laut.de-Kritik

Der Pionier dreht sich im Kreis.

Review von

Elektronikpionier Aphex Twin zeigt sich in den letzten Jahren produktiver denn je. Mit "Syro" brachte er 2014 ein neues Studioalbum heraus, schob 2015 die EP "Computer Controlled Acoustic Instruments Pt.2" nach und veröffentlichte unter dem Pseudonym AFX die Compilation "Orphaned Deejay Selek 2006-2008".

Die neue EP "Cheetah" inspirierte der gleichnamige Synthesizer, ein sehr rares und teures Unikat, das sich einer komplexen Technologie bedient. Aphex Twin verschickte im Vorfeld der EP Flyer an verschiedene Plattenläden im 70er-Jahre-Stil und ließ das Video zu "CIRKLON3 [Kolkhoznaya Mix]", sein erstes seit dem epochalen Chris-Cunningham-Clip zu "Windowlicker", von einem Zwölfjährigen drehen.

Der Beginn der EP gestaltet sich eher zurückhaltend. "CHEETAHT2 [Ld spectrum]" kommt mit einer vor sich hinstampfenden Bassline und oldschooligen Acid-Synthies reduziert daher. Der Track gleitet entspannt vor sich hin, lässt aber Überraschungen vermissen. "CHEETAHT7b" variiert das Synthiemotiv des vorhergehenden Tracks und sorgt für wohlige Entspannung. Von den Breakcore-Experimenten der Vergangenheit: keine Spur. Etwas mehr Kompromisslosigkeit hätte ich mir schon gewünscht.

"CHEETA1b ms800" und "CHEETA2 ms800" sind mit ihren jeweils knapp 30 Sekunden kaum der Rede wert. Beide Tracks bestehen im Grunde nur aus oszillierenden Synthiegeräuschen, die in bester Kraftwerk-Manier den Ätherwellen eines Radioempfängers nachempfunden sind.

"CIRKLON3 [Kolkhoznaya Mix]" ändert an der relaxten Ausrichtung nicht viel, lockert aber mit träumerischen Klangflächen und einer groovenden Bassline das Geschehen ein wenig auf. In seinen besten Momenten erinnern die spacigen Acid-Synthies an "Selected Ambient Works 85-92". Der mit seinen über acht Minuten längste Track mausert sich locker zum Höhepunkt der EP.

Das anschließende "CIRKLON 1" legt ebenfalls den Fokus auf die versunkenen Synthies, rauscht aber vergleichsweise unspektakulär vorbei. Abwechslung ist nicht gerade die Stärke von "Cheetah". Selbst in den ruhigen Momenten brillierte Aphex Twin auf "Drukqs" einst besser und berührender.

"2X202-ST5" beschließt die EP wieder grooviger und basslastiger. Die leiernde Synthline hat einen gewissen Wiedererkennungswert, doch will der letzte Funke nicht überspringen. Dafür gerät die Nummer einfach zu unaufdringlich.

Aphex Twin kann nicht mit jeder Veröffentlichung das Rad neu erfinden, aber ein bisschen mehr Mut zur Dekonstruktion und Experimentierfreude zeichneten seinen Stil bisher aus. Auf "Cheetah" dreht sich der Pionier mittlerweile im Kreis. Zu routiniert fließt das Ergebnis vor sich hin, aber immerhin noch auf guten Niveau.

Trackliste

  1. 1. CHEETAHT2 [Ld spectrum]
  2. 2. CHEETAHT7b
  3. 3. CHEETA1b ms800
  4. 4. CHEETA2 ms800
  5. 5. CIRKLON3 [Kolkhoznaya Mix]
  6. 6. CIRKLON 1
  7. 7. 2X202-ST5

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