laut.de-Kritik

Sympathisches Tribute für eine sympathische Band.

Review von

Es hätte so schön sein können. Ein paar Musiker knöpfen sich einen ZZ Top-Track vor und huldigen der "Little Ol' Band From Texas" mit einer Hommage.

Und wisst ihr was? Genau so ist diese Tribute-Scheibe auch ausgefallen. Man hätte sich zwar noch ein paar mehr Beiträge gewünscht und den ein oder anderen dafür eliminiert, aber im Großen und Ganzen ist "A Tribute From Friends" eine launige Angelegenheit geworden.

Pimmelrocker wie Nickelback und Daughtry durfte man auf so einer Compilation ja fast erwarten. Dabei machen die Kanadier um Chad Kroeger ihre Sache wider Erwarten ganz gut, indem sie die Gitarrenwände einfach ein bisschen höher ziehen und der Bassdrum einen ordentlichen Wumms verleihen. Dazu gesellt sich ein Kroeger als Rock-Shouter, der das Falsett des Originals mit breitbeiniger Pose und deftigem Druck im Organ ersetzt. Das Gitarrensolo von Gibbons wird auch frei variiert, somit: gelungen.

Wie man eine Coverversionen tunlichst nicht umsetzen sollte, zeigt uns beispielhaft der American Idol-Teilnehmer Daughtry, indem er das Zwillings-Duo "Waiting For The Bus / Jeus Just Left Chicago" völlig uninspiriert in einer Eins-zu-Eins-Kopie umsetzt. Selbst der Sound kommt derart aseptisch daher, dass man sich nach dem genialen Original zurück sehnt.

Aber wie es Negativbeispiel gibt, so hält die Tracklist auch einige schöne Überraschungen parat. Die mir bis dato völlig unbekannten Grace Potter & The Nocturnal wummern sich schön groovend "Tush" zurecht. Die Frontfrau jodelt sich ordentlich einen vom Leder, während die Herren im Hintergrund ihr einen warmen Rhythmus-Teppich zurecht schneidern.

Dass Steven Tyler sein Talent mit seiner Stammcombo mittlerweile in der kreativen Bedeutungslosigkeit mit Schmalzballaden und Radiorock der üblen Sorte verschwendet, verdeutlicht "Sharp Dressed Man". Schreibt dem Spargeltarzan die richtigen Songs und er rockt die Hütte. Auch ganz nett: die Industrial-Anleihen von Richard Patrick bei "Gimme All Your Lovin'". Der Brüllwürfel verfiltert den Track sehr schön.

In der Kategorie Überraschung kann man auch die Zausel von Wolfmother verorten, aber im Nachahmen von Klassikern besitzen sie ja eine gewisse Routine. Die funkige Vorlage verwursten sie mit dem nötigen Drive, auch wenn die hübschen Gitarreneffekte der Vorlage ein wenig im Saitengewichse untergehen. Duff McKagan's Loaded fahren ein schönes Rotzrock-Brett auf und Mastodon rumpeln irgendwo zwischen Blues-Hölle und Stonerrock durch die Szenerie. Sehr launig, wie auch die "Beerdrinkers & Hellraisers"-Version von Coheed And Cambria.

Und nun kommt der Punkt, an dem es Zeit wird, die Brille abzunehmen, zum Taschentuch zu greifen und hemmungslos Rotz und Wasser zu flennen, denn: Wyclef is in da house! Was der Ex Fugee und Möchtegern-Präsident einem da mit "Rough Boy" serviert, ist mit 'Frechheit' nur unzureichend beschrieben.

Eigentlich habe ich mir geschworen, dass jede CD mit Autotune umgehend in den Papierkorb wandert, aber der Rest des Album ist einfach zu gut. Trotzdem muss man vor diesem Auswurf aus dem Anus der Hölle warnen. Wer nicht riskieren möchte, dass sich sein Gehirn vom Rückgrat abstöpselt, sollte unbedingt weiterskippen. Warum muss der Hohlkörper sich auch die klischeebehaftetste 08/15-Ballade aussuchen, die ZZ Top auf der Pfanne haben? Die Dub-Basslines am Ende sind lediglich ein lächerlicher Versuch, aus diesem Schrott etwas Interessantes zu machen.

Dies ist der einzige Punkt, an dem man wirklich seinen Kopf in die Kloschüssel stecken möchte. Ein sympathisches Tribute für eine sympathische Band.

Trackliste

  1. 1. Sharp Dressed Man (M.O.B.)
  2. 2. Gimme All Your Lovin' (Filter)
  3. 3. Tush (Grace Potter And The Nocturnals)
  4. 4. Legs (Nickelback)
  5. 5. Cheap Sunglasses (Wolfmother)
  6. 6. Got Me Under Pressure (Duff McKagan's Loaded)
  7. 7. Beer Drinkers And Hell Raisers (Coheed & Cambria)
  8. 8. Just Got Paid (Mastodon)
  9. 9. Rough Boy (Wyclef Jean)
  10. 10. Waitin' For The Bus / Jesus Just Left Chicago (Daughtry)
  11. 11. La Grange (Jamey Johnson)

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