laut.de-Kritik

Der beste Reggae-Rock seit Black Uhuru.

Review von

Amerikanischem Reggae halten Roots-Purist*innen gerne seinen rockigen Charakter und somit die Entfernung von der jamaikanischen Soundsystem-Culture vor. Rock-Reggae hat angesichts der großen Zahl an Bands und ihres Erfolges längst den Status eines Subgenres. Zu den exponierten Bands gehören ab sofort auch Arise Roots, deren viertes Album "Pathways" hervorragend durchgespielte organische und entspannte Sounds aus den Yamaha Motif-Keyboards, fetter Bassgitarre, herzzerreißenden E-Gitarren-Soli und genial vibrierenden Drums herauskitzelt.

Manche der Songs glühen im Spannungsfeld zwischen Sehnsucht, Traurigkeit und Versunkenheit auf der einen, Optimismus, Auflösung aller Probleme und traumwandlerischem Vorwärts-Struggeln auf der anderen Seite. "For Who You Are" geht da richtig in die Tiefe, baut sich genretypisch auf, gleichwohl in vollerem, satterem Sound als bei anderem US-Reggae. Der Track entfaltet seine ambivalente Stimmung immer weiter, bis das Gitarrensolo herausbricht, danach kitten alle Instrumente die Melancholie wieder so weit, dass ein harmonischer, perfekter, aber auch harter Schlussabschnitt entsteht.

Die Stimme von Frontmann Karim Israel klingt sympathisch und unaufdringlich - keine Rampensau, aber jemand mit grundsätzlich substanzieller Ausstrahlung. So sehr ihm Natürlichkeit und Präsenz zu attestieren sind, fügen die Feature-Einsätze der bezaubernden und einzigartigen Vocals von Turbulence, Nattali Rize und Lutan Fyah der Vorab-Single "Lion In The Jungle (feat. Lutan Fyah, Turbulence, Nattali Rize)" noch viel Herzlichkeit und Intensität hinzu. Das interessante Vierer-Gespann führt am Mikrofon vor, wie spannend Kollabos geraten können, wenn die Stimmen sehr konträr klingen und das Instrumentalfundament hammermäßig groovt.

Rockig gefärbter Straight Forward-Reggae ist auf den wohl derzeit größten Roots Reggae-Märkten USA und Frankreich zwar ein Thema geworden, doch selten war die Ausrichtung so klar: Tribal Seeds setzen auf dubbige Versionen, Rebelution auf Bläser, Groundation gar auf ein ganz großes Jazz-Wirrwarr, während Slightly Stoopid als krasser Gegenentwurf staubtrockene Arrangements bevorzugen. Bei SOJA, Passafire und Stick Figure ergreift der Alternative-Rock von Zeit zu Zeit die Oberhand. Matisyahu kreuzt Roots Reggae mit Rock und Hip Hop, Common Kings lassen Synthie-Pop und quietschige Dance-Zitate einfließen. In diesem Umfeld schlagen Arise Roots die eindeutigste Brücke zu den karibischen 'Vorfahren' Black Uhuru, wie "Follow The Leader" sofort verdeutlicht.

Dass Arise Roots Verzierungen und Soulfullness zuneigen, beweist das lockere und doch saftig vor Bass strotzende "Here I Am". "If You Let Me" thematisiert die Herausforderung, wie man sich auf Partnersuche einem Menschen nähert, der allzu viele Enttäuschungen und Vertrauensbrüche erlebt hat und niemanden an sich heranlässt.

Die langen Songs halten durchweg ihre Spannung mit explosiven Höhepunkten wie "Selecta", vehement stampfenden Nummern wie "Steppin' Like A General", viel edlem Relax-Sound (z.B. "You Can Have It All", "One Life To Live") und als Sahnehäubchen dem subtil psychedelischen Intro von "Nice And Slow". Auch wenn die Texte über eine gewisse Einfachheit nicht hinauskommen, besitzt die Musik Charakter und Stringenz, vermittelt Frische und Spielfreude. Arise Roots zeigen sich als exzellente Instrumentalisten, die vor Ideen und Gefühlen übersprudeln – das Zeug zu einer der besten Reggae-Bands der Welt bringen sie definitiv mit.

Trackliste

  1. 1. Colors
  2. 2. One Life To Live
  3. 3. Come And Get It (Radio Edit) (feat. Slightly Stoopid, Eric Rachmany)
  4. 4. Follow The Leader
  5. 5. Here I Am
  6. 6. Lion In The Jungle (feat. Lutan Fyah, Turbulence, Nattali Rize)
  7. 7. If You Let Me
  8. 8. Selecta
  9. 9. For Who You Are
  10. 10. Babylon Bwoy
  11. 11. Steppin' Like A General
  12. 12. Nice And Slow
  13. 13. You Can Have It All
  14. 14. Fade Away
  15. 15. Come And Get It (Extended) (ft. Slightly Stoopid, Eric Rachmany)

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