laut.de-Kritik

Von der Oscar-Auszeichnung in die unverkitschte Wirklichkeit.

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Die Karriere dieses Duos liest sich wie ein Märchen und die Fortsetzung des Films, der ihm den ganz großen Erfolg bescherte. In John Carneys Independent-Film "Once" (2007), in dem ein irischer Straßenmusiker in einer Blumenverkäuferin sein musisches Pendant trifft und dessen musikalische Karriere ins Rollen kommt, spielen der Frames-Sänger Glen Hansard und die tschechische Pianistin Markéta Irglová die Hauptrollen, die als The Swell Season bereits 2006 ihr weitgehend unbeachtetes Debüt-Album veröffentlicht haben.

Der Film wird überraschend zum Kassenschlager und mit dem Gewinn des Oscars 2008 für den Track "Falling Slowly" als Bestem Originalsong rücken die beiden endgültig ins schillernde Rampenlicht. Scheitert die Liebe der Protagonisten in "Once" noch an den Umständen, erfüllt sie sich dagegen in der Realität.

Mit "Strict Joy" haben Irglová und Hansard nun gemeinsam mit den Frames-Musikern ein Album eingespielt, das sich eines großen Medieninteresses gewiss sein kann und die Sensibilität als auch die Vielseitigkeit des Songwriters Hansard bestätigt. Dass dem Werk musikalisch und lyrisch weitgehend eine nachdenkliche Atmosphäre innewohnt, liegt wohl auch darin begründet, dass sich das Paar während der Aufnahmen schließlich doch getrennt hat.

Der Einstieg überrascht und mutet an wie Hansards urwüchsiger Versuch, sich aus der Enge der musikalischen Sentimentalitäten zu befreien. Da huldigt er mit dem Opener "Low Rising" zu Bläsern und mit expressivem Gesang dem Soul und schwelgt mit "Feeling The Pull" im dynamischen Folkpop, ehe er sich schließlich mit der Akustischen in "In These Arms" doch ganz der Fragilität hingibt, gekrönt von Irglovás markantem Gesang und Pianotupfern.

Musikalische Leisetretereien prägen auch im weiteren Verlauf das Album, wobei das Duo auf eine allzu süßliche Ausstaffierung verzichtet. Im Track "Fantasy Man" übernimmt Hansard die tragenden Gesangspflichten, während Irglová mit ihrer Zweitstimme zurückhaltend, aber effektvoll in Erscheinung tritt.

Die auf der Akustischen basierenden Songs "Fantasy Man", "Paper Cup" und Back Broke" sind an Eindringlichkeit kaum zu überbieten und münden in dem ergreifenden "Two Tongues", das mit seinen Pathos nahe an den "Once"-Hit "Falling Slowly" rückt.

Das Konzept der gediegenen Zweistimmigkeit geht jederzeit auf, bei aller Melancholie setzen die beiden der vokalen Harmonieseligkeit immer wieder etwas entgegen. Die dezente Folk-Psychedelik in "Love That Conquers" fügt sich ebenso erfrischend ins Gesamtbild ein wie das trübe Arrangement aus Bass und Piano in "I Have Loved You Wrong" oder die spannungsreich gesetzten Brüche in "High Horses" oder "The Verb".

"Strict Joy" entpuppt sich als niveauvolles Werk, das zaghaft um stilistische Öffnung bemüht ist, sich aber schließlich doch auf die Stärke der maßvollen Melancholie verlässt. Dieses schwierige Album nach dem immensen Erfolg des "Once"-Soundtracks führt vom roten Teppich der Oscar-Verleihung in die unverkitschte Wirklichkeit. Mit stimmungsvollem Songmaterial und dezenten Arrangements erfüllt es dabei die Erwartungen, ohne sich mit Duett-Schwelgereien anzubiedern.

Trackliste

  1. 1. Low Rising
  2. 2. Feeling The Pull
  3. 3. In These Arms
  4. 4. The Rain
  5. 5. Fantasy Man
  6. 6. Paper Cup
  7. 7. High Horses
  8. 8. The Verb
  9. 9. I Have Loved You Wrong
  10. 10. Love That Conquers
  11. 11. Two Tongues
  12. 12. Back Broke

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