laut.de-Kritik

Der Berliner Straßenrapper plädiert für Liebe, Frieden, Toleranz.

Review von

"Lasst mal eure Politik. Könnt ihr nicht ihr selbst bleiben?" Eine Frage, die einen angesichts der im Rap chronisch grassierenden Posen-Seuche immer wieder anspringt. Alpa Gun bemüht sich erst gar nicht, seine Angekotztheit über derlei "Rapperpolitik" zu verbergen: "Alles nur Gelaber, hier."

"Keiner kann rappen, wie es dieser Türke tut"? Dass darin viel Blödsinn steckt, sollte auf der Hand liegen. Weder sein Vortrag noch seine Reime künden von besonderer technischer Brillanz. Auch Alpa Guns Themen sprühen nicht gerade vor Originalität. Trotzdem: Ich mag den Kerl.

Alpa Gun wirkt derart ehrlich, unverstellt und geradlinig, dass man ihm kleine Anfälle von Größenwahn gerne verzeiht. Zumal man ihm inhaltlich fortwährend beipflichten möchte, wenn er blinde Profitgier, den allgegenwärtigen Egoismus und grundloses Auf-Krawall-gebürstet-Sein geißelt. Mit derlei Kinderkram hat Alpa Gun nichts am Hut.

Statt das Maul bis zu den Ohrläppchen aufzureißen, berichtet er lieber aus der Lebensrealität des "Türken aus Berlin, der das Reimekicken auch ein bisschen probieren" wollte. Der Karma-Gedanke, dem er anhängt, springt einem schon aus dem Albumtitel entgegen: "Alles Kommt Zurück". Entsprechend predigt Alpa Gun das schöne Prinzip des Was-du-nicht-willst-was-man-dir-tu.

Er teilt die ebenso weit verbreitete wie blödsinnige Angst nicht, es könne der harten Fassade Kratzer beibringen, Schwächen einzugestehen. So verleiht er seiner tief sitzenden Enttäuschung über die Oberflächlichkeit des Musikgeschäfts und seiner Protagonisten Ausdruck. Sein Fazit: "Ich brauche niemanden von euch, ich mach' das jetzt alleine." "Das Ist Alpa" rollte zuvor seinen eigenen Werdegang noch einmal auf. "Ich hab' so viel zu erzählen." Na, dann los!

"Müde" kündet von den Schattenseiten seines Daseins, "Hunger" von eben diesem Gefühl. Offen breitet Alpa in "Angst" persönliche Unsicherheiten aus. "Halim" gedenkt dem verlorenen Freund, dem Bruder im Geiste, "Karma" einer an Traditionen gescheiterten Liebe. Ein Thema, das auch "Verbotene Liebe 2" wieder aufgreift: Hier geht es allerdings um eine in den Augen ihrer Umwelt unmögliche Beziehung über kulturelle Schranken hinweg.

Alpa Gun plädiert - das besitzt nicht nur im ach so harten Berliner Straßenrapkontext doch eher Seltenheitswert - für Liebe, Frieden, Toleranz, für Fairplay und Aufrichtigkeit, ohne dabei auch nur eine Sekunde wie ein Weichei zu wirken. Okay, die Ansprache im "Outro" klingt ein wenig nach dem Großvater, der dem Enkel zum glitzernd verpackten Karamellbonbon einen Strauß guter Ratschläge mit auf den Weg gibt. Egal! Das ändert ja nichts an der Richtigkeit der Einstellung.

Es ändert leider aber auch wenig an dem großen Hab'-ich-alles-schon-gehört-Gefühl, das "Alles Kommt Zurück" hinterlässt. Der Schein, der bei Torch noch Blau war, hat lediglich die Farbe gewechselt. Alpa Guns "Grüner Schein" verfolgt abgesehen davon aber das identische Konzept aus der gleichen Perspektive. "Die Welt Brennt" gab es - ebenfalls bei Torch - auch schon. Seinen Werdegang hatte Alpa Gun auf seinem letzten Album eigentlich bereits zur Genüge ausgebreitet, die zahlreichen "Hater" längst ausgiebig abgewatscht.

Die komplett nutz- wie witzlosen Skits hätte man sich wirklich schenken können. PA Sports, zu Gast in "AL/PA", bleibt unauffällig. Dass Moe Mitchell nicht nur überall sonst, sondern auch auf "Alles Kommt Zurück" eine Hookline einschluchzen darf, rechtfertigt allerhöchstens Alpas missglückter Gesangsversuch in "Müde".

"Zehn Harte Rapper", in der Tradition der "Kleinen Jägermeister" der Toten Hosen (an die ursprünglichen, ohnehin politisch nicht mehr korrekten "Negerlein" erinnert sich vermutlich kaum noch jemand), hätten durchaus das Potenzial zur Mitgröl-Nummer besessen. Alpa nölt den Text aber in derart gedrosseltem Tempo heraus, dass jeder Schmackes flöten geht.

Dann doch dreihundertmal lieber zusammen mit Ceza dem "Türkish Style" huldigen! Türkische Zeilen und Melodien, Dancehall-typische Sirenen und dicke Bassschläge sorgen hier, Produzent Sonus sei Dank, zum Ausgleich für ordentlich Auftrieb.

Bei der Beat- und Produzentenauswahl macht Alpa Gun ohnehin alles richtig: Raumgreifend pumpende Bässe treffen auf mehr oder weniger offensichtlich zutage tretende orientalische Einflüsse, breitschultrige Bratzigkeit auf filigran klingelnde Glöckchen, wimmernde Streicher, schwer tropfende Klaviernoten oder auf leise 80er-Anklänge.

KD Supiers "Hater" schrappen übers Trommelfell, während Gjana Khan in "Hunger" einen exzellenten Groove aus dem anfangs aufgezogenen dicken Soundnebel lockt. Der Kontrast zwischen basslastiger Basis und darüber aufgebauschtem wattigen Klang bietet Alpa und Silla, Engelchen und Teufelchen, im Kampf gegen das Abrutschen in den Suff eine perfekte Kulisse - auch wenn mich das reingequatschte KD Beatz-Jingle regelmäßig fast in den Wahnsinn treibt. Spricht Qualität etwa nicht mehr für sich?

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Das Ist Alpa
  3. 3. Rapperpolitik
  4. 4. Alles Kommt Zurück
  5. 5. Grüner Schein
  6. 6. Taxi feat. DJ Gan-G
  7. 7. Skit - Jackpot
  8. 8. Müde
  9. 9. Hater
  10. 10. Hunger
  11. 11. Skit - Kiosk
  12. 12. Karma
  13. 13. Halim
  14. 14. Angst feat. Moe Mitchell
  15. 15. Zehn Harte Rapper
  16. 16. Die Welt Brennt
  17. 17. Skit - Verliebt
  18. 18. Verbotene Liebe II feat. Dilan Koshnaw
  19. 19. Türkish Style feat. Ceza
  20. 20. Du Weisst Nicht
  21. 21. AL/PA feat. PA Sports
  22. 22. Ertränk Den Alkohol feat. Silla
  23. 23. Skit - Alles Kommt Zurück
  24. 24. Outro

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