laut.de-Kritik

Die Musik spricht für sich selbst.

Review von

Imogen Heap hat es (endlich) wieder getan. Sie spricht für sich selbst. Auch wenn sie dieses Anliegen im Album-Titel in der zweiten Person tarnt, so klingt ihr zweites Solo-Werk doch äußerst intim und spannt vom ersten Song an einen hübschen Emotions-Bogen, der mit einem wahrhaft großen Kehraus endet. Aber wir greifen vor.

Heap verfügt über zahlreiche Ausdrucksmittel, um ihr Innerstes nach außen zu stülpen. Ihr verschachtelter Elektropop bezaubert schon im Opener: Verspielte Glöckchenklänge und ihr eigener Gesang in Echoform im Hintergrund leiten die ersten Takte ein und füllen Zeilen wie "Distant flickerings, greener screen. This weather's bringing it all back" vor dem inneren Auge mit Leben. Selbstverständlich spielt ihre Stimme eine, wenn nicht die zentrale Rolle im großen Musik-Drama, das sie vor uns ausbreitet.

Wie das funktioniert, führt die Dame über vier Minuten in dem zu Beginn etwas gewöhnungbedürftigen A Capella-Stück "Hide And Seek" vor. Stimmliche Verfremdungen erzeugen eine hübsche Soundlandschaft, die jenseits von nervigem Vocoder-Gepfriemel angesiedelt ist und mal fordernd, dann wieder verführerisch zart klingt.

Verträumt, märchenhaft - ohne in diverse Klischeefallen zu tappen - und im besten Sinne eingängig, singt, haucht und schmachtet Imogen sich langsam aber stetig ins Gedächtnis. Kompositorisch bleibt sie nicht in einer Stimmungslage verhaftet. Der Beginn kündet sachte von eitel Sonnenschein, ehe Heap im weiteren Verlauf diverse tragische und herzzereißende Momente auslotet und den Hörer fast mit in die Abgründe ihres Gefühlslebens hinab zieht.

Ganz besonders schrecklich-schön: "The Moment I Said It". Wer hier nicht ergriffen lauscht, sollte sich ein Ersatz-Herz statt des Steinklotzes in seiner Brust besorgen. Leicht angeschlagene Pianoklänge flankieren Imogens dahin gehauchte Zeilen, ehe, ebenso vorsichtig, Streicher und Elektro-Fragmente ins Lamento einsteigen. Nach knapp zwei Minuten pendelt sich die Stimmung in der Nähe griechischer Tragödien ein. Abermals verwendet sie ihre Stimme als Rhythmus-Instrument, ohne jedoch die wie dichte Nebelschwaden auf- und abtauchenden Emotionen allzu sehr zu bedrängen. Ein Stück, zum Heulen schön.

Imogen kann aber auch anders. "Daylight Robbery" rumpelt im zünftigen Rock-Outfit daher, ohne jedoch einen angenehmen Pop-Appeal zu vernachlässigen; allerlei elektronische Effekte flankieren die große Hymnen-Geste. An Hip Hop angelehnte Beats begleiten den Text von "Clear The Area". Auch hier übersetzt Imogen die Zustandsbeschreibung ihrer Worte perfekt in Töne. Sehnsucht und Trauer verbinden sich mit einem Licht am Ende des Tunnels, so dass der Track auch ganz ohne Text funktionieren würde.

Betrachtet man die Songs mit einigem Abstand, drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass Imogen Heap hier ein Album kreiert hat, das trotz aller Eingängigkeit eine unglaubliche Tiefe besitzt, die sich nach und nach wie der Wolf im Schafspelz offenbart.

Trackliste

  1. 1. Headlock
  2. 2. Goodnight And Go
  3. 3. Have You Got It In You?
  4. 4. Loose Ends
  5. 5. Hide And Seek
  6. 6. Clear The Area
  7. 7. Daylight Robbery
  8. 8. Walk
  9. 9. Just For Now
  10. 10. I Am In Love With You
  11. 11. Closing In
  12. 12. Moment I Said It

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