laut.de-Kritik

Fürs Ego braucht man derbe Battlestyles ...

Review von

Ich hasse die Dire Straits. Ich hasse ausgelutschte Samples. Das Intro zu "Aufstand Der Aufrechten" ausgerechnet mit dem abgenudelten "Brothers In Arms" zu unterlegen, kommt für das Album, was meine persönliche Sammlung betrifft, einem Todesurteil gleich.

Schlimmer wäre nur "Walk Of Life" gewesen - denke ich, und muss feststellen, dass mich Bayz Benzon und der alte Pelham, der sich wie üblich als Rap-Übervater inszeniert und seine neuen Pferdchen im Stall persönlich vorführt, mit einer vollen Breitseite erwischen. Mit einem Dire Straits-Sample. Darf das wahr sein?

"Brothers In Arms" hin oder her - der Einstieg ist mächtig, und die Zeit für die vier aus Frankfurt offenbar reif. Das finden sie zumindest und verleihen dieser Ansicht im gleichnamigen Track ausführlich Ausdruck. Im Grunde haben wir es auch hier mit einem Intro zu tun: Die Vorstellungsrunde geht weiter, textlich ist wenig zu holen, das klassische "Wir warten seit Jahren / Jetzt ist es soweit / Die Zeit ist reif" zeigt sich aber musikalisch angenehm umgesetzt.

Dramatische Streicher, ordentlich Wucht und ein Part von Moses Pelham begleiten "vier Typen auf dem Weg nach oben" - finster und theatralisch präsentiert man sich in Frankfurt ja gerne mal. Okay, langsam drängt sich mir allerdings die Frage auf, worum es sich bei diesem in jeder zweiten Zeile angekündigten "Aufstand Der Aufrechten" eigentlich dreht. Wofür oder wogegen wird sich da erhoben? Solange das nicht klar ist, bleib' ich erst mal sitzen.

Eine gewisse inhaltliche Konfusion durchzieht ein musikalisch mehr als amtliches Album. Bayz Benzon leistet an den Reglern tadellose Arbeit. Ob melancholisches Piano ("Himmelgrau"), straighter Synthiebeat ("Rap Ist") oder wunderbar melodische Gitarren (in "Hoffen", auch wenn hier die kitschige Hookline kaum auszuhalten ist) - stets schafft der Beat die passende Atmosphäre für die unterschiedlichen Szenarien und steht mächtig und zugleich unaufdringlich hinter den Texten. Bayz Benzon gelingen kompakte, bewundernswert ausgewogene Arrangements von Melodie und Bass. Einzig "Nur Diese Nacht" entstammt der Werkstatt der Nachtwandler, die zur Zeit ständig ihre Finger in jedem Spiel zu haben scheinen. So lange sich Klavier, Gitarre und Synthies derart satt verbinden, sind von mir dagegen allerdings keine Einwände zu erwarten.

Sauer stößt mir dagegen der textlich konzeptlose Gemischtwarenladen auf. Ein Aufstand ohne Richtung, Programm und Ziel ("Aufstand Der Aufrechten"), jaulende Herzschmerzlyrik ("Himmelgrau") und die in diesen Tagen überhand nehmenden Liebeserklärungen an den eigenen Nachwuchs ("Future") gehen mir gehörig auf den Keks, so lange sie - und da schwächeln UWVD ein wenig - nicht mit außergewöhnlichen Rap-Skills veredelt werden. Die Jungs können schon rappen, keine Frage. Mit Ausnahme-MCs haben wir es allerdings nicht - möglicherweise noch nicht - zu tun. Mehr als das Prädikat "in Ordnung" ist für die Technik nicht drin.

Klar, fürs Ego braucht man schon ab und an derbe Battlestyles. Eine Ansage wie "Jeder von uns fickt dich im Alleingang" ist mir da aber zu billig - auch auf diesem Gebiet darf es gern eine Spur einfallsreicher sein. Das geht: Kollege Tone hat's vorgemacht. Nur immer noch fieser als der andere dastehen zu wollen ("Der Typ", übrigens der einzige Track, den ich skippen wollte, weil der penetrante Orienteinschlag übel an den Nerven zerrt), reicht im Jahr 2006 einfach nicht mehr aus - zumal es den Kollegen auf diesem Feld an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft fehlt.

Das ausgefeilte Namedropping, mit dem "V.I.P." von Azad über Biggie und D.I.T.C. bis hin zu U-God den großen Vorbildern huldigt, halte ich dagegen für fast so gelungen wie meinen Favoriten "Rap Ist": Hängt man erst am Haken, bedeutet Rap tatsächlich die ganze Welt. Von dieser Sorte bitte mehr, dafür eine Spur weniger prollen und das Naidoo-mäßige Herumgeheule einstellen - dann wird das schon.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Zeit Ist Reif
  3. 3. Aufstand Der Aufrechten feat. Moses Pelham
  4. 4. Himmelgrau
  5. 5. Rap Ist
  6. 6. V.I.P.
  7. 7. Der Typ Feat. Illmat!c
  8. 8. Zeit Zurückdrehen feat. Cassandra Steen
  9. 9. Jeder Von Uns feat. Mainbrand
  10. 10. Future
  11. 11. Hoffen
  12. 12. Nur Diese Nacht
  13. 13. Where Is The Love feat. Linda Carriere

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