Die Gründe könnten mannigfaltig sein: das Jahrhundertereignis Fußball-WM, ein Wetter, das den angekündigten Klimawechsel wahr machte, Line-Ups ohne Mut zum Risiko, Marktsättigung oder einfach nur keine Ahnung von BWL? Nicht wenige Festivals kämpften im Sommer 2006 mit rückläufigen Zuschauerzahlen, manche stehen sogar kurz vor der Pleite. Ein Resümee.

Freiburg (ebi) - Während die Tour-Branche einen Boom erlebt, meldete das Internationale Zelt-Musik-Festival Freiburg wenige Wochen nach dessen Ende gestern Insolvenz an. Zeigt das (vorläufige) Ende für den traditionsreichen Event nach 24 Jahren einen Trend an oder handelt es sich dabei nur um einen Einzelfall?

Fest steht, dass die Zahl der ein- bis mehrtägigen Festivals und Open Airs im deutschsprachigen Raum ein fast inflationäres Ausmaß angenommen hat. Die Mittel scheinen begrenzt, das Angebot überreich. Doch zu spüren bekamen dies freilich längst nicht alle. Und so spricht insgesamt alles eher für ein begrenztes Phänomen, das in erster Linie den Wetterverhältnissen und dem Fußball geschuldet war.

Während etablierte Marken wie das beschauliche Immergut, das Melt!, das spanische Benicassim oder Mega-Events wie die Alternative Rock-Doppels Rock am Ring/Rock im Park und Hurricane/Southside den Veranstaltern Dollar-Zeichen in die Augen trieben, ging es anderen wie Donald Duck. Über die Gründe lässt sich trefflich spekulieren.

Bei Koko Entertainment in Konstanz sieht man die Hauptschuld für die schlechten Besucherzahlen des selbst organisierten Zeltfestivals bei der Fußball-WM - ähnliches behaupten die Kollegen in Freiburg. In der WM-Stadt Stuttgart strich man das Hip Hop-Open wohlwissend gleich ganz aus dem Programm, um den Kickern erst gar nicht in die Quere zu kommen.

In Interlaken machte man bei der zweiten Auflage des Greenfield-Festivals trotz beeindruckendem Alpenpanorama ähnliche Erfahrungen. Auch das renommierte Schweizer St. Gallen Open Air war nicht ausverkauft. Zu Rock am See in Konstanz kamen auch ohne WM fast 10.000 Fans weniger als im vergangenen Jahr. Hier könnte ein Grund das ähnliche Headliner-Programm der Konkurrenten Southside oder Greenfield (etwa mit Placebo oder Mando Diao) gewesen sein, die im selben Einzugsbereich liegen.

Auch im Norden blieben die Zuschauer zuletzt weg. Das erste Reeperbahn-Festival verlegte den Termin weit in den September hinein, setzte sich aber der medialen Übermacht der Popkomm aus. Ergebnis: Teilweise erschreckend leere Clubs. Ansonsten spielte schlicht und ergreifend das Wetter nicht mit. Ganz übel erging es dem Splash! Eine Neuauflage des Hip Hop-Festivals steht aufgrund drei Tage Regens kurz vor dem finanziellen Aus: Die Macher bitten händeringend um Spenden, so wenige Fans fanden heuer den Weg nach Chemnitz. Regen vermieste auch dem Haldern Pop, S.O.M.A oder dem Monsters Of Spex die Laune.

Die bekannten deutschen Metal-Festivals wie das Rock Hard Festival oder das Wacken kamen noch mit einem blauen Auge davon. Das Bang Your Head!!! konkurrierte ebenfalls mit der WM, das Summer Breeze hatte einen Locationwechsel zu verkraften, aber unterm Strich mussten die Metaller kaum ein Klagelied anstimmen.

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Splash!-Festival Abgesoffen trotz Müllbergen

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Southside Heftiger Sturm setzt Festivals zu

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