14. November 2011

"Mit Adam hat es nicht mehr gepasst"

Interview geführt von

Tom DeLonge ist vielbeschäftigt. Der gebürtige Kalifornier fungiert nicht nur als Frontmann der gerade erst wieder auf Hochtouren laufenden Blink 182-Maschine, sondern seit 2005 auch Mastermind von Angels & Airwaves.Während sich der emsige Mittdreißiger bei Blink 182 'nur' mit der Kunstform Musik befasst, setzt er bei seinem anderen Projekt auf zwei Pferde. Denn was bei Angels And Airwaves anfangs noch als ein reines Klangunternehmen daherkam, entwickelt sich spätestens seit Veröffentlichung des Bandfilms "Love" zu einem echten Musik-Film-Projekt.

Da stellt sich natürlich zwangsläufig die Frage, wo das alles noch hinführt. Am 11. November 2011 erscheint das Doppelalbum "Love Album Parts One & Two" inklusive des dazugehörigen Films. Fans der Band werden sich so erst mal am neuen Material satthören und -sehen können, ehe sich die Frage tatsächlic stellt, ob es sich dabei um ein einmaliges Unterfangen handelt oder ob da eventuell noch weitere Mammutprojekte anstehen.

Wir versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und sprachen mit Tom kurz vor der Veröffentlichung des neuen Werks über Kommunikationsprobleme, die Magie des Films, seine zukünftige Vorhaben sowie den Aussteig von Drummer Adam Willard.

Hallo Tom, würdest du mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass du gerade die wohl spannendste Zeit deiner bisherigen Karriere erlebst?

Tom: Absolut. In erster Linie ist es auf jeden Fall die wohl kreativste Phase meines Lebens. Ich glaube, dass ich die vergangenen beiden Jahre mehr künstlerischen Input hatte, als die ganzen 15 Jahre davor zusammen. Da kommt schon Einiges zusammen. Ich meine die neue Blink 182-Scheibe, das Angels And Airwaves-Album, der Film: Das ist schon ein gewaltiges Paket, auf das ich unheimlich stolz bin.

Blink 182 ist nicht gerade eine unauffällige Combo, und auch Angels And Airwaves nimmt so langsam aber sicher eine Größenordnung an, die Blink 182 kaum noch in etwas nachsteht. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?

Tom: Das ist manchmal natürlich nicht ganz so einfach, wenn sich wichtige Termine überlappen und man Entscheidungen treffen muss. Vor allem die letzten zwölf Monate waren nicht immer einfach, da viele Dinge zur gleichen Zeit erledigt werden mussten. Vom Kopf und vom Empfinden her lässt sich beides aber sehr gut trennen. Besser als man es vielleicht denken würde. Das liegt in erster Linie daran, dass bei beiden Bands völlig verschieden gearbeitet wird und gänzlich andere Visionen und Pläne dahinter stecken.

Angels And Airwaves wartet dieser Tage mit einem Doppelalbum auf, wobei "Love Part One", die erste Hälfte des Albums, bereits im Februar 2010 auf eurer Website zum Download angeboten wurde. Inwieweit unterscheidet sich "Part One" von "Part Two"?

Tom: Ich denke, dass der Sound auf "Part Two" im Vergleich zu "Part One" grundsätzlich etwas epischer und opulenter, gleichzeitig aber auch etwas eingängiger ausfällt. Als wir "Part One" aufnahmen gings in erster Linie nur um die Songs an sich sowie deren Entwicklung im Laufe der Aufnahmen. Bei "Part Two" handelt es sich um Songs, die komplett vom Film inspiriert wurden. Ich denke, dass hört man auch auf den ersten beiden Songs, "Anxity" und "Surrender", die wir bereits im Vorfeld veröffentlicht haben.

"Isolation und Einsamkeit ist meist der Anfang allen Übels"

Bevor das "Love"-Projekt begann, hattet ihr zwei Alben veröffentlicht, die zwar vom Sound her durchaus episch und opulent waren, aber nicht zwingend andeuteten, dass die Band sich irgendwann mal als Projekt darstellen würde, das Musik und Film verbindet. Wann kam euch die Idee, beide Kunstformen zu kombinieren?

Tom: Nun, der Grundgedanke und der Wunsch waren schon am ersten Tag der Bandgeschichte vorhanden. Aber sich etwas vorzustellen und es in die Tat umzusetzen sind immer zwei Paar Stiefel. Letztlich war aber von Anfang an klar, dass wir der Entwicklung keinerlei Grenzen setzen wollten. Alles sollte möglich sein, und das ist es, was die Arbeit mit Angels And Airwaves für mich so spannend und außergewöhnlich macht. Es gibt einfach keine Regeln, alles ist erlaubt. In der Band haben wir alle die gleichen Visionen. Das war schon zu Beginn so, und so lässt es sich natürlich sehr einfach und effizient arbeiten.

"Love" ist ein Science Fiction-Film. Allerdings hat er weniger mit "Transformers" oder "Aliens" zu tun, es geht vielmehr um die Einsamkeit und Isolation eines Astronauten, der jeglichen Kontakt zur Außenwelt verloren hat. Der Astronaut könnte durchaus auch ein Rocktar sein, oder?

Tom: (lacht) Ja, da ist was dran. Ich denke, die Verbindung zwischen den Leuten und das permanente Kommunizieren untereinander ist generell wichtig, nicht nur für eine bestimmte Sparte Menschen, seien es nun Astronauten oder Rockstars. Ich glaube, im Grunde kämpfen doch alle irgendwie für die gleichen Dinge. Trotzdem entstehen überall Gräben und Kämpfe, weil oftmals einfach keine Kommunikation stattfindet.

Isolation und Einsamkeit ist meist der Anfang allen Übels. Ich kenne das ja selber. Als Musiker bist du auch oft isoliert und einsam. Du hockst irgendwo alleine in wildfremden Hotelzimmern rum oder fährst tagelang mit einem Bus durch die Gegend. Da fühlt man sich irgendwann nur noch als eine Art Beobachter. Als ich anfing Musik zu machen, war das ganze Paket einfach nur aufregend und man hat sich arrangiert mit den Dingen, die neben dem eigentlichen Musizieren vonstatten gingen. Man wird aber älter. Man entwickelt sich. Man wird Vater und sieht die Dinge plötzlich mit ganz anderen Augen und bekommt irgendwann einen Blick für die Tiefe des Ganzen.

Der nächste Film wird sich mit Träumen beschäftigen

Was denkst du, ist im künstlerischen Bereich effizienter hinsichtlich der Möglichkeiten, die Gesellschaft von der Wichtigkeit der Kommunikation untereinander zu überzeugen? Musik oder Film?

Tom: Du kannst als erfolgreiche Band unheimlich viel bewirken. Ich meine, du stehst im ständigen Kontakt zu tausenden von Kids, die dir deine Aufmerksamkeit schenken. Genauso kann aber auch ein intensiver Film mit Tiefgang und Botschaft Gedankenprozesse bei Menschen lostreten.

Demzufolge habt ihr mit dem Doppelalbum inklusive Film ja das ideale Paket geschnürt, oder?

Tom: Ich denke, intensiver und authentischer kann man eine Thematik oder Botschaft, ganz egal welche, nicht präsentieren. Wenn du plötzlich im Kino sitzt und deine eigene Musik sich mit bewegten Bildern zu einem völlig neuen Ganzen verbindet und dadurch eine komplett neue Dynamik entsteht, dann ist das schon ein überwältigendes Gefühl.

Ihr habt für den Film die Musik geschrieben und aktiv am Entstehungsprozess des Films teilgenommen. Kam euch irgendwann mal der Gedanke auch selbst vor die Kamera zu treten?

Tom: Oh, nein. Absolut nicht. Da hege ich keinerlei Ambitionen (lacht). Ich denke, ich kann da auch für die anderen in der Band sprechen, dass solche Gedanken nie präsent waren und wohl auch nie präsent werden.

Demnach plant ihr einen weiteren Film?

Tom: Ja.

Kannst du uns schon mehr darüber erzählen?

Tom: Nun, ich kann und will nicht mehr verraten, als dass wir auch in Zukunft weiter an der Kombination von Musik und Film arbeiten wollen. Das ist der Plan.

Wieder innerhalb des Genres Science Fiction?

Tom: Das kann ich noch nicht sagen. Auf jeden Fall wird es wieder sehr 'menschlich' zugehen. Der nächste Film wird sich mit dem Thema "Träume" beschäftigen.

Abschließend will ich noch ein sensibles Thema ansprechen, das eure Anhängerschaft seit einigen Wochen bewegt. Es geht dabei um Drummer Adam Willard, der die Band verlassen hat. Kannst du uns sagen, wie es dazu kam?

Tom: Adams Ausstieg hatte nichts mit irgendwelchen persönlichen Differenzen zu tun. Es hat musikalisch einfach nicht mehr gepasst. Das ist auch völlig in Ordnung, wenn jemand beschließt, einen anderen Weg einschlagen zu wollen. Adam ist ein feiner Kerl, und wir sind immer noch gut befreundet.

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