laut.de-Kritik

Gestatten, Crackhure!

Review von

Um die seltsame Band The T.C.H.I.K. ranken sich Legenden. Sofern man sich die Mühe macht, diese in den Weiten der Blogosphäre aufzuspüren. Vom neuen Berliner Elektro-Hype ist da seit Monaten die Rede, ohne dass er richtig eintritt. Gut, die taz und der Tagesspiegel hoben mittlerweile auch schon die Augenbrauen angesichts der völlig losgelösten Druffnik-Crew, aber ist ein Hype dann nicht meistens schon vorbei?

Anyway: Das Majorlabel Universal war zur nächtlichen Zeit am richtigen Ort und castete die weiblichen Pegeltrinkerinnen vom Tresen weg. Oder man war Mitte 2009 auf einem K.I.Z.-Konzert, wo The Toten Crackhuren im Kofferraum erstmals größer in Erscheinung traten, und versuchte seitdem, den provokanten Bandnamen mit den nötigen Hits zu füllen.

Dr. Kristeenager, Luise Fuckface und den ansonsten lieber in der Anonymität herum prollenden Rest-Crackhuren dürfte es schnuppe sein. "Kommt jetzt gefälligst ins Kaffee Burger und kauft unsere Scheiß CD", erinnerte man die eigenen Fans erst kürzlich auf Facebook, wo der ganze Hype maßgeblich Fahrt aufgenommen hat. Die Freude ist echt.

Dies spiegelt sich auch wunderbar im Album "Jung, Talentlos Und Gecastet" wider. Angeführt von der zur Single erkorenen Disco-Peitsche "Ich und mein Pony" lassen die Berlinerinnen zumeist schmerzhaft selbstironisch ihren Trash-Lifestyle mit Wasted Girl-Hedonismus auf Deichkind-Furor und Ideal-Schnauze prallen.

Das muss man sich auf Tonträger vielleicht keine Stunde geben, aber welcher Longplayer vermag jene alten Tugenden heute überhaupt noch zu erfüllen? Das Album bietet in seinen besten Momenten Sloganeering für die ganze breite Partygemeinde ("Du willst es minimal", "In meinen Extensions weht der Sommerwind"), selbst Tourneen stehen unter dem Banner eigenständiger Parolen ("Besoffen fahren geht schneller als besoffen laufen").

Neben dem Pony-Song zählen auch die Bratz-Späßchen "Crackhurentanz" und "Ich hab keinen Spass" sowie der elegante Synthie-Pop in "Wir hassen Sport" oder "Katzenfleisch" zu den Hit-Momenten einer bewusst naiv gehaltenen Platte, die in ihrem Ballermann vs. Audiolith-Charme auf den knarzenden Siedepunkt hin produziert wurde.

Musikalische Redundanz wie in "Amt" oder Knalldoofes wie "Ronny & Clyde" füttern derweil die Vermutung, dass die Crackhuren vor allem für den Live-Auftritt geboren wurden.

Man wollte ursprünglich ja eh nur den Jungs der Band Schrottgrenze habhaft werden, wie irgendwann irgendwo mal zu lesen stand. Und so verbreiten die mit dem Party- und Paarungswillen der Bloodhound Gang ausgestatteten Riot Grrls auf ihrem Debüt genug Charme, um den Ponyhof noch eine Weile geöffnet zu halten.

Obwohl das lose Konglomerat aus vier bis neun Chicks On Speed nach eigenen Worten die Konditorei dem Turnraum vorzieht, sollte man sich die Live-Termine der Crackhuren mal anstreichen, und sei es nur um nachzuprüfen, ob das Anarcho-Tanzensemble in Sachen Spontan-Weirdness den Jungs von Bonaparte das Wasser reicht. Falls nicht, zitieren wir die Band halt selbst: "Wir sausen auf der Koppel rum / in China fällt ein Reissack um".

Trackliste

  1. 1. Spass muss sein
  2. 2. Ich und mein Pony
  3. 3. Crackhurentanz
  4. 4. Ich hab keinen Spass
  5. 5. Wir hassen Sport
  6. 6. Katzenfleisch
  7. 7. Amt
  8. 8. Die Wahrheit
  9. 9. Alles Lüge
  10. 10. Ronny & Clyde
  11. 11. Mutti Mutti
  12. 12. Zieht Eure T-Shirts aus
  13. 13. Bambi
  14. 14. Süsse Boyz
  15. 15. Lauft um Euer Leben

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