laut.de-Kritik

An großen Gefühlen mangelt es nicht, an schönen Songs auch nicht.

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Der smoothe Flow des Openers wiegt einen sanft in Ayo.s musikalische Welt. Die Singleauskopplung "Down On My Knees" räkelt sich lässig und entspannt auf ihrem Reggae-Teppich. Ein toller Song, der lediglich durch die sperrig-spröden Breaks gegen Ende seinen Fluss kurzzeitig unterbricht. Der Einstieg ist damit zu 100% gelungen.

Sollte er auch, denn die Vorschußlorbeeren wuchern wie Unkraut und umranken die Veröffentlichung von Ayo.s Debütalbum. Vom 'Geheimtipp des Jahres' (Radio Bremen) ist zu lesen, und davon, dass Ayo. Tracy Chapmans vitalere, hippere Schwester sein könnte (Audio). Von tiefschürfenden, gefühlvollen Songs, die nicht nur Großstädtern die Herzen wärmen (Prinz), und vom Charme der zwölf zartbitteren Folk-Perlen, dem man sich nur schwer entziehen kann (Petra). Der Platinstatus in Ayo.s Wahlheimat Frankreich und der Goldstatus in Italien tun das übrige, um die Anspruchslatte weit oben anzusiedeln. Schauen wir also mal, ob "Joyful" hält, was Petra verspricht.

In Anknüpfung an den Opener, grooven alle Tracks gefühlvoll vor sich hin. Akustik-Soul der gehobenen Luxusklasse, wie ihn in ähnlicher Qualität nur wenige anfertigen. Unerhört wohlig produziert, muscheln sich alle Songs geschmeidig ins Ohr. Dazu trägt das akustische Instrumentarium ebenso bei wie die gute alte Hammond B3, die sich im Naturinstrumente-Umfeld verhält, als sei sie selbst eines.

Zum Soul ein bisschen Reggae, etwas R'n'B, ein Quäntchen Folk. Dazu ein Hauch Karibik ("And It's Supposed To Be Love"), ein sanftes Chanson-Lüftchen ("How Many Times?") und eine Mundharmonika ("Letter By Letter"). Man könnte fast meinen, die Welt sei wirklich so friedvoll und sanft, wie Ayo. uns glauben machen will.

Da dem nicht so ist, fügt Ayo. erklärend hinzu: "Auch wenn man unglaublich harte Zeiten erlebt hat, ist es doch das Wichtigste, sich stets daran zu erinnern, dass man das Leben genießen muss. Man darf nie aus den Augen verlieren, was einen motiviert, was einen weitermachen lässt. So kann man an der Oberfläche bleiben, weiterleben, auch wenn einem im Herzen nach Weinen zumute ist."

Ayo.s Welt ist also wie die unsere, und so erzählen ihre Songs vom Schein und Sein, vom Oben und Unten, vom Lieben und Leiden. Ehrlich und direkt. Sie kommt damit ihrem Anspruch verdammt nahe, denn "sie will auf ehrliche Weise ihre Geschichten mitteilen, will andere Menschen berühren und ihre Erfahrungen und Träume greifbar machen."

Das schafft sie in vollem Umfang. Ihre Songs verhalten sich, als wären sie schon lange unter uns und hätten nur darauf gewartet, von Ayo. wachgeküsst zu werden. Bluesiger Soul-Pop auf hohem Niveau mit (nicht zu) melancholischem Grundtenor. Was will man mehr? An großen Gefühlen mangelt es nicht, an schönen Songs auch nicht. Eigentlich mangelt es "Joyful" an gar nichts. Das ist ja schon fast beängstigend.

Trackliste

  1. 1. Down On My Knees
  2. 2. Without You
  3. 3. Letter By Letter
  4. 4. How Many Times?
  5. 5. And It's Supposed To Be Love
  6. 6. Watching You
  7. 7. Only You
  8. 8. Help Is Coming
  9. 9. These Days
  10. 10. Life Is Real
  11. 11. What Is Love?
  12. 12. Neva Been

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