laut.de-Kritik

Sprudelnder Indie-Pop für frankophile Melancholiker.

Review von

Allo, allo? Vive La Fête? Darf ich neuer citoyen in eurer Republique Populaire werden? Büdde büdde, s'il vous plaît! Doch halt: Wo Frohnkraisch drauf steht, ist ja Belgien drin. Egal, alles EU. Pense globale and come together. Danny Mommens, hauptberuflich dEUS-Basser, flüchtet mit seiner Angetrauten Els Pynoo in eine Welt voll analogem Feel Good-Elektro-Schwurbel-Pöp, der so herrlisch geprickelt hat in meine ähh, nun ja: Vive La Fête. Fürwahr, es lebe die Party, vor allem wenn dort "Tokyo" läuft, diese Wahnsinns-Visage-Kraftwerk-Kreuzung mit Modern Groove-Kick.

"Tokyo, Milano, Paris, New York" säuselt Mademoiselle Pynoo und man möchte ergänzen: "London, Munich, everybody's talking 'bout Pop Music". Herrlich. Wie schon beim Vorgänger, flutschten auch die "Republique Populaire"-Chansons wieder im Schlafzimmer von Danny und Els ins 8-Spurgerät. Der sinnlichen Aura dieses Raumes entsprechend, meinen wir den Odor einer beschwipsten Pariser Animierdame in breitmaschigen Netzstrumpfhosen zu inhalieren. Lechz.

Jaja, Paris. Liebe, Herz und Hormone spielten dort bereits bei der Nouvelle Vague-Bewegung in den 60ern eine wichtige Rolle, auch ein Fixpunkt im Vive La Fête-Kunstverständnis. Die Eleganz der Bardot und juveniles France Gall-Kieksen bezaubern im süßlichen "Mélancholie". Die Serge Gainsbourg-Heldenverehrung tritt in der "Lemon Incest"-Coverversion hochfrequentig schick zu Tage. Parallel dazu heftig androgynes Posing mit gefärbten Haaren und Schminktäschchen im Gesicht.

Das funktioniert: Ins Mikro wird gesungen, gesprochen, gejauchzt und geflüstert, wie es Mann und Frau gerade beliebt. Die populäre Republik regieren noch drei weitere Musiker mit, die das 80s-Liedgut mit Bass und Schlagzeug aufwerten. Der eckige Pop Francaise à la Rita Mitsouko in "Quand Tu Viendras" öffnet dadurch mein Herz auf Anhieb. Allein schon dieser lässig gurgelnde Bass. Oder die unerwarteten funky Gitarren im piepsenden Soft House auf "AAA". Parfait.

Reduziert sprudelnder Indie-Pop für frankophile Melancholiker oder großes Elektro-Kino im trashigen New Wave-Format. Ganz besonders empfehle ich, die Schmachtperlen "Beaucoup d'Amour" und "Le Forêt" anzutesten. Le Forêts bekannteren Bruder, "A Forest" von The Cure, spielen Vive La Fête übrigens auch gelegentlich live. Auf französisch. C'est la fête!

Trackliste

  1. 1. Tokyo
  2. 2. AAA
  3. 3. Quand Tu Viendras
  4. 4. Tout Sera Bien
  5. 5. Le Forêt
  6. 6. Je Suis Là
  7. 7. BM Double V
  8. 8. Mélancholie
  9. 9. BB
  10. 10. Ce Soir
  11. 11. Beaucoup D'Amour
  12. 12. Lemon Incest
  13. 13. Laisse Moi

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