15. Dezember 1999

Erfolgreich und dabei "enorm viel Spaß"

Interview geführt von

Bevor Trevor und Noko von Apollo 440 in Zürich die Bühne des X-Tra stürmen konnten, wurden sie von Sascha Oriwall und Alexander Cordas auf Herz, Nieren und Milleniumshysterie hin überprüft.

Als Ihr mit Apollo 440 angefangen habt, Musik zu machen, war es nicht unbedingt die Regel, Rockeinflüsse mit elektronischen Sachen zu verbinden. Habt Ihr den großen Erfolg erwarten können?

Noko:
Ich weiß nicht, die Mixtur aus Rock und Drum 'N' Bass hat für mich immer Sinn gemacht, ich habe mich immer gewundert, warum das nicht mehr Leute machen.

Trevor:
Viele Typen aus dem Techno Umfeld wie Moby oder Joey Beltram haben Lieblingsbands wie Metallica oder Black Sabbath. Wir hören selbst Heavy Rock wie Deep Purple oder Led Zeppelin und das ganze Zeugs, aber auf der anderen Seite auch Sachen wie Jean Michelle Jarre, Tangerine Dream oder Kraftwerk.

Glaubt Ihr nicht, dass das Gruppendenken speziell beim Musik hören sehr ausgeprägt ist?

Noko:
Ja, absolut! Aber bei dem, was wir machen, denken wir darüber nicht so sehr nach. Journalisten fragen uns immer, wie wir unsere Musik beschreiben und in welche Schublade wir uns selbst stecken würden. Dance-Music ist mehr als nur ein TB 303 und auch die besten Rock-Riffs müssen wachsen.

Die Apollo 440 Familie ist größer geworden, heißt das auch gleichzeitig, dass der Input größer geworden ist?

Noko:
Ja, definitiv. das letzte Album wurde eigentlich nur von Trevor, Howard und mir eingespielt. Als wir dann mit "Electric Glide In Blue" auf Tour gegangen sind mussten wir eine Live-Band formieren. Und aufgrund dessen, dass wir elektronische und analoge Drum-Sounds verwenden, wussten wir von Anfang an, dass wir zwei Schlagzeuger auf der Bühne brauchen werden. Einen DJ mussten wir auch haben, wegen dem ganzen elektronischen Kram und da Mary Mary auf "Ain't Talking 'Bout Dub" gesungen hat, war er unsere erste Wahl als Full-Time-MC. Das hat alles hervorragend funktioniert, als wir mit dem Album unterwegs waren und schließlich ist daraus eine "richtige" Band entstanden, obwohl alles aus einem "virtuellen" Studioding hervor gegangen ist. Und jetzt ist es so, dass alles wie eine Familie ist, dass fühlt sich sehr natürlich an. Hinzu kommt auch, dass wir jetzt auf eine viel größere Anzahl an Ideen zugreifen können. Wir fühlen uns damit sehr wohl.

Trevor:
Es gibt definitiv mehr Input von anderen Leuten, aber wir sind immer noch die, die kontrollieren, produzieren und arrangieren.

Ihr lasst das auch zu, das andere Euch Ideen geben?

Trevor:
Als wir zuletzt im Studio waren, waren wir in dem von Madness. Dort gab es die verschiedensten Räume. Und wenn Du dann dort zwölf Monate rumhängst, dann passiert da schon eine Menge. Wir hatten 35 Songs aufgenommen, von denen wir die auswählen mussten, die auf das Album kommen. Während dieses Prozesses gab es immer ein großes Kommen und Gehen und viele Leute haben ihre Ideen eingebracht.

Noko:
Das heißt ja auch, dass die Leute Dir die ganze Zeit Feedback geben über das, was du machst. Wenn Du an einem Song arbeitest, kommen immer wieder neue Ideen, was man besser machen könnte. Wenn dir mal ein Lied auf die Nerven geht, kannst Du andere ran lassen, die wieder eine Herangehensweise haben, die sich von deiner eigenen unterscheidet. Das ist sehr spontan und eine gute Art, zu
arbeiten.

Wenn man das neue Album mit den anderen beiden vergleicht, fällt auf, dass die Gitarren wesentlich mehr im Vordergrund stehen als vorher. War das eine natürliche Entwicklung?

Noko:
Man denkt nicht unbedingt über solche Sachen nach. Es passiert einfach. Wir hatten einen Riesenspaß mit der Live-Band und das hat sich eher so nach und nach entwickelt, es passiert einfach.

Noko, Dein Gitarrenspiel hört sich manchmal sehr metallisch an. Bist du Durch Metal beeinflusst worden?

Noko:
Ja ja ja. Die erste Musik, die mich angemacht hat, war Metal. Mein größter Held war Ritchie Blackmore. Unsere Wurzeln liegen eigentlich im Metal. Das witzige ist ja, dass die ganzen Leute die mit der ersten Danceexplosion hochgekommen sind, eigentlich im Heavyrock oder Punk verwurzelt sind, sogar Liam Howlett. Die haben dann das elektronische Element mit einbezogen, weil das Ende der 80er Anfang der 90er das aufregendste war.

Der Spaßfaktor vom neuen Album ist ziemlich hoch. War es Zeit für eine Partyscheibe?

Noko:
Ja klar, das war es definitiv!

Trevor:
Das hat sich auch so während der letzten Tour entwickelt.

Noko:
Das ist richtig! Wir haben uns ziemlich eingehend darüber unterhalten, wie die Titelfolge auf dem neuen Album aussehen soll. "Electric Glide In Blue" war wie eine Straße, die in Serpentinen den Berg hoch geht. Wir waren uns einig, dass der erste Teil der Neuen Platte ziemlich abgehen muss. Da haben wir dann den ganzen Kram mit den Beats reingepackt, die wirklich rocken. Wir hätten das auch anders angehen können, aber so haben wir zu dem Zeitpunkt gefühlt.

Auf die CD habt Ihr noch ein paar Videos gepackt, die bei den Aufnahmen zur neuen Platte entstanden sind. Es scheint so, als hättet ihr ziemlich viel Spaß gehabt.

Noko:
Ja, das ist die traurige Wahrheit, wir hatten enorm viel Spaß.

Trevor:
Wir konnten leider nicht mehr von dem Kram draufpacken, auf einer CD ist nun mal nicht so viel Speicherplatz vorhanden. Das Internet ist beim Runterladen dieser Sachen noch zu langsam. Wir filmen immer ein paar Schnipsel bei den Shows, die wir spielen, aber zum Downloaden ist das zu viel.

Ihr habt einige Remixes für andere gemacht. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Noko:
99% der Remixe kommen zustande, weil Leute auf uns zukommen und uns fragen. Früher hatten wir einen guten Ruf als Remixer, was dazu führte, dass wir mehr Remixes gemacht haben, als dass wir unser eigenes Zeugs veröffentlicht hätten. Als wir aber mit den Aufnahmen für das neue Album angefangen haben, wollten wir keine Remixes mehr machen. Das hängt damit zusammen, dass wenn Du einen guten Remix machst, leidet deine eigene Musik darunte,r und man denkt "he, das hätte ein guter Apollo Song werden können". Man verliert immer ein bisschen an andere, wenn man das macht und das wollten wir bei "Gettin' High On Your Own Supply" verhindern. Aber Remixe zu machen kann auch spassig sein. Du hättest uns mal sehen sollen, als wir das Multitrack-Band von "Come With Me" (Jimmy Page & Puff Daddy) in der Hand hatten. Es war schon klasse, Gitarrensoli von Page zu hören, die auf der Platte nicht verwendet wurden.

Es scheint so, als ob jede Sportsendung auf diesem Planeten schon einmal mit Eurer Musik unterlegt wurde. Macht Ihr "sportliche" Musik, oder warum ist das so?

Noko:
Wir treffen ja diese Entscheidung gar nicht. Die Verantwortlichen suchen sich unsere Musik für ihre Sendungen aus. Es scheint so, als ob das mit Sport ganz gut harmoniert. Vielleicht hängt das mit der Intensität und dem Adrenalin zusammen, was in unserer Musik steckt. In England ist das auch so. Du kannst das Fernsehen kaum anstellen, ohne einen Song von uns zu hören. "Stop The Rock" zum Beispiel ist auf dem neuen Videospiel "Fifa 2000" zu hören.

Trevor:
Unsere Play Station ist in dem alten Bus, der
liegengeblieben ist. Jetzt ist das neue Spiel raus und unsere Play Station ist nicht da.

Seid Ihr Videospiel-Fans?

Trevor:
Von einigen Spielen schon. Ich mag die Rennspiele.

Formel 1?

Trevor:
Ja klar, Formel 1.

Wir spielen das auch öfters im Büro

Noko:
Das neue ist ziemlich realistisch.

Nutzt Ihr das Internet? Und wenn ja wie?

Noko:
Ich benutze das Internet jeden Tag. Die ganzen Supermärkte in England sind jetzt auch online und Du kannst alles zu Dir nach Hause bestellen. Aber es dauert Stunden, bis Du Dir das ganze Zeugs rausgesucht hast. Du bist eine halbe Stunde online, nur, um eine Dose Katzenfutter zu suchen. Das ist dann nicht unbedingt schlau. Ich schau mir viele Kunstgalerien im Internet an. Ist doch praktisch, man muss nicht nach LA gehen, um sich die Kunstwerke dort anzusehen.

Trevor:
Oder um Möbel aus Deutschland zu bestellen. Ich habe per Internet Möbel aus Deutschland bestellt. Die haben das dann geschickt und ich hatte dann zwei Wochen Zeit, mir zu überlegen, ob ich den Krempel haben wollte. Ich wollte es nicht und dann sind sie gekommen und haben alles wieder eingepackt.

Letzte Frage. Ihr habt Euer Millenium-Album schon '95 veröffentlicht. Was sagt Ihr zu dem ganzen Millenium-Hype

Noko:
Das wirklich langweilige ist die Inflation des Begriffes "Millenium". Mittlerweile wird ja in jeder Fernsehshow darüber gelabert, ich habe genug davon. Jeder macht dann auch noch seine unvermeidliche "Milleniums-Platte", um noch ein paar Scheiben mehr zu verkaufen. Vergiss es einfach.

Was macht Ihr an Sylvester?

Noko:
Ich mache eine Party mit meinen Freunden. Und Ihr?

Ich gehe nach Wien, Freunde besuchen

Die Mutter meiner Freundin ist aus Wien, schöne Stadt.

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