laut.de-Kritik

Die Stimme des Volkes im Konzert.

Review von

Andreas Bourani hat sich zuletzt einen beinahe in Stein gemeißelten Status erspielt: Er ist die allgegenwärtige Stimme des Volkes, die aus allen Kanälen schallt und zumindest das Mainstream-Publikum mit geschlossenen Augen mitnicken lässt. Dazu witzelt er sich von sympathisch durch die Jury-Diskussionen bei The Voice Of Germany und hat sich mit seinem Monsterhit "Astronaut" mit Sido sogar einen Hauch Street-Credibility abgeholt. Der perfekte Zeitpunkt also, um dieser Tage unter dem Titel "Hey Live" einen Mitschnitt der vergangenen Tour sowohl als Hör- als auch als Seherlebnis zu veröffentlichen.

Das auf CD übersetzte Konzert beginnt standesgemäß mit massiven Jubelstürmen, durch die sich dann zunächst zartes Piano-Introgeklimper kämpft (begleitet von erneut aufbrandenden Jubelwellen), das im Anschluss homogen in die Hochglanz-Popnummer "Wieder Am Leben" übergeht (ekstatisches Mitklatschen). Bourani präsentiert zunächst mit einem emotionalen Gesangsausbruch die beeindruckende Bandbreite seiner Stimme und singt damit locker gegen eine aufgewirbelte Wand aus euphorischen Schreien an. Die Reaktionen des Publikums kommen wie ein Sound-Baustein rüber, der konzentriert und teilweise so massiv in den Vordergrund gerückt wird, dass es einen als Sofa-Hörer (ob du jetzt willst oder nicht) zumindest gefühlt in eine Konzerthalle spült.

Im Verlauf des Konzertes wird deutlich, wie stark sich die Produktion auf Bouranis Stimme konzentriert, die kristallklar und raumgreifend im Zentrum steht und jeden musikalischen Unterbau, der sich dahinter beinahe schüchtern entfaltet, wegbrettert. Das spricht einerseits für Bouranis Stimme, deren Wiedererkennungswert wirklich außergewöhnlich ist, allerdings auch für die recht zurückhaltende musikalische Live-Umsetzung seiner Hits.

Nur in den einführenden Intros und Bridges haben die Mitmusiker ein wenig Chance zur Entfaltung, ansonsten beschränkt sich ihre Aufgabe vor allem auf das Ausrollen des roten Teppichs für ihren Sound-Boss. Zum Ende von "Alles Beim Alten" wendet sich Bourani dann direkt an sein Publikum "Wie gehts euch da unten? Wie siehts aus: Habt ihr ein bisschen Bock zu singen heute Abend?" Im Anschluss folgt ein wilder "Ohhhh Yeaaaaaaaaaaaah!"-Tischtennis-Dialog zwischen dem Star und seinen brav hinterher jodelnden Fans.

Spätestens mit seinem Hit "Alles Nur In Meinem Kopf" zieht Bourani das Publikum natürlich final auf seine Seite. Die anhaltende Begeisterung ist durchgehend zu spüren und trägt seinen Teil zu einer angenehmen, wenn auch teilweise etwas mausgrauen Atmosphäre bei. Aufregende Ausschläge nach oben oder unten sind hier kaum zu verzeichnen. Die Platte folgt einem klaren roten Faden und inszenatorischen Konzept und weicht nur selten vom Bauplan ab.

Nur wenige Soundplätzchen stechen aus der teigigen Playlist heraus: "Delirium" gehört zu Bouranis ausgefeiltesten Songs, auf "Hey" wird er während der episch ausgebreiteten Bon Joviesken Power-Ballade von einer sauberen Cellospur begleitet. Gut auch: Die sich in Zeitlupe entfaltende Version von "Eisberg", in deren Refrain der Musiker seine Kopfstimme zur Schau stellt, sowie die abschließende, von Verabschiedungen durchsetzte, elfminütige Version von "Wunder", die sicherlich Bouranis Anspruch untermauert, irgendwann in bester Grönemeyer-Manier das ein oder andere Stadion zu bespielen.

Schlussendlich kann man vom doch stellenweise recht glatten Pop-Entwurf des Augsburgers halten was man will, aber mit "Hey Live" liefert er eine Platte von astreiner Qualität und ansprechenden Umfang ab, die alle Fans deutschsprachiger Radiopopmusik begeistern dürfte. Oh yeah!

Trackliste

  1. 1. Refugium
  2. 2. Wieder Am Leben
  3. 3. Füreinander Gemacht
  4. 4. Alles Beim Alten
  5. 5. Nur In Meinem Kopf
  6. 6. Delirium
  7. 7. Hey
  8. 8. Ultraleicht
  9. 9. Eisberg
  10. 10. Zusammen Untergegangen
  11. 11. Nimm Meine Hand
  12. 12. Mit Der Zeit
  13. 13. Auf Anderen Wegen
  14. 14. Was Tut Dir Gut
  15. 15. Auf Uns
  16. 16. Ein Ende Nach Dem Andern
  17. 17. Welt Der Wunder
  18. 18. Sein
  19. 19. Wunder

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Andreas Bourani

"Als Fan habe ich, gerade nach guten Live-Konzerten, oft eine unglaubliche Energie verspürt. Die Musik hat mich bekräftigt und inspiriert. Nun will …

6 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 8 Jahren

    Mit das schlimmste, was die Bewusstseinsindustrie zu bieten hat. Respekt an die Texter, dermaßen belanglose zu schreiben, dass sich ja auch jeder angesprochen fühlt. Wird imo nur von Pinks aktueller Single getoppt.

    Ich hätte nichts dagegen die Sekunden einzufrieren
    Um deine Leichtigkeit nicht zu verlieren
    (Es bleibt für immer, für immer so leicht, so leicht)
    Ich hätte nichts dagegen die Sekunden einzufrieren
    Um deine Leichtigkeit nicht zu verlieren
    (Es bleibt für immer, für immer so leicht, so leicht)

    Und dann mit Astronaut noch einen auf gesellschaftskritisch machen, um daraus Profit zu schlagen. Und nicht nur dass, man muss sich auch noch solche Kommentare durchlesen:

    "Oh man, bin die Moralapostel in den Kommentaren langsam leid. Kommentare wie "Warum sind wir so schrecklich" oder "Wir machen so viele Fehler..." ändern auch nichts. Kann man nicht einfach mal ein Song genießen ohne das solche Leute kommen? Ihr werdet mit euren Kommentaren auch nichts ändern. Nur um likes zu ergattern, erbärmlich..."

    "Einfach mal ein Song genießen", in dem verreckende Kinder gezeigt werden. Hängegeblieben Menschen.

    • Vor 8 Jahren

      ich kann ja verstehen wenn man bestimmte musiker nicht mag, aber bourani hier reine profitgier wegen seinem kritiksong vorzuwerfen ist nicht fair. ja, die bilder sind nun mal schrecklich aber es ist immer sinniger, die realität zu zeigen und nicht bilder aus rosa traumwelten. dafür kann man bourani schon seinen respekt zollen. wichtig ist, das er seine rolle als künstler richtig wahrnimmt und auch themen anspricht die gesellschaft betreffend. seien texte sind okay. nichts von hohen anspruch aber auch keine totalausfälle. manchmal reichen auch einfache worte um starke gefühle zu beschreiben. darum ist ihre kritik hier falsch. sie sind zwar kein moralapostel aber zumindest sollten sie versuchen rein objektiv bourani und sein werk zu beurteilen. hat der kritiker hier mit drei von fünf punkten ja auch geschafft.

  • Vor 8 Jahren

    Noch schlimmer als Revolverheld

    "Hey Live" - was ist das für ein Titel? Ohne Worte. Ganz mieser Dreck.

  • Vor 8 Jahren

    Der sitzt doch mittlerweile bei "The Voice" ? Das sagt schon alles.....