laut.de-Kritik

Sackgasse, ick hör dir stampfen.

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Es ist schon komisch: Einerseits müsste sich die Fanbase der ersten Stunde längst abgewendet haben, denn dem frantic Indie-Punkrock aus "More Parts Per Million"- oder "Fuckin A"-Tagen haben die Thermals über die Jahre sukzessive abgeschworen. Schweiß, Wut und Tränen kamen schon auf dem politisch-religiös motivierten dritten Album in gemäßigter Silhouette daher, und mit dem neo-utopistisch verhauchten It's gonna be alright-Album "Now We Can See" präsentierten sich die Songs dann geradezu wohlgeformt und fast handzahm. Vorbei war es mit Uptempo-Singalong-Hooks für Pubcrawls und jugendliche Lofi-Euphoriebekundungen.

Nichtsdestotrotz werden Hutch Harris, Kathy Foster und Drummer Westin Glass nach wie vor von genau derselben Klientel verhandelt. In Foren und Magazinen diskutieren ebenjene treue Bandbegleiter, ob jetzt das erste Beziehungsalbum einen Schritt vor oder zwei zurück bedeutet. Genau darüber lässt sich nämlich auch diesmal wieder vortrefflich bis unendlich nachsinnen.

Einerseits entledigt sich "Personal Life" noch stärker als der Vorgänger vom Wahn der Jugend. Lärmenden Gitarrenkrach wird es wohl im Hause Thermals auf absehbare Zeit nicht mehr geben. Stattdessen wird präzise ausproduziert und Radiokompatibilität gerne (mit-)anvisiert. Andererseits gelingt der Band der Sprung hin zu einem Werk, das ausschließlich das zwischenmenschliche Love/Love-lost vertont, überraschend souverän.

Wie immer zeigen schon die Songtitel unzweideutig auf, worin es in den Tracks geht – entsprechend gefühlig besingt Harris den recht hübschen, um nicht zu sagen gefälligen Midtempo-Indierock und rückt die Thermals damit noch ein ganzes Stück weiter Richtung Guided By Voices. Man empfiehlt sich folglich als adäquate Nachfolger der Underground-Legende.

Daran ist bis auf den nicht vorhandenen Innovationsfaktor wenig auszusetzen, zumal Progressivität nie auf die Fahnen geschrieben stand. Das ein oder andere verbliebene "Oh-oh-a-oh" ("Your Love Is So Strong", "I Don't Believe You") wirkt unter diesem Blickwinkel allerdings auch ein wenig wie ein halbherziges Zugeständnis an die unvergängliche Anhängerschaft. Und diese weitere halbe Stunde damit zwar nett, aber nicht völlig konsequent. Sackgasse, ick hör dir stampfen.

Trackliste

  1. 1. I'm Gonna Change Your Life
  2. 2. I Don't Believe You
  3. 3. Never Listen To Me
  4. 4. Not Like Any Other Feeling
  5. 5. Power Lies
  6. 6. Only For You
  7. 7. Alone, A Fool
  8. 8. Your Love Is So Strong
  9. 9. A Reflection
  10. 10. You Changed My Life

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