13. März 2018

"Der Spaß hat oberste Priorität"

Interview geführt von

Ob Aliens wohl auf 80s-Pop-Rock stehen? Mit ihrem neuen Studioalbum "Here Come The Aliens" schlägt Kim Wilde eine musikalische Brücke zwischen Erde und Mond.

Die uralten BRAVO-Poster von Falco, Abba und Kim Wilde stehen bei Vintage-Liebhabern bis heute hoch im Kurs. Letztgenannte muss auch heute noch schmunzeln, wenn sie sich an die guten, alten Zeiten zurück erinnert. Was war damals aber auch alles los!

Nach ihrem Top-Five-Einstieg mit der Single "Kids In America" ging es für Kim Wilde in den Achtzigern schnurstracks in Richtung Pop-Olymp. Die wilde Britin mit der platinblonden Mähne verkaufte Millionen Tonträger und tanzte auf den großen Bühnen von Michael Jackson und David Bowie.

Mehr als dreißig Jahre nach ihrer Glanzzeit ist Kim Wilde immer noch am Start. Wir trafen die Sängerin im Zuge der Promo für ihr neues Studioalbum "Here Come The Aliens" in Berlin zum Interview und sprachen über wilde Kollaborationen, extraterrestrische Erlebnisse und die neue Wilde-Generation.

Kim, dein letztes Studioalbum mit eigenen Songs stammt aus dem Jahr 2010. Gab es einen bestimmten Moment, in dem dir klar wurde, dass es mal wieder an der Zeit für neue Musik wäre?

Kim Wilde: Das war eher ein Prozess. Der Plan für ein neues Studioalbum lag eigentlich schon lange in der Schublade. Aber irgendwie kam in den letzten Jahren immer etwas dazwischen. Ich lag ja die vergangenen sieben Jahre nicht nur auf der faulen Haut. Ich habe ein Coveralbum ("Snapshots") veröffentlicht und ein Weihnachtsalbum ("Wild Winter Songbook") aufgenommen. Zudem war ich zwischen den Aufnahmen auch immer viel live unterwegs.

Das Weihnachtsalbum soll dir wohl besonders am Herzen gelegen haben. Stimmt das?

Ja, das war mir sehr wichtig. Ich bin ein sehr harmoniesüchtiger Mensch und liebe das Weihnachtsfest. Mit der Aufnahme dieses Albums ging ein Traum für mich in Erfüllung.

Mittlerweile weht im Hause Wilde aber ein hörbar stürmischerer Weihnachtswind. Stichwort: "Fuck You Christmas!" – deine Heavy-Punk-Kollabo-Single mit den Herren von Lawnmower Deth. Was hat dich denn da geritten?

(Lacht) Weißt du, ich habe in meinem Leben schon so viel gesehen und erlebt. Ich hatte viele Hits, jede Menge Action auf der ganzen Welt und war mit Legenden wie Michael Jackson und David Bowie auf Tour. Mittlerweile hat der Spaß für mich oberste Priorität. Ich mache einfach nur noch Dinge, auf die ich Lust habe. Und mit den Jungs von Lawnmower Deth zu arbeiten war ein Riesenspaß. Das sollte man natürlich auch alles nicht zu ernst nehmen. Wir wussten, dass der Song nicht im Radio laufen würde. Kommerziell gesehen war es absolut verschwendete Zeit. Aber es war ein Riesenspaß. Und nur darum ging es.

"Es war fesselnd und unnatürlich"

Du verstehst dich auch live ziemlich gut mit den Jungs.

Ja, absolut. Die Band hat mich vor zwei Jahren via Twitter kontaktiert und gefragt, ob ich nicht Lust hätte auf dem Download-Festival mit ihnen aufzutreten. Das war völlig verrückt, aber auch sehr, sehr cool. Vielleicht machen wir in der Zukunft nochmal was zusammen. Die Jungs sind super lustig und teilen genau meine Art von Humor.

Apropos Humor: Als ich das Cover deines neuen Albums zum ersten Mal vor Augen hatte musste ich auch ein bisschen schmunzeln.

Ich finde es großartig. Als wir den ersten Song "1969" im Kasten hatten, dachten wir uns alle, wie cool es doch wäre, wenn wir die Thematik des Songs auch in den Artwork-Prozess mit einbeziehen würden. Die Tochter meines Bruders hat sich dann hingesetzt und dieses unfassbar coole Bild gemalt.

Zu Albumtitel, Opener und Artwork sollen dich zwei Ereignisse in deinem Leben inspiriert haben: die erste Mondlandung, die du mit acht Jahren live am Fernsehen verfolgt hast, und ein vermeintlich extraterrestrisches Erlebnis in deinem heimischen Garten.

Ja, das stimmt. Die erste Mondlandung war schon etwas ganz Besonderes. Ich kann mich noch gut an meine innere Faszination erinnern. Und die Sache mit den unerklärlichen Lichtern in unserem Garten ... Nun, ich weiß, dass viele Menschen mit dem Kopf schütteln, wenn sie solche Geschichten hören. Aber ich weiß, was ich gesehen habe.

Was hast du denn genau gesehen an jenem Abend des 26. Juni 2009?

Zunächst einmal: Ich war nicht die einzige Person, die etwas gesehen hat. Mein Mann und viele andere Menschen in unserer Gemeinde haben es auch gesehen. Es ist schwer zu beschreiben. Wir guckten einfach in den Abendhimmel. Und plötzlich zischten sich unheimlich schnell bewegende Lichter über unsere Köpfe hinweg. Das dauerte alles nur wenige Sekunden. Aber es war unheimlich fesselnd und völlig unnatürlich. Es gibt auch verschwommene Fotografien davon. Das war damals ein richtig großes Thema bei uns. Und mich hat es einfach total beeindruckt. Ich meine, ich bin ein sehr offener Mensch und kann mir sehr gut vorstellen, dass wir nicht alleine im Universum sind.

Viele Leute, denen Ähnliches widerfahren ist, sprechen über eine besondere Energie, die sie seitdem begleitet. Ist es bei dir ähnlich?

Absolut. Da ist jetzt nichts Greifbares. Ich verfüge nicht über mehr körperliche Kraft oder so. Aber es stimmt: Seitdem spüre ich eine ganz besondere Energie in mir und in meinem Leben.

"Ich möchte meinen Kindern nicht reinreden"

Hast du diese Energie auch in den Songwritingprozess für dein neues Album mit einbinden können?

Auf jeden Fall. In meinen Ohren klingen die neuen Songs unheimlich frisch und kraftvoll. Da ist diese Kombination zwischen alten Erinnerungen und der Musik, die heute im Radio läuft – eben richtig gute Popmusik. Musikalisch hatten wir keinerlei Konzept im Hinterkopf. Mein Bruder Ricky und ich, wir wollten die Dinge einfach laufen lassen. Und was war auch gut so. Ich denke, dass ich mit diesem Album alte und neue Fans glücklich machen werde. Die Songs decken alles ab, was ich mir unter guter Popmusik vorstelle. "Kandy Crush" beispielsweise hat diese "Kids In America"-Vibes. Die Backing-Vocals auf "Solstice" erinnern mich an Elton John. "Yours Till The End" hat was von Duran Duran. Hinzu kommen aber auch viele neue Elemente. Ricky ist immer auf dem neuesten Stand, wenn es um aktuelle Musik geht. Und dieses Wissen haben wir natürlich auch mit einfließen lassen.

Das Album wurde im selben Studio aufgenommen, in dem du vor dreißig Jahren bereits Hits wie "Kids In America" und "Cambodia" verewigt hast. Ein besonderes Gefühl?

Das RAK Studio ist eines der wenigen großartigen Studios, die London noch zu bieten hat. Dort wurde Musikgeschichte geschrieben. Und natürlich war es ein besonderes Gefühl, dort noch einmal Songs aufnehmen.

Du hast mittlerweile zwei erwachsene Kinder, die ebenfalls der Musik verfallen sind. Was können die Leute von der nächsten Wilde-Generation musikalisch erwarten?

(lacht) Um ehrlich zu sein: Ich halte mich da eigentlich komplett raus. Ich finde es toll, dass meine beiden Kinder genauso viel Freude am Musikmachen haben wie ich. Aber ich möchte ihnen da nicht reinreden. Sie sollen ihren eigenen Weg gehen.

Fällt dir das nicht schwer?

Nein, gar nicht. Sie sind unheimlich talentiert. Sie wollen sich aber unabhängig von mir, meinem Wissen und meiner Erfahrung entwickeln. Das unterstütze ich total.

Gibt es schon öffentliche Hörproben?

Nein, noch nicht. Niemand macht ihnen Druck. Aber ich bin mir sicher, dass es die Leute mitbekommen werden, wenn es irgendwann soweit ist. Das hat, glaube ich auch, etwas mit der Wilde-DNA zu tun. Beide treibt dasselbe Verlangen nach kreativer Selbstverwirklichung wie mich.

Das dürfte deine Kids dann irgendwann unweigerlich in den Pop-Olymp führen.

Wir werden sehen. Erfolg zu haben, ist eine tolle Sache, keine Frage. Aber am Ende des Tages geht es um andere Dinge. Spaß, Gesundheit und die Liebe und Zuneigung von Freunden und der Familie: Das sind die Dinge im Leben, die wirklich zählen. Ich weiß das. Ich habe in diesem Business alle Höhen und Tiefen erlebt. Schlussendlich ist es nur wichtig, dass man immer Menschen an seiner Seite hat, die man lieben und vertrauen kann.

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