3. November 2008

"Star Wars beflügelte meine Phantasie"

Interview geführt von

"The Seldom Seen Kid" heißt das vierte Studioalbum von Elbow, die dafür den mit 20.000 Pfund dotierten Mercury Music Prize 2008 gewannen. Für Frontmann Guy Garvey wohl das Beste, was seiner Band aus Manchester jemals passieren konnte.Endlich treten die Britrocker aus dem Schatten ihrer zahlreichen Konkurrenten: Mit ihrem Pop-Sound schlugen sie hochkarätige Kollegen wie Radiohead, Burial oder British Sea Power aus dem Rennen. Tiefe Emotionen steckten bereits im Debüt "Asleep In The Back", mit dem sie im Jahre 2001 schon einmal für den Mercury Prize nominiert waren. Sänger und Songschreiber Guy Garvey ist ein angenehmer und sympathischer Mensch, mit dem man gerne mal durch den Nordwesten Englands flanieren und in einigen Pubs seinen Durst löschen möchte.

Auch am Telefon zeigt sich der Engländer von seiner besten Seite. Bereits 2003 hatte laut.de ihn schon einmal in einem Kölner Hotel getroffen. Natürlich kann er sich daran nicht mehr erinnern.

Ziemlich müde stiefelte er damals ins Hotelzimmer. Um den Morgen etwas aufzufrischen, spielte man ihm einige Songs vor. Dabei sollte er die Bands/Interpreten erkennen. Guy war davon sehr angetan, allerdings ist verwechselte er für einen kurzen Augenblick Robbie Williams mit Bob Dylan.

Natürlich erinnert er sich nicht mehr wirklich an dieses Interview, muss aber nach dieser Anekdote herzlich lachen. Gleich darauf die nächste Herausforderung mit der Frage nach seiner ersten Liebe.

"Meine erste Liebe? Pfuh. Mit Sicherheit Musik, aber ganz bestimmt "Star Wars". Ja, die Filme beflügelten meine Phantasie. Spätestens seit ich das Spielzeugmodell vom Millennium Falcon in der Hand hielt. Das Raumschiff von Han Solo, weißt du. Ich bekam es zu Weihnachten geschenkt und als ich es auspackte musste ich wirklich weinen."

Vielseitigkeit und freundliche Gast-Sänger

Aber genug von der Vergangenheit, sprechen wir vom aktuellen Album. Da gibt es zum Beispiel diesen Gospel-Soul in "Grounds For Divorce" oder den verträumten Gershwin-Sample am Ende von "The Bones Of You". Die Nummer "The Fix" singt Guy im Duett mit dem Country-Folk Sänger Richard Hawley aus Sheffield. Wie genau kam es eigentlich zu dieser Begegnung?

"Ich traf Richard in Memphis, Tennessee. Frank Black von den Pixies war auch auf diesem Event eingeladen, um legendäre Musiker aus Memphis zu treffen. Richard und ich verstanden uns auf Anhieb sehr gut, und irgendwann wollten wir natürlich gemeinsam einen Song aufnehmen. Ich hätte nie gedacht, dass er sich so schnell bei mir melden würde."

"The Fix" hatten Elbow so gut wie fertig produziert und waren der Meinung, das würde zu Hawley passen. An nur einem Nachmittag war die Aufnahme dieser Mischung, aus swingenden Jazz-Anleihen und Sixties-Psychedelik, fertig. Überhaupt haben Elbow nicht mehr so viel Zeit am Tag im Studio verbracht, zumal Guy auch bei der BBC gut zu tun hat. Er bekommt täglich zahlreiche Demos zugeschickt, da er auf BBC eine Radiosendung moderiert.

Alle diese Zusendungen dienen als Inspiration für seine eigene Musik. Aber man munkelt auch, dass eine Dokumentation namens "Seven Ages of Rock" zu neueren Ideen verhalf:

"Ich brachte mal zur Abwechslung eine Kopie dieser BBC Dokumentationsreihe mit ins Studio. Da gibt es zum Beispiel diese Folge über Art Rock, die mit John Cales Velvet Underground beginnt und sich weiter mit David Bowie, Pink Floyd, Roxy Music bis hin zu Genesis befasst. Beim Anschauen ist uns dann aufgefallen, dass all diese Künstler quasi zu unserem musikalischem Erbe gehören."

Songs zwischen Leben und Tod.

Freundschaft, Wünsche und Frustrationen sind auch auf "The Seldom Seen Kid" die Hauptelemente, immer wieder entdeckt man sehr persönliche Eindrücke des Songschreibers Garvey. Diesmal vielleicht sogar noch mehr als sonst, weil er über den Tod des gemeinsamen Freundes und Songwriters Bryan Glancy schreibt, der während der Aufnahmen gestorben ist. Die Trauer zieht sich zwar durch das gesamte Album, allerdings klingt es niemals wirklich verzweifelt.

"Bryan war ein toller Mensch und er hatte ein gutes Leben. Der Song 'Friend Of Ours' spiegelt die Dinge wieder, die wir an ihm liebten. Er sprach nicht viel, dafür waren seine Gesten und Gesichtsausdrücke um so deutlicher."

Problematisch war auch der Wechsel der Plattenfirma, der sich mühsam in die Länge zog. Allerdings ließen sich Elbow auch dadurch nicht unterkriegen und sahen das Positive darin:

"Wir haben zwei Jahre lang damit verbracht die Plattenfirma zu wechseln. Allerdings haben wir dadurch auch zwei Jahre im Studio verbracht. Und heute sind wir alle sehr glücklich, dass wir so viel Zeit in die Platte investiert haben."

Sein privates Glück scheint Guy in dieser turbulenten Phase ebenfalls gefunden zu haben. Jetzt kann man Elbow nur noch wünschen, dass der Mercury Prize 2008 nicht das letzte Hochgefühl in ihrer Karriere war.

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