Die US-Labelvereinigung RIAA schießt regelmäßig übers Ziel hinaus. Da kann man schon mal in Versuchung kommen, für 3000 Dollar den Kopf aus der Schlinge zu ziehen ...

Washington (joga) - 1,3 Milliarden nicht lizenzierte Songs sollen allein amerikanische Studenten im vergangenen Jahr aus Filesharing-Netzwerken heruntergeladen haben. Das wenigstens behauptet die US-Labelvereinigung RIAA, die den Tausch von Musik über Uni-Netzwerke als ein Hauptübel erkannt haben will - immerhin brach der Absatz von CDs in den USA in diesem Jahr bislang gegenüber 2006 erneut um 20 Prozent ein.

Leider aber unterlaufen der Recording Industry Association of America bei der Verfolgung unbotmäßiger Musikfans immer wieder böse Patzer. Jüngster Streitfall ist der Versuch des Labelverbandes, die zehnjährige Tochter einer alleinerziehenden Mutter als Zeugin zu einem Prozess zu laden. Die Mutter verlangt, dass Aussagen der Tochter auch per Videokonferenz oder Telefon eingeholt werden könnten, um sie vor den Belastungen einer persönlichen Vernehmung zu schützen.

Dagegen besteht die RIAA in Vertretung von Capitol Records, BMG Music und drei weiteren Plattenfirmen auf persönlichem Erscheinen des Kindes. Die Tochter, die zum Zeitpunkt der angeblichen Copyright-Verstöße sieben Jahre alt war, sei ein "wichtiger Zeuge", zitiert Heise Online die Labelvertreter. Die Tochter habe den Computer in der Wohnung ebenfalls genutzt und sei die einzige Person, die in dem fraglichen Zeitraum anwesend gewesen sei.

Das mag ein besonders spektakuläres Beispiel sein. Doch auch bei der mehr oder minder alltäglichen Verfolgung tauschender US-Studenten geht die RIAA nicht eben zimperlich zu Werke. Über 400 Studenten erhielten in den letzten Wochen ein Schreiben mit dem Angebot, eine drohende Klage wegen Urheberrechtsverletzungen gegen eine Vergleichszahlung aus der Welt zu schaffen.

Nach Angaben von ORF Futurezone haben bislang 116 Studenten das Angebot angenommen und etwa 3000 Dollar an die Labels bezahlt, um einen Prozess zu vermeiden. Kein Wunder, droht die RIAA doch nach wie vor mit Schadensersatzforderungen in astronomischer Höhe. Eine Studentin, die das Vergleichsangebot annahm, sollte etwa wegen 790 Musik-Files auf 590.000 Dollar verklagt werden.

Während die Musikindustrie unverdrossen sich selbst feiert - wie zuletzt am Wochenende bei der Echo-Preisverleihung - erntet sie von Seiten der Konsumenten mittlerweile deutliche Kritik, mitunter sogar Hass. In einer über 15 Runden gehenden Abstimmung des Verbrauchermagazins The Consumerist, bei der über 100.000 Stimmen abgegeben wurden, setzte sich die RIAA im Finale sogar gegen die Kriegsgewinnler von Halliburton durch. Nun darf sich der Verband ganz offiziell als "meistgehasstes Unternehmen der USA" bezeichnen.

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16 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    "Über das Ziel hinausgeschossen" ist gut!

    Aber ich dnke, Abschreckung ist da das beste Mittel

  • Vor 17 Jahren

    sowas geht auch nur im land der unbegrenzten möglichkeiten. hierzulande würden solche eltern vom gericht einen aufn deckel bekommen...

    Und überhaupt: die Plattenfirmen sollen einfach anständige musik rausbringen und nicht jeden müll promoten und auf platte bringen, dann kaufen sich die leute das zeug auch.

  • Vor 17 Jahren

    Musikindustrie...das Wort allein sagt doch schon alles! Musik hat doch nur was mit Geld zu tun. Hör dir doch Mister Bohlen an was der den ganzen Tag labert. Feuchte Höschen sollen sie bekommen damit er sich die nächste Nutte leisten kann. Glaubt mir der ist doch noch nen harmloser Wicht gegen die skrupelosen Manager da draußen. Kann Musik Eigentum sein? Eingetauscht gegen den schnöden Mammon...welchen Gedanken hat ein Künstler der damit sein Brot verdient? Denkt er an das Geld oder an die Kunst...bei den Summen kann man das bei vielen leicht beantworten. Es gibt hier nichts positiviers mehr zu berichten und wer sich darüber wundert tut mir leid

  • Vor 16 Jahren

    Ich finde auch, dass es sich da viele zu einfach machen. Man nimmt eine Leistung in Anspruch, die man nicht bezahlt (ich auch). Argumente wie "die Musikindustrie ist selbst Schuld" und "die Musiker verdienen ja eh genug" sind doch nichts weiter als scheinheilige Rechtfertigungsversuche. Dadurch, dass ich dem Künstler mein Geld gebe, honoriere ich seine Leistung. Ich kenne genügend Leute, bei denen die GB-Menge MP3 zum virtuellen Schwanzvergleich avanciert, teilweise in Größenordnungen, wo klar ist dass sie niemals alles hören werden können, was sie sich illegal angeignet haben.
    Die Künstler, die ich unterstützen will, finde ich mangels Bekanntheit übrigens sowieso nicht bei P2P-Plattformen.

  • Vor 16 Jahren

    @Sendrik (« Na gut, meinetwegen hinkt der vergleich mit dem steak. allerdings hinkt jeder vergleich. außerdem hast du mir immer noch nicht plausibel erklären können, wie du den offiziellen rechtsbruch rechtfertigst.du unterstellst hier 2 dinge: 1. dass jede platte die dem jeweiligen rezipienten gefällt, auch gekauft wird.. lassen wir das mal kommentarlos stehen.
    2. es gibt nur platten die du super toll findest und platten die du schlecht findest. ab wieviel mal "probe"hören fühlst du dich denn verpflichtet ne platte zu kaufen? ich hab die erfahrung gemacht, dass einige platten jede menge umläufe brauchen, bis sie ihre wirkung entfalten. wo also ziehst du die grenze?
    (denk dabei immer an den guten kategorischen imperativ, die regel sollte nicht nur für dich sonder für alle gelten dürfen) »):

    Ich rechtfertige den "Rechtsbruch" nicht, zumindest nicht juristisch. Wer ein Album saugt, ohne es im Original zu besitzen, macht sich strafbar, das ist klar.
    Was ich versuche zu sagen, ist, dass man dieses Verhalten nicht kriminalisieren, sondern die positiven Aspekte sehen und ausbauen sollte. Wenn man die Möglichkeit hat, sich Musik herunterzuladen, lernt man einfach mehr interessante Bands kennen und kann sich dann das beste rausfiltern und kaufen.
    Eine Möglichkeit wäre z.B., ein komplettes Album in schlechter Qualität online zu stellen, sodass weiterhin ein Reiz darin besteht, die hochwertige CD-Version zu erwerben. Ein anderes Beispiel ist MySpace, wo ja z.T. auch schon komplette Alben hochgeladen werden. So kann man ausgiebig hereinhören, aber zumindest für mich wäre das kein Ersatz für eine CD (man muss den Rechner laufen lassen, man muss jedes Lied einzeln anklicken, die Songs werden gestreamt und sind von der Internetverbindung abhängig usw.). Das alles setzt natürlich voraus, dass der Rezpient auch bereit ist, überhaupt Geld für Musik auszugeben, die ihn überzeugt. Davon war ich deswegen ausgegangen, weil Du Deine Kritik ja auf folgende Aussagen bezogen hattest:
    "lad ich was runter und es gefällt mir kauf ichs
    lad ich was runter und es gefällt mir nicht hätt ichs sowieso nicht gekauft"

    Das mag nach geltendem Recht illegal sein, aber moralisch kann man jemandem, der nach diesem Schema verfährt, imo keinen Vorwurf machen. Oder muss man der Musikindustrie wegen unbedingt immer wieder Sachen kaufen, die einem dann doch nicht gefallen, weil man vorher eben nicht wirklich reingehört hat? Das wäre ja wie Klamotten zu kaufen, ohne sie vorher anzuprobieren (jetzt mal ein Vergleich von mir, den Du auch gerne zerpflücken darfst ;)). Sowas macht man höchstens per Versandhandel, dann hat man aber die Möglichkeit, die Sachen wieder zurückzuschicken...

    Was Deinen 2. Einwand angeht: Sicher gibt es Alben, die Zeit brauchen. Sowas erfährt man aber oftmals in Rezensionen (du kennst den Begriff "Grower" bestimmt) und man kann sich drauf einstellen. Ich persönlich halte es auch nicht für verwerflich, ein Album zu saugen und eine Weile auf der Platte liegen zu lassen, bis es beim erneuten Hören auf einmal *klick* macht und ich mir denke "Wow, das solltest Du bei der nächsten Amazon-Bestellung mal mitnehmen!"
    Dabei komme ich in keinster Weise in Konflikt mit Kants kategorischem Imperativ. Glaub mir, wenn alle Leute nach den gleichen Maximen CDs kaufen würde wie ich, hätte die Musikindustrie keinen Grund zu klagen ;)

    Natürlich muss Musik es auch wert sein, gekauft zu werden, und das ist imo bei der Masse der Titel, die Charts oder Musiksender dominieren, nicht der Fall. Vergleiche dazu auch mal den zweiten Absatz meines vorigen Posts, den Du in Deiner Antwort leider ignoriert hast.

  • Vor 16 Jahren

    Ich denke, das kann man so stehen lassen.
    Achja, falls das falsch angekommen sein sollte: Die Aussage
    "lad ich was runter und es gefällt mir kauf ichs
    lad ich was runter und es gefällt mir nicht hätt ichs sowieso nicht gekauft"
    stammt nicht von mir. Ich weise nur darauf hin, weil es theoretisch möglich wäre, mich auszuloggen und als Gast hier was zu schreiben.
    Ich verteidige die Aussage nur, weil sie meiner Meinung nach nicht verwerflich und nichteinmal sonderlich naiv ist, wie Du dem Verfasser vorgeworfen hast. Ich selbst sauge selten ganze Alben, sondern in der Regel eher einzelne Songs zum antesten (dann aber schon mehr als die 1 oder 2 Titel, die von den Labels zur Verfügung gestellt werden).

    Wir wollen eigentlich beide das Gleiche: Gute Musik, für die sowohl Künstler als auch Label den verdienten Lohn bekommen.

    Jetzt wäre für die Diskussion vielleicht noch relevant, ob der verantwortungslose Umgang mit P2P wirklich nur an der Unehrlichkeit der Konsumenten liegt (z.T. tut er das bestimmt) oder vielleicht auch an den Major Labels, die sich immer stärker darauf verlegen, Trends und Images zu generieren und zu verkaufen anstatt gute Musik zu suchen und zu fördern.
    Wenn man Produkte statt Kunst verkauft, darf man sich nicht wundern, wenn die Leute sich diese Produkte auch illegal besorgen (solange sie höchst wahrscheinlich straffrei bleiben, im Gegensazu zum Ladendiebstahl o.ä.).
    Dafür spricht imo, dass ja Indie Labels z.T. durchaus erfolgreich sind, weil sie eben weniger "industrialisierte" Musik verkaufen...daher kaufen sich Fans solcher Künstler auch eher mal ein Album, anstatt es nur zu saugen/brennen.