laut.de-Kritik

Wenn altkluge Studenten versuchen, besonders weise zu klingen ...

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Ok, zugegeben, ein Sampler mit diesem Titel hat bei deutschen Indie-Pop/Rockern wie meiner Wenigkeit natürlich leichtes Spiel. Man steht ja nicht umsonst auf die drei Hamburger T-Shirt-Zitatmaschinen.

Und da die Stadt an der Elbe schrammeltechnisch gerade immer ein bisschen weiter abbaut, schaut man gezwungenermaßen auch mal in die Hauptstadt. Dort ist man ja redlich bemüht, durch diverse Sampler (z.B. "Berlin Macht Schule") die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was dann auch mehr oder weniger gelingt.

Weniger wäre dann diese kleine Compilation hier. Obwohl der Name die Sympathien auf sich zieht, kann der Inhalt in keinster Weise mithalten: altkluge Studenten versuchen in ihren Texten besonders weise zu klingen und machen dazu Musik für eine verrauchte Altherren-Bar, in der die Jura-Verbindung ihre Männerprobleme bespricht.

In den meisten Bands herrscht mehr Pop als Rock. Ok, dafür können sie nichts, aber muss Pop immer gleich heißen, dass der Sänger seine pseudo-intellectual lyrics ("Heinz ist Astronom ...") immer in einem so hohen, soo lieben und sooo verständnisvollen Tonfall rumsäuselt, dass es sogar Mädchen nicht mehr gefallen kann? Mit Sicherheit nein, deshalb fällt der Opener Schrottfisch auch gleich mal durch.

Die Nachfolger auf der Tracklist machen ihre Sache nicht unbedingt besser. Der zweite Fisch, Zimtfisch, könnte mit seinem Song "Scheiße oder Schön" glatt als Element Of Crime-Kopie durchgehen. Das locker flockige Piano und die versoffene Stimme sind einfach zu identisch mit Sven Regeners Output. Herr Nilson schinden mit ihren coolen Namen zwar einen ersten guten Eindruck, ihre endlos lange Instrumental-Gedüdel-Repeat-Schleife kann ich mir aber nicht durchhören. Auch Kokon nerven mit ihren klassischen Deutsch-Rock und einer Stimme wie der Sänger von Cucumber Men. Und die kennt ja heutzutage zum Glück kein Mensch mehr.

Einen klitzekleinen Lichtblick bescheren uns die elektronischen Wonderboys In Monsterland, die im Fahrwasser der Berliner Indietronic-Größen Tarwater mitschwimmen und mit ihrem Song zur Abwechslung auf dieser Platte mal nicht langweilen. Dafür sind dann lieber Post Holocaust Pop oder Transit zuständig. Vor allem letztere yiddeln da saxophonisch in verschwommenen Jazz-Welten vor sich hin, dass sie perfekt als Hintergrundmusik zur Kunstaustellung im dritten Semester passen würden. Studiengang Pädagogik.

Zum Glück hat der bereits oben angesprochene Sampler gezeigt, dass Berlin auch eine schöne musikalische Pop-Seite hat. Aber hier muss man sich wirklich nicht schämen, von 98% der Bands noch nie ein Wörtchen gehört zu haben.

Trackliste

  1. 1. Schrottfisch - Raumschiff
  2. 2. Splodge - Jelly Babies
  3. 3. Incrowd - Gallery
  4. 4. Zimtfisch - Scheiße Oder Schön
  5. 5. Herr Nilson - Kleines Europa
  6. 6. Rotes Haus - 27 Helferzellen
  7. 7. Post Holocaust Pop - Swallow
  8. 8. Herr Nilson - Milonga
  9. 9. Kokon - Das Pony
  10. 10. Geldb - Wolke Am Morgen, Fisch In Der Nacht
  11. 11. Blue Planet Sound
  12. 12. Zimtfisch - Schwarzweiss
  13. 13. Post Holocaust Pop - Love Is An Easel
  14. 14. Wonderboys In Monsterland - Mama Beatbiene
  15. 15. Transit - In Dunkler Nacht

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