laut.de-Kritik

Kreative Stagnation, wunderschön verpackt.

Review von

Da haben sich Rob Brown und Sean Booth einmal mehr schwer ins Zeug gelegt. Für ihr elftes Studioalbum ließen sie viermal 180-Gramm-Vinyl beritzen. Jede Scheibe kommt feinsäuberlich verpackt in einer bedruckten Innenhülle daher. Untergebracht sind die vier Platten in einem stabilen Schuber: eine Deluxe-Verpackung, wie sie Plattenfirmen in der Regel nur altgedienten und absatzstarken Acts zugestehen. Beides trifft auf Autechre zu.

Das gesamte Artwork für "Exai" verantworten die langjährigen Weggefährten von der Designer's Republic. Auch sonst setzen die beiden Briten auf bewährtes: "Exai" erscheint auf Warp Records und sucht musikalisch einen Mittelweg zwischen den Melodie durchsetzten Releases der 90er Jahre und den zunehmend noisigen Experimenten, die im Jahrzehnt darauf den Autechre-Sound prägten.

Von Beginn an fliegen die Beat- und Samplefetzen durch die Gegend, treffen dabei aber häufig in solchen Konstellationen aufeinander, dass ein Rhythmus und sogar so etwas wie ein tanzbarer Groove entstehen. Im Kontext von Autechre bedeutet das natürlich noch lange nicht, dass Brown und Booth auf einmal DJ-freundliche Stücke produzieren. Sie bleiben ihrer Linie treu, zelebrieren auch 2013 ihre Liebe am Klangexperiment. Der relative Wohlklang ist jedoch nicht von Dauer.

Die zweite Hälfte des Longplayers fällt deutlich aggressiver aus. Die Samples prallen mit Wucht aufeinander, oft kennzeichnen scharfe Kontraste und rüde Breaks die Tracks. Dennoch wirkt das Ganze wenig inspiriert. Fast die gesamte zweite CD plätschert vor sich hin, ohne so recht zu wissen, wo es eigentlich hingehen soll.

Fehlende Innovationskraft mag man Bands wie den Rolling Stones oder Depeche Mode verzeihen. Sie machen eben das, was sie gut können. Doch Autechre haben sich immer als Avantgarde in Abgrenzung zum Mainstream definiert. Und die lebt nun mal von neuen Ideen. Auf diesem Feld ist bei den Briten derzeit leider nicht viel zu holen. Die kreative Stagnation, die Autechre mit "Exai" an den Tag legen, überspielt auch die wunderschöne Verpackung nicht.

Trackliste

CD 1

  1. 1. FLeure
  2. 2. irlite (get 0)
  3. 3. prac-f
  4. 4. jatevee C
  5. 5. T ess xi
  6. 6. vekoS
  7. 7. Flep
  8. 8. tuinorizn
  9. 9. bladelores

CD 2

  1. 1. 1 1 is
  2. 2. nodezsh
  3. 3. runrepik
  4. 4. spl9
  5. 5. cloudline
  6. 6. deco Loc
  7. 7. recks on
  8. 8. Y JY UX

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5 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Ganz schlimme Rezension. Nicht unbedingt wegen der Wertung (auch wenn ihr mit dieser ziemlich alleine da steht, aber eine eigene Meinung sei euch ja gegönnt), sondern wegen der schlampigen und oberflächlichen Herangehensweise. Wenn diese Musik irgendetwas *nicht* tut, dann ist es "vor sich hin zu plätschern". Hier passiert in einem Track oft mehr als in manchem Album, zudem ist es thematisch eines der vielseitigsten Ae-Platten überhaupt. Einfach mal den Kopfhörer aufsetzen und intensiv zuhören. Kann man dann immer noch Scheiße finden, aber ganz sicher nicht langweilig und uninspiriert.

  • Vor 11 Jahren

    Klingt oftmals stark nach den Einflüssen von 'Aphex Twin' oder 'Squarepusher'.
    Finde ebenfalls noch keinen Gefallen an dem Output, aber ich werde es ein zweites Mal versuchen. Trotzdem kein Hammer, soweit ich es bisher beurteilen kann.

  • Vor 11 Jahren

    @cipater:
    Kann mich dem nur anschliessen, der Autor hat da anscheinend wirklich nicht richtig hingehört. Vor allem wenn man die Rezeension vom Oversteps-Album im Kopf hat welches Straub mit 4 Sternen bewertet hat. Im Vergleich zu Oversteps ist Exai geradezu eine Neudefinition von Autechre. Für mich eindeutig die beste Autechre seit LP5 - Wahnsinnsalbum!

  • Vor 11 Jahren

    Na, eine Neudefinition ist vielleicht etwas übertrieben. Ich find die Platte ist eher so eine Art Best-Of, mit ruhigen Ambienpassagen, Soundexperimenten und Rhythmen zwischen klassischem IDM-Gebolze und fast schon funky groovenden Beats wie auf der Move of Ten (die Laut bis heute unterschlagen hat). Man hat oft das Gefühl Elemente schon mal gehört zu haben, z.B. könnte "rex on" direkt von der Amber kommen, und insofern machen Autechre schon "was sie am besten können". Das das in diesem Genre verwerflich sein soll nehm ich dem Autor allerdings nicht ab, denn nahezu alle der alten IDM-Recken wie Aphex Twin, Squarepusher, Venetian Snares etc. verändern ihren Stil über die Jahre meist nur in Nuancen und bleiben stehts erkennbar. Über die Ganze Dauer ist schon ein wenig Leerlauf mit drin, aber da das bei Autechre immer noch zu einzelnen Bombentracks wie javetee C, nodezsh oder cloudline langt, wären mindestens 3 punkte angemessen.