laut.de-Kritik

Musik, für die Playlist-Macher von Urban Outfitters sterben würden.

Review von

In der stets größer werdenden Landschaft der Emo-Trap-Zöglinge sind meistens diejenigen die vertrauenswürdigen, die kein großes Aufheben um ihre eigene Person machen. Point in case für Aries: Der hat nämlich nicht nur einen Künstlernamen, der gegen jede Suchmaschine immun ist, sondern auch keine Pressetexte, die ihn als das nächste große Ding ankündigen. Was er dagegen hat sind organisch gewachsene Hörer und ein Debütalbum, auf dem er den Sound der Lil Peeps und Jojis aus einer entspannten Pop-Rock-Richtung angeht.

"Welcome Home" ist dementsprechend in jederlei Hinsicht ein angenehmes Album. Eines, das trotz melancholischer Natur gut in den Sommer passt und trotz ernsterer Töne auch einen großartigen Hintergrund abgibt. Die Instrumentals sind von einem Vintage-Schimmer umgeben, der den minimalistischen, aber melodisch potenten Loops wunderbar zu Gesicht steht.

Songs wie "Racecar" oder "Deity" basieren auf Gitarren, die in klassischer Lo-Fi-HipHop-Manier manipuliert und verzerrt werden, dadurch aber umso subversiver Flair aufbauen können. An sich sind es keine komplexen Melodien, doch Aufbereitung, Sound-Design und das analog wirkende DIY-Mixing geben ihnen Atmosphäre, von der viele deutsche Songwriter nur träumen können. Dazu kommen Chop-Elemente, die das Gegriffel in Ansätzen so behandelt, wie Dilla seinerzeit einen Piano-Loop gestaltet hätte.

Unaufgeregt und homogen verstreicht das Album also in einer träumerischen Schwermütigkeit, die dem aktuellen Zeitgeist ins Schwarze trifft. Doch in der Tradition von Rappern wie Juice WRLD oder offensichtlich auch Lil Peep lässt sich Aries immer wieder hinreißen, stimmlich das pathetischste Element der Songs zu geben. Doch während das Emo-Trap-Genre sonst gerne mal mit dem Schwulst durchgeht, ist die Produktion auf "Welcome Home" ohnehin so subversiv, dass Aries emotionale Palette sogar notwendig ist, um Monotonie vorzubeugen.

Dieses Rezept geht vor allem in der ersten Hälfte großartig auf, wenn Highlights wie "Sayonara" oder "Bad News" die Energie in den richtigen Momenten aufdrehen und auch die ein oder andere eingängige Hook einbauen. Es nimmt die besten Elemente von Pop, Rock, Emo und Trap, um wirklich kurzweilige und markante Songs zu schreiben. Momentum, das sich nicht ganz in die zweite Hälfte übertragen lässt, wo die klare musikalische Richtung doch langsam den Tribut der Gleichförmigkeit fordert. Auch wenn "Carousel" noch einmal stark auffährt, merkt man hier, dass die ohnehin knapp bemessenen neun Tracks schon das Maximum dessen waren, was diese Formel allein tragen konnte.

Heißt ja aber nicht, dass er sich nicht von hier weiterentwickeln kann oder "Welcome Home" deswegen an Charme einbüßt. Es mag zwar mehr oder weniger derselbe Trick sein, der das Projekt trägt, dafür versteht Aries sich aber gut darauf, diesen einen Trick in verschiedenen Iterationen ansprechend zu erkunden und ein Album zu schmieden, das in sich äußerst geschlossen und stimmig anmutet. Ein bisschen fühlt es sich wie verschwommene Polaroid-Musik an. Sound, für den die Playlist-Macher bei Urban Outfitters sterben würden. Deutlich entspannter als die Emo-Trap-Kollegen, aber doch zu viel Hip Hop für die Indie Rock-Sparte, findet Aries auf "Welcome Home" eine Sparte für sich, die es sich durchaus zu erkunden lohnt.

Trackliste

  1. 1. Bad News
  2. 2. Sayonara
  3. 3. Deity
  4. 4. Amy's Grave
  5. 5. Racecar
  6. 6. Pony
  7. 7. Carousel
  8. 8. Santa Monica
  9. 9. Home

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