laut.de-Kritik
Originell und total metallisch: Chaos im besten Sinne.
Review von Matthias BossallerVor 20 Jahren haben Die Apokalyptischen Reiter mit ihrem dritten Album "All You Need Is Love" einen Bandklassiker geschaffen, der bis heute nachwirkt. Viele Fans behaupten sogar, dass die Thüringer damals ihr Meisterstück ablegten. Nach zwei durchaus interessanten Vorgängern ließen die Reiter die alte Binsenwahrheit Wirklichkeit werden, nach der das dritte Album über Wohl und Wehe entscheidet: Mit "All You Need Is Love" machte die Band ihren größten Entwicklungsschritt, und die formidable Produktion von Andy Classen hievte Die Apokalyptischen Reiter auf ein internationales Niveau.
Bei diesem dritten Streich handelt es sich um eine einzigartige Crossover-Scheibe im extremen Metalbereich. Die Musik pendelt zwischen Death-, Black-, Thrash-, Pagan- und Heavy Metal hin und her. Außerdem mischten die Reiter ihrem Sound noch Elemente des Rock, Folk und Blues bei. Brutales Gemetzel wird von feinen Piano- und Keyboard-Klängen abgelöst.
Totales Chaos könnte man denken. Aber mitnichten: Wenn schon kalkuliert und im besten Sinne. Denn trotz aller Stilvielfalt besitzen viele der zwölf Songs Ohrwurmcharakter und Eingängigkeit. Die Mitglieder um Sänger Fuchs, Bassist Volk-Man und Keyboarder Dr. Pest fügten die unterschiedlichen musikalischen Bausteine zu einem stringenten Ganzen zusammen.
Damals kam dieses Meisterwerk auf dem niederländischen Plattenlabel Hammerheart Records raus. Drei Jahre später erfolgte der Wechsel zu Nuclear Blast, das nun das Re-Release "All You Need Is Love - XX Anniversary Edition" herausbringt. NB bietet limitierte, remasterte Vinylversionen mit einem erweiterten Artwork, Liner Notes und Fankommentaren an. Das graue Vinyl ist bereits vergriffen, von rot und schwarz sind nur noch Restauflagen vorhanden. Auch das zeigt, welchen Stellenwerk das Album selbst nach 20 Jahren noch hat. Damals wie heute schert sich diese außergewöhnliche Band nicht um metallische Konventionen oder Trends.
Vom ersten bis zum letzten Klang der zwölf Songs sprengten die Apokalyptischen Reiter mit "All You Need Is Love" die Grenzen allen Schubladendenkens. Der Einstieg mit dem Blastbeat-Massaker "Licked By The Tongues Of Pride" und "Unter der Asche" erfreut bei aller Abwechslung zwischen Death- und Black-Metal (deutlich vor allem beim Keifgesang) und sinfonischer Atmosphäre die Freunde des Brachialen. "Erhelle meine Seele" startet dann wie ein astreiner mittelalterlicher Minnegesang, bevor metallische Härte einsetzt, die wenig später aber wieder das Anfangsmotto aufgreift.
Das pogotaugliche "Reitermania" wird auf deutsch, englisch, russisch und sogar finnisch gesungen. Wahnsinn! So flott, dröhnig und super-abwechslungsreich geht es weiter.
Nur einmal gönnt die Band ihren Zuhörern eine Verschnaufpause. "Piece Of Mind" ist ein knapp dreiminütiges Instrumentalstück, das von harfenähnlichen Klängen getragen wird. Und noch ein ungewöhnliches Instrument verwenden die Thüringer: Ein Didgeridoo leitet den Song "Rausch" ein. Die Scheibe klingt auch zwei Dekaden nach ihrer Erstveröffentlichung immer noch frisch, originell und trotz aller Stilfülle total metallisch.
2 Kommentare
Schon eine der geilsten deutschen Metalalben und heute noch seiner Zeit voraus. Was die Reiter hier alles verknüpft haben... irre.
20 Jahre... uff... war mit Opeth's Blackwater Park und ner hand voll anderen Alben locker bei den besten Releases damals dabei.