laut.de-Kritik

Wandlungsfähiger Sänger mit zu absehbaren Texten.

Review von

Meine Katze pflegt ihren eigenen Musikgeschmack, und das ist gut so. Nicht umsonst trägt sie den Namen des Hardcoregladiators. Madame Toni verlässt meuternd den Raum, sobald Ferris MC die Stimme erhebt. (Kostverächter!) Bei fies fiepender Elektronik wird schon mal die Box attackiert. Was sich in diesem Fall abspielt, habe ich allerdings noch nicht gesehen. "Straight" in den Player - und ein in Helikopterlautstärke schnurrendes Fellbündel kringelt sich in den Lautsprecher. Was ist bitte hier los?

Zeit, den traurigen Tatsachen ins Auge zu sehen: Offenbar füttere ich einen Rock-Fan. Genau das liefert Superstar-Gewinner Regner nämlich: Schnörkellosen, nicht besonders innovativen, gitarrenlastigen Rock. Ich gebe zu: Ich bin erstaunt - und ziemlich angetan.

Ich hätte mit deutlich kommerzielleren radiotauglichen Softie-Balladen gerechnet. Tatsächlich schwingt zwar über weite Strecken eine nachdenkliche Note mit. "Homeless Hearts" eignet sich problemlos zum Walzer tanzen, und die sachten Klavierklänge aus seinem Siegertitel "I Still Burn" dürften mittlerweile auch den Weg in jeden Gehörgang gefunden haben.

Dennoch bleibt die Linie klar: Regner ist mindestens ebenso Rocker, wie er Bayer ist, was auf seinem Debüt doch deutlich zum Ausdruck kommt. "Straight" bewegt sich gerade nach vorne und verursacht dabei selbst hartgesottenen Gitarrenmusikverächtern keineswegs Bauchschmerzen. Im Gegenteil: "Singular" passt prima in jedes Lagerfeuerrepertoire, und ich stelle fest, dass es sich zu "Hologram" ganz gut kopfnicken lässt.

Mit Tobias Regner befindet sich ein wirklich wandlungsfähiger, stimmgewaltiger und zudem elend sympathischer Sänger am Werk. Die Trumpfkarte seines Finalkollegen Mike Leon Grosch bestand von Anfang an in dessen unverwechselbarer Stimme. Tobias fehlt solch eine typische Note, er macht dies jedoch mit Abwechslungsreichtum mehr als wett. Er beherrscht die komplette Variationsbreite hoher, tiefer, sanfter und rauer Töne und hält die langen unter ihnen, ohne ein einziges Mal zu wackeln.

Regner hat Talent, und er bringt, für jemanden, der die "Wir basteln uns einen Star"-Maschinerie von DSDS überstanden hat, erstaunlich viel Bodenhaftung mit. Man sollte sich hüten, in diesem Kerl nichts als eine gecastete Marionette zu sehen. Einem, der gut macht, was er tut, dem verzeihe ich (ausnahmsweise und nur dieses eine Mal) die gruselig absehbaren Texte, die vermutlich ohnehin nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen sind. Der Versuch, Regner zum jungen einsamen Wolf zu stilisieren, gebiert reichlich "so sorry I hurt you"- und "waiting for you"-Blabla, das in seiner Austauschbarkeit seinesgleichen sucht.

Letztlich dürfen sich Jury und Publikum aber getrost auf die Schultern klopfen und sich zu ihrer Wahl beglückwünschen. Wenn es Tobias Regner künftig gelingt, sich nicht zum deutschen Abklatsch eines Jon Bon Jovi kastrieren zu lassen, dann sehe ich dem, das aus dieser Ecke noch kommen mag, mit Vergnügen entgegen.

Trackliste

  1. 1. She's So
  2. 2. I Still Burn - Radio Version
  3. 3. My One Mistake
  4. 4. Hologram
  5. 5. Homeless Heart
  6. 6. Singular
  7. 7. Someday
  8. 8. I Know
  9. 9. All My Life
  10. 10. Let It Die
  11. 11. In Your Hands
  12. 12. Another Second Chance
  13. 13. My First Time

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