laut.de-Kritik

Aus der Distanz verschwinden die feinen Nuancen ein wenig.

Review von

"Grün steht für Brasilien. Grün steht für den Wald. Grün steht für das Holz, das noch feucht ist. Wenn man den Urwald von weitem betrachtet, ist es eine vollkommene Harmonie. Erst wenn man näher herangeht, erkennt man die verschiedenen Grüntöne. Ich finde, dass diese CD sehr ähnliche Merkmale hat. Es gibt eine übergreifende Farbharmonie, aber jedes Stück hat eine unterschiedliche Farbschattierung."

Eine ganze Generation junger Musikerinnen und Musiker nimmt sich in Brasilien derzeit ihres musikalischen Erbes an. Die aufbereiteten oder frisch komponierten Traditionals firmieren unter der Bezeichnung Música Popular Brasileira (MPB). Darunter lassen sich alle Bemühungen subsumieren, brasilianische Rhythmen, Melodien und Harmonien in die Jetztzeit zu transportieren und sie mit Elementen aus Jazz, Pop und Rock anzureichern.

Badi Assad präsentiert auf "Verde" ihre Version der Musica Popular Brasileira, und das erwartungsgemäß auf hohem Niveau. 17 Titel füllen das Album, die die grün-schattierte Vielfalt des Urwalds wiederspiegeln wollen. Schöpfend aus dem Reichtum brasilianischer Stile und Rhythmen gelingt dieses Unterfangen, dennoch ist, von Deutschland aus betrachtet, der Urwald weit weg. Aus dieser Distanz verschwimmen die feinen Nuancen ein wenig und die Farbpalette erscheint lediglich als mehrgängiges MPB-Menü. Das schmeckt zwar ganz gut nach Nouvelle Cuisine und Gourmets werden ihre Freude daran haben. Im Michelin-Guide für außergewöhnliche Küchen erreicht "Verde" dennoch nur 3 Sterne.

Im Zentrum steht der ideenreiche Umgang mit brasilianischer Naturkost. Zwischen urtümlicher Folklore, zeitgenössischem Bossa und zukunftsträchtigen Latin-Visionen siedelt Badi Assad ihre Kompositionen und Interpretationen an. Dabei greift sie nicht nur auf vorhandenes und neu komponiertes heimatliches Liedgut zurück. Auch Björks "Bachelorette" (im Tango-Takt!), U2s "One" und Yann Thiersens "Valse D'Amélie" (aus dem Kinofilm "Die fabelhafte Welt der Amélie") verbrasilianisiert die hübsche Gitarristin.

Das hört sich auch alles gut an, ist gefühlvoll vorgetragen und abwechslungsreich arrangiert. Als Gesamtkunstwerk besteht "Verde" also souverän den MPB-Test. Dennoch fehlen ein wenig die musikalischen Höhepunkte, die Ohrwurm-Melodien die man immer wieder hören will. Ein guter Freund pflegt in solchen Situationen zu sagen: "... und wo ist die Single, ich höre die Single nicht...!"

Trackliste

  1. 1. Cheguei Meu Povo
  2. 2. Asa Branca
  3. 3. Básica
  4. 4. Nao Adianta
  5. 5. One
  6. 6. Você Nao Entendeu Nada
  7. 7. Viola Meu Bem
  8. 8. O Verde é Maravilha
  9. 9. Feminina
  10. 10. Bachelorette
  11. 11. Seu Delegado
  12. 12. Estrangeiro Em Mim
  13. 13. Bom Dia Tristeza
  14. 14. The Being Between
  15. 15. Valse D'amélie
  16. 16. Implorando
  17. 17. In My Little White Top

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