laut.de-Kritik

Bauernhof meets Urbanität, Folklore schnüffelt an der Clubkultur.

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Der werte Stefan Hantel, aka Shantel, besitzt ein äußerst geschicktes Händchen dafür, sich die Crème de la Crème der weltmusikalisch angehauchten Bands und Projekte unter den Nagel zu reißen und auf seinem feinen Essay-Label zu veröffentlichen. Die Balkan Beat Box aus New York feiert nun ebenfalls dort ihr Stelldichein.

Auf der Coverabbildung prangen zwei Hähne mit stolz geschwelltem Kamm vor einer städtischen Kulisse samt Subway-Überführung. Bauernhof meets Urbanität, Folklore schnüffelt an der Clubkultur. Nach dieser Maxime verfahren Tamir Muskat und Ori Kaplan. Wie oben genannter Hasardeur der Roma-Mucke, so kreiert auch die Balkan Beat Box einen Bastard aus Elektronika und vermeintlich antiquierten Bläserklängen. Die beiden Israelis schubsen ihren Mix jedoch vermehrt in Richtung Dancefloor, wenn sie ihre Beats auf den Hörer loslassen.

Das mächtig pumpende "Bulgarian Chicks" mit ebensolchen an den Mikros steigt denn auch stimmungsvoll ins Album ein, nachdem uns "Cha Cha" einen instrumentalen Vorgeschmack dessen liefert, was einen auf über 50 Minuten denn so alles erwartet. Ein Faible für Osteuropäische Klänge kann das Duo aus der Wahlheimat New York kaum verbergen. Jedoch versteifen sie sich nicht darauf, nur Roma-Klänge mit Beats aufzumotzen. Seltsame Sprachfetzen dringen ans Ohr ("Adir Adirim"). Hebräisch? Arabisch? Keine Ahnung. Spielt beim Hörgenuss auch eher eine untergeordnete Geige. Hier findet zusammen, was vielleicht auf den ersten Blick nicht zusammen gehört, aber wenn nicht in der Musik, wo sonst sollten sich solche Gegensätze in einem heterogenen ganzen derart charmant verbinden?

"Shushan" klammert zwingende Rhythmen an die verschiedensten Blasinstrumente, was einen überaus guten Eindruck hinterlässt, ehe "Ya Man" mit einem Paukenschlag die vorherrschende Stimmung einfach und fahrlässig über den Haufen drischt. Fette Bratzgitarren klingen in diesem Kontext einfach scheiße. Den Eindruck von Rammstein in Turbanen mit Tablas bewaffnet drängt sich auf und das will nun wirklich keine Sau sehen. Ne, das war ein Griff ins Plumpsklo, mit den dazugehörigen olfaktorischen Spaßigkeiten.

Besserung folgt sogleich auf dem Fuße. "Gross" erheitert mit fluffiger Hoppelei, "Sunday Arak" klingt nur im Mittelteil melancholisch beschwert, kann ansonsten mit feinen, fetten, feisten und frischen Beats aufwarten. "Meboli" vermählt Jazzanleihen mit Drum'n'Bass bevor "La Bush Resistance", eines der großen Highlights, mit tiefer gelegten Bässen einen Dub par excellence zum besten gibt.

Trackliste

  1. 1. Cha Cha
  2. 2. Bulgarian Chicks
  3. 3. Adir Adirim
  4. 4. 9/4 the Ladies
  5. 5. Shushan
  6. 6. Ya Man
  7. 7. Gross
  8. 8. Sunday Arak
  9. 9. Hassan's Mimuna
  10. 10. Meboli
  11. 11. La Bush Resistance

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