back slow
    Rock it back and forth, wait for the nut, then let my trigger go
    BOOM!
    Pussy-guts all over the room“

    #metoo #loveislove #aufschrei #indiskutablertiefpunkt

    Ach zum Thema noch - Benny ist zweifelsfrei sehr bosshaft.

    • Vor 4 Jahren

      Bistn harter Kerl.

    • Vor 4 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 4 Jahren

      Und du hast nen Harten wegen nem Kerl.

      Ich hab ja nichts dagegen, wenn man sich für das andere Ufer stark macht. Aber vielleicht ist man da im falschen Genre unterwegs.

      Wenn man schon Moralapostel sein will, dann richtig. Aber zu sagen Mord und Totschlag, kombiniert mit Drogenhandel und -Konsum - alles cool. Aber wehe da akzeptiert einer eine sexuelle Orientierung nicht - das hochgradig lächerlich.

    • Vor 4 Jahren

      Für den Konter hätte ich mir in der vierten Klasse mit Mühe nen Lacher rauspressen können.

      Und offensichtlich hast du was dagegen, sonst würdest du hier nicht so nen Aufriss machen.

      Zudem, wenn der werte Herr Gölz sich daranmacht, ein Gangstarapalbum zu kritisieren, wird ihm schon bewusst sein, dass es da wahrscheinlich um so Gangstersachen geht (Mord, Totschlag, Drogen etc.). Das gehört sozusagen dazu. Wohingegen es nirgendwo geschrieben steht, dass die Abwertung von homosexuellen Personen dazugehört, außer in deiner Birne vermutlich.

    • Vor 4 Jahren

      Was ist das für ein komisches Weltbild, wenn man damit klar kommt, dass in einer - zumeist fiktiven - Erzählung, auf so ziemlich alle Gesetze und Normen des Zusammenlebens geschissen wird, solange ja die eigene Political Correctness nicht getriggered wird?

      Was kommt als nächstes: Drive-By Massaker, gerne. Aber bitte nur mit einem emissionsfreien Fahrzeug!
      Und das mir das Kokain auch ja biologisch nachhaltig angebaut wird.

      Gangsta Rap und diese dauerbetroffene Generation Mimimi... don‘t mix, like two... :D

    • Vor 4 Jahren

      Man könnte auch fragen, was für ein zartbesaitetes Gemüt du bist, dass du dich durch den einen Satz in der Rezension derart provoziert fühlst. Und warum das für die Finch Asozial- und Flerhörer dieser Welt wie dich immer so arschwichtig ist, dass man sie in ihrem dauerbeleidigten homophoben Safe Space nicht auch noch darauf hinweist, das sie homophob sind.

    • Vor 4 Jahren

      Es geht nicht um den einen Satz, sondern das hier plötzlich omnipräsente Pädagogenverhalten, wenn die Gay und Feminismus Themen tangiert werden.

      Es geht um diese missionarische Erziehung. Ich esse gerne Falafel, aber brauche keinen obligatorischen Veggie Day. Und ich habe kein Problem mit Schwulen, und lache bei der zitierten Punchline trotzdem herzlich.

      Aber mit einem Social Justice Warriors zu diskutieren ist sowieso sinnlos.

    • Vor 4 Jahren

      "Den einen Satz" vs. "omnipräsentes Pädagogenverhalten", merkst was?

    • Vor 4 Jahren

      Es ist immer die selbe alte Leier mit Leuten, die rechtspopulistische Kampfbegriffe wie "Social Justice Warrior" verwenden: Sich mies ins Hemd pissen, weil jemand beiläufig seine Meinung äußert, und dann der anderen Seite "Pädagogenverhalten" unterstellen.

    • Vor 4 Jahren

      "diese dauerbetroffene Generation Mimimi"
      "Social Justice Warriors"

      Ach herrje, schon wieder so ein Sodhahn-Verschnitt. Übernimmst du jede spekulative Kategorisierung, die irgendwelche Deppen sich im Internet ausgedacht haben?

    • Vor 4 Jahren

      Ich find das Framing schon unterschiedlich, zumindest an der Line. Die Gewalt wird meistens ja als ne Notwendigkeit des harten Lebens in ner Story oder überzeichnet als Selbstinszenierung oder Punchline verwendet. Die Drogen haben auch nen doppelten Boden. Die Line ist mir so sauer aufgestoßen, weil es selbst als Punchline nicht wirklich sinn ergibt, der Dude sagt einfach aus heiterem Himmel "ach ja und by the way, diese verdammten Lesben, die sind schon irgendwie scheiße". Ich hab das extra aufgeschrieben, weil ich mich jedes Mal beim durchhören bei der line sehr fremdgeschämt hab und es mich aktiv davon abgehalten hat, das album zu genießen. Das ist sowas wie wenn jemand ne harte verschwörungstheorie-line kickt, find ich. So ein Moment, der zeigt, dass die Person die da sitzt einfach n kompletter Vollidiot sein muss. Und das denke ich bei den Darstellungen von Gewalt und Kriminalität, die man sonst im Gangsterrap trifft, halt nicht.

    • Vor 4 Jahren

      bars hit you like finding out your daughter is a muslim

    • Vor 4 Jahren

      bars hit you like finding out your daughter dates a non white

    • Vor 4 Jahren

      Bars Hit you Like finding out you're married to a Transvestite, having 3 children though

    • Vor 4 Jahren

      Ist aber gar nicht so verkehrt, der Punkt. Ob Rap & Co. oder alle andere Musikrichtungen - das, was diovysos da "pädagogisch" nennt, finde ich in keinem Werk besonders "künstlerisch wertvoll". Und seien es erfundene oder echte Geschichten, sie sollten zumindest aus einem Gefühl heraus entstehen. Das hat sonst schnell etwas von einem erzieherischen Vortrag.

      Was für mich funktionieren könnte, aber leider selten gemacht wird, ist ein wütender, trauriger, lässiger oder in irgendeiner anderen Form interessanter Track zum Thema. Das kann sonst ganz schnell was davon haben, daß der Künstler sich selbst feiert, bloß weil er nicht die Ansichten der größtmöglichen Vollhonks teilt.

    • Vor 4 Jahren

      Treffen sich ein Hase und ein Igel und fangen an zu schmusen. Mensch Igel, du bist ein geiler Stecher!

    • Vor 4 Jahren

      Bars Hit you Like turning 18 and finding out your father's greatest achievement is ancient cave Blogspot

  • Vor 4 Jahren

    Wird das jetzt zur neuen laut.de-Vorgabe, dass bei jedem Artikel die schlimmste anti-queere Line, die ihm Anschauungsobjekt vorkommt, extra genannt wird? :lol:

  • Vor 4 Jahren

    Ach ich finde, es schadet nicht, den Blödsinn hervorzuheben, der da immer wieder verzapft wird. Grad, wenn die Review sonst insgesamt positiv ist und deswegen nicht der Eindruck aufkommt, die Kritiker*in würde Album xy gar keine Chance geben, weil es gesinnungstechnisch schwierig wäre.

    Mir persönlich stoßen solche Lines auch auf und ich könnte zum Beispiel auch so manchen Golden Era Klassiker noch mehr feiern, wenn da nicht regelmäßig irgendeine Wife-Beater-Action zelebriert würde (z.B. bei Biggie und Big L).

    Das Tape hab ich noch nicht gehört. Das muss sich hinter Bandana anstellen. Generell sehe ich die hohe Veröffentlichungsfrequenz bei Griselda skeptisch.

  • Vor 4 Jahren

    Verstehe die Aufregung wegen der Line nicht ganz. Die kann man auch anders verstehen.
    Außerdem finde ich die Trennung zwischen akzeptabler Verherrlichung von Gewalt und Kriminalität und der Ablehnung von moralisch fragwürdigen Aussagen etwas bigott.
    Yannik macht es sich da arg einfach, mit dieser "die Umstände zwingen sie dazu, Crack an Mütter zu verkaufen" - Haltung. Zu guter letzt, kann man (wie hrvorragend ja auch schon erwähnt hat) mit der Haltung den Großteil von Amirap nicht mehr hören, weil da häufig sehr fragwürdige Dinge passieren. Wie steht man so zu Biggies Beschreibung Lines über das ausknocken und vergewaltigen einer Mutter in Dead Wrong?
    Kritisieren kann man aber, dass der Vergleich ziemlich 08/15 ist.

    • Vor 4 Jahren

      Naja, alle, die Gangster Rap nicht hören, weil sie es für die authentischen Erzählungen armer Ghetto Kids halten, deren Geschichten erzählt werden müssen und die keine andere Wahl hatten als Crack an blinde Mütter zu verkaufen, nehmen die Musik wahrscheinlich ähnlich wie einen Actionfilm war und da gibts ja auch, natürlich individuelle, ästhetische Kriterien, was klahrgeht und was nicht.

      Man findet es halt cool, wenn der Joker, wie in Dark Knight einen Bleistift verschwinden lässt, müsste aber nicht dabei zusehen, wie er zum Beispiel eine wehrlose Rachel halb tot prügelt. Klar gehen je nach Ausgestaltung die gleichen Sachen unterschiedlich klar, aber es gibt halt nen Unterschied zwischen Action- und Snufffilm.

      Dieses "ja, aber die spiegeln ja nur ihre Lebensumstände wieder und die rechtfertigen dann Gewalt und Mord"-Argumentation finde ich auch heuchlerisch. Trotzdem kann man das, was man als deplatziert empfindet ruhig benennen.

    • Vor 4 Jahren

      Da bin ich voll bei dir, aber sich aus dem Album oder generell dem Griselda Universum diese Line rauszusuchen ist schon etwas merkwürdig, da die Line nicht mal Homophob ist. Das wird sie nämlich erst in seinem Kopf.
      Ich halte nicht viel von solchen Lines, und habe mal mit Canibus abgeschlossen, weil er Afghanistan nach 9/11 mit ner Atombombe beschmeißen wollte, aber die Aussage hier ist für mich dann doch etwas hysterisch.
      Denn wenn man sowas als Maßstab nimmt, sollte man sich einfach ganz und gar dem K-Pop zuwenden, um seinen Hörgenuss nicht ständig trüben zu müssen ;)

    • Vor 4 Jahren

      Wow. Du scheinst mir ein ganz tougher Typ zu sein!