laut.de-Kritik

Für süßliche Melodien und konturlose Gitarrenriffs gibts mindestens die gelbe Karte.

Review von

"Paper Walls" erhält zwei gelbe Karten. Die erste Gelbe gibts fürs Albumcover. Warum muss das Artwork von Ami-Punkbands immer so kitschig und künstlich um die Ecke kommen. Den Sternenhimmel könnten Yellowcard auch beim letzten Fall Out Boy-Output abgemalt haben, und im Inlay erinnert Frontmann Ryan Key, wie er mit gebleichter Haarpracht umweht von zerknüllten Manuskripten im Spotlight steht, doch stark an den Chester Bennington früherer Tage.

An der zweiten Gelben schrammen die Jungs aus Kalifornien nur knapp vorbei. Obwohl, nein, ich überlege es mir anders. Als Schiedsrichter muss man manchmal hart durchgreifen.

Ich halte mich also an die alte Fußballwahrheit, die besagt, dass die versteckten Fouls die schlimmsten seien. Beim ersten Durchlauf tut "Paper Walls" noch keiner Fliege etwas zuleide. Eingelullt von den süßlichen Melodien und den konturlosen Gitarrenriffs bemerkt man kaum, was für Schrott sie da verkaufen.

Seitdem Hoobastank mit ihren Punkballaden in den Charts abräumten, wenden sich Bands wie Blink 182 und Sum 41 ihrer emotionale Seite zu. Dabei geht für mich die Quintessenz, der Spaß, verloren.

Nicht jedes Album muss vor Kreativität strotzen und höchsten Songwriteransprüchen genügen. Manchmal reicht es, frech drauflos zu rotzen und den Wohlstandspunk raushängen zu lassen. Ok, dafür waren Yellowcard noch nie berühmt, aber sie rockten schon mal auf der Warped Tour und konnten auf der Bühne neben Lagwagon und Less Than Jack bestehen.

Mit den weich gespülten Songs aus "Paper Walls" haben sie auf der Warped Tour aber nichts mehr verloren. Yellowcard haben sich für einen Weg entschieden und beschreiten diesen konsequent. Eine Konservenballade reiht sich an die andere, und obwohl ich Konsequenz über alles schätze: in diesem Fall artet es in Eintönigkeit aus.

Ihre Trademark, das Violinenspiels von Sean Mackin, halten sie beim Neuling angenehm im Hintergrund. Nur bei "Five Becomes Four" kann Mackin nicht widerstehen und dreht derart penetrant auf, dass ich mich frage, ob nicht vielleicht doch ein Feature von Vanessa Mae vorliegt.

Bei "Shadows and Regrets" harmoniert der Sänger abermals aalglatt mit dem Rest der Band, jauchzt sich in immer höhere Tonlagen, um dann auf diesem Niveau seinen Refrain an den Teenie zu bringen. Beim Arrangement von "Dear Boobie" muss ich unwillkürlich an Bright Eyes denken. Da leitet eine alte Dame, indem sie über ihre große Liebe plaudert, in die einzelnen Parts des von Rhythmusgitarre und Klavier dominierten Liedes ein. Tja, aber es singt eben nicht Conor, und textlich bedient auch dieses Lied alle Klischees der bedingungslosen Liebe.

Die Folgen von zwei gelben Karten muss man nicht erklären. Auftrittsverbot bis zur nächsten Scheibe wäre zwar hart, würde den Jungs aber Zeit geben, das Papier nicht zum Bau von "Paper Walls" sondern zum ordentlichen Texten zu nutzen.

Trackliste

  1. 1. Takedown
  2. 2. Fighting
  3. 3. Shrink The World
  4. 4. Keeper
  5. 5. Light Up The Sky
  6. 6. Shadows And Regrets
  7. 7. Five Becomes Four
  8. 8. Afraid
  9. 9. Date Line (I Am Gone)
  10. 10. Dear Bobbie
  11. 11. You And Me And One Spotlight
  12. 12. Cut Me, Mick
  13. 13. Paper Walls

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