laut.de-Kritik

Das sind keine neuen Kaizer. Das sind nur neue Kleider.

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Majorlabel sind vielleicht nicht sonderlich beliebt, aber sie haben gelegentlich doch auch ihr Gutes. Der Beweis: das hier vorliegende neue Album des norwegischen Kaizers Orchestra. "Maestro" bewahrt trotz aufwändiger Produktion und neu hinzugekommenem Pop-Appeal den ungestümen, ja oft anarchistischen Vorwärtsdrang der Band. Der Hörbarkeit der Scheibe kommt dies nur zugute, denn das große Spektakel aus Rock und Ölfass-Polka taugte eigentlich schon immer eher für die Bühne als fürs Wohnzimmer.

Doch keine Sorge. Nur weil "Maestro" auch mal langsamere Rhythmen anschlägt, eingängige Melodien zu bieten hat und sogar teilweise recht einfache Songstrukturen erkennen lässt, sind die wilden Norweger noch lange nicht handzahm geworden. Nur verbinden sie neuerdings das Anspruchsvolle mit dem Angenehmen, was übrigens auch jede Menge Abwechslung mit sich bringt.

So eröffnen die Kaizers mit "KGB" eher rockig trocken mit Strophe und Refrain im 4/4-Takt, ehe der Titeltrack mit eher vertrackten Rhythmen das Tempo deutlich herausnimmt. "Knekker Deg Til Sist" blickt mit einem Augenzwinkern zurück in die alte Kaizerzeit, das flotte "Blitzregn Baby" dagegen huldigt eindeutig dem aktuellen Retrorock-Hype.

"Dieter Meyers Inst." entwickelt sich vom leisen Songwriterstil mit Gitarrenbegleitung in einer stetigen Steigerung zum wahren Songmonster; dabei erinnern der sinfonische Aufwand und die gelegentlichen Wechsel des Sängers in die Kopfstimmlage an Radiohead. Feierten nicht im hektischen Finale die Ölfässer ihre fröhliche Wiederkehr, könnte man fast meinen, die Norweger wollten zeigen, dass ihre stilistische Bandbreite alle derzeit angesagten Spielformen des Rock'n'Roll locker umfasst.

Die vorab ausgekoppelte Single "Christiania" ist gewiss einer der ruhigsten und eingängigsten Lieder, die das Orchestra je veröffentlicht hat, "Delikatessen" nimmt als einziger Song den traditionellen 2/4-Polka-Rhythmus auf. Danach geht es kurz wieder etwas ruhiger zu, bevor der Abschlusstrack noch einmal in gut vier Minuten die Möglichkeiten des artifiziellen Rocks erforscht. Auch hier bricht nach ruhigen Intermezzi immer wieder das ungezügelte Temperament der Norweger hervor und macht deutlich: Das sind keine neuen Kaizer. Das sind nur neue Kleider.

Trackliste

  1. 1. KGB
  2. 2. Maestro
  3. 3. Knekker Deg Til Sist
  4. 4. Senór Flamingos Adieu
  5. 5. Blitzregn Baby
  6. 6. Dieter Meyers Inst.
  7. 7. Christiania
  8. 8. Delikatessen
  9. 9. Jaevel Av En Tango
  10. 10. Papa Har Lov
  11. 11. Auksjon (i Dieter Meyers Hall)
  12. 12. Pá Ditt Skift

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50 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    Maestro... ist nicht schlecht. Wenn auch von den bisherigen Alben das schwächste, jedenfalls das mit den wenigsten Über-Hits. Ein paar sind ja trotzdem drauf... und man kann sich schon mit dem Teil anfreunden....Was halt auffällt, ist, dass sie jetzt mehr rockig klingen und weniger auf Ölfässer rumschlagen -einerseits schade, aber andererseits kann man ja nicht bis in alle Ewigkeit dieselbe Masche anwenden, also ich find das schon OK. Wobei ja auch ständig irgendwelche Leute rumtun von wegen Ausverkauf etc etc, weil sie haben ja jetzt zu einem Major gewechelt und bla
    hab die Jungs letzte Woche auch endlich live gesehen, tolles Konzert, tolle Lieder.... auf jeden fall empfehlenswert.

  • Vor 18 Jahren

    Mir gefallen von der Platte wirklich nur "Christiania" und "Dieter Meyers Inst.". Aber zumindest letzteres ist ein absolut großartiges Stück Musik. Ein ganzes Album mit solchem Zeug: Das wär was!