laut.de-Kritik

Franzosen-Pop ist schwer angesagt ...

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Wenn ich an Frankreich denke, dann fallen mir so klischeehafte Dinge, wie Quiche Lorraine, Crêpes, Cidre, Bretagne, Paris, Liebe, Meer oder Alain Delon ein. Im musikalischen Bereich allerdings hätte mein Hirn schon nach Serge Gainsbourg, Vanessa Paradis und Jacques Dutronc ausgesetzt. Wie gut, dass es in Köln zwei Experten in Sachen französischer Popmusik gibt. Oliver Fröschke und Rolf Wittler haben das Label "Le Pop" gezeugt und somit auch den gleichnamigen Sampler, der mittlerweile zum zweiten Mal erscheint.

Bei der ersten Veröffentlichung hat man sich vielleicht noch gewundert, wieso gerade in Deutschland ein Label entsteht, das sich für französische Musik engagiert? Naja, wir Deutschen sind halt Fucking Independent, und spätestens jetzt sollte man vergnügt darüber sein. Franzosen-Pop ist schwer angesagt und für viele DJs eine willkommene Abwechslung auf den Plattentellern. Die französische Sprache hat es mir ja schon immer angetan. Auch wenn die jahrelange Folter in der Schule leider nicht dazu beigetragen hat, dass ich diese wunderbaren Chansons auf dieser Compilation wortwörtlich verstehe. Aber das muss man auch nicht. Die einfühlsame Musik und teils großartigen Pop-Hymnen sprechen für sich. Schon der erste Titel "Ca Alors" von Pascal Parisot ist eine anhängliche und muntere Ohrdusche. Wer hätte das gedacht, das Land der Baguettes und der L' amour verpacken ihre klassischen Schlager in groovige, verspielte Pop-Hits, auf die es sich auch noch wunderbar tanzen lässt.

Mit elektronischem Pop verzauberten uns hierzu Lande bisher die Franzosen von Air oder Daft Punk. Aber auch Namen wie Jerome Minière sollten demnächst die Top 50 bereichern. Sein Album "Petit Cosmonaute" erscheint Anfang April bei "Le Pop", Jerome ist einer der Stars der "Nouvelle Scène Francaise". Dazu gehören auch Dominique A (war auf Le Pop 1 schon zu hören) und Mathieu Boogaerts. Letzterer betört uns hauchend auf dieser Compilation mit "L'Espace". Er scheint am Ende des Songs seinen Asthmaspray verloren zu haben, oder was atmet der Mann so intensiv ins Mikro? Aber das nur nebenbei ...

Nicht mit "Samba in Mettmann", sondern mit "Samba De Mon Coeur Qui Bat" versetzt uns Coralie Clement an einen Strand, irgendwo am Mittelmeer. Weiche Rhythmen und lieblicher Gesang (da kann sich sogar Madame Paradis noch einige Male mehr die Stimmbänder ölen) mit einem Glas Pernod. Ein romantischer und verführerischer Genuss. Und mit "Charlotte" setzt die nächste Tanzhymne ein. Roméo verpasst uns die zweite Ohrbrause, bis die weiteren Stücke sich doch zu sehr im Sande verlaufen. Nichts Besonderes. Passen dann doch eher in die Klischee-Schublade. Superflu und Holden überzeugen mich hier nicht, trotz angeblicher Reife blühe ich erst wieder mit Albin de la Simone auf, der wohl in Frankreich noch zum sogenannten Nachwuchs gehört, aber hier mit seinem Debüt durchaus überzeugt.

Sehr schön "Si J' Etais Toi" von Mickey 3D. Eine französisch, rappende Variante à la Britpop from the Island. Melodische Gitarrenmusik, harmonische Orgelbegleitung und sexy Sprechgesang. Unter die Bettdecke zieht es einen dann wieder mit Vincent Delerm, der sich mit Irène Jacob in "Cosmopolitan" duelliert. Zum Abschluss schmeckt Camille das Ganze mit "1, 2, 3" ab und krönt somit als letzte süße Zutat diese musikalische Delikatesse. "Le Pop 2" ist eine charmante Einladung in die etwas andere französische Elektronik-Popwelt. Vive La Révolution! Vive La More! Vive Le Pop!

Trackliste

  1. 1. Pascal Parisot - Ca Alors
  2. 2. Jérome Minière - Les Yeux Tout Autour De La Tete
  3. 3. Coralie Clement - Samba De Mon Coeur Qui Bat
  4. 4. Roméo - Charlotte
  5. 5. Superflu - Tchin Tchin
  6. 6. Holden - Tunis
  7. 7. Albin De La Simone - Du Bon-Cote
  8. 8. Toog - Retour A Capri
  9. 9. Mathieu Boogaerts - L' Espace
  10. 10. April March - Le Code Rural
  11. 11. Lazzi - Le Canon Des Sourds
  12. 12. Olivier Libaux - L' Heroine Au Bain (avec Hélène & Katerine)
  13. 13. Toma - Facile
  14. 14. Mickey 3D - Si J' Étais Toi
  15. 15. Vincent Delerm - Cosmopolitan (avec Iréne Jacob)
  16. 16. Camille - 1, 2, 3

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