laut.de-Kritik

Mehr 2001 geht nicht.

Review von

Wie sie da sitzen, die fünf alten Helden. Etwas abgekämpft vielleicht, aber offenkundig glücklich, wieder stressfrei zusammen zu sein. Oder besser: Als hätte ein Strokes-Bandsplit nach dem letzten Album "Comedown Machine" 2013 nie zur Debatte gestanden.

Das neunminütige Video-Interview, das die Band zur Veröffentlichung der neuen EP lancierte, passt zur Aufbruchsstimmung, die die drei neuen Songs verbreiten. Die Strokes befinden sich 2016 offensichtlich wieder in der Verfassung, mit der schweren Bürde ihres einflussreichen Debütalbums "Is This It" lässig umzugehen.

Nach dem wieder nur parziell überzeugenden "Comedown Machine" klang das nämlich noch anders. Auf eine Tournee verzichtete die Band, stattdessen erzählte Sänger Julian Casablancas bereitwillig, dass er während des Kompositionsprozesses die Zügel extrem locker gelassen hätte. Haben halt die anderen mal mehr gemacht.

Er selbst schien in Gedanken schon bei seinem neuen Projekt The Voidz zu sein, mit dem er 2014 "Tyranny" einspielte. "Ich möchte neue Sachen ausprobieren, die eine größere Bedeutung haben [als die Strokes]", ließ Casablancas damals seine erschreckte Fangemeinde wissen.

Ironischerweise schimmert durch den EP-Opener "Drag Queen" (Credits: Casablancas, Moretti, Valensi) mit unerwartet düsterem Joy Division-Monotonie-Kickstart jetzt vor allem Casablancas' Freischwimmer-Diplom "Tyranny". Seine mechanisch verfremdete Stimme passt sich der apokalyptischen Umgebung an und erst wenn Hammond Jr. in der zweiten Strophe seine klassischen, punktuellen Gitarrenlines in den Sound verwebt, kommt beim Fan eine Art Aha-Feeling zurück. Töne zu treffen ist hier jedoch sicher nicht Casablancas' vorderstes Ziel gewesen, "Drag Queen" fungiert mehr als atmosphärisches Experiment, das - trotz kurzzeitigen Corgan-Gekreisches gegen Ende - nach mehrmaligem Hören durchaus gelingt.

Die anderen zwei Songs muss man sich nicht so hart erarbeiten, gleichzeitig sind sie zum Glück spannend genug, um das Level zu halten. "OBLIVIUS" beginnt zwar als extrem unauffällige Fingerübung, bei der maximal Julians unorthodoxe Wortbetonungen auffallen, mündet aber in einen hymnischen Refrain, der noch mal in Erinnerung ruft, mit welcher Kraft diese Band vor 15 Jahren das Business umkrempelte. Obwohl Hammond hier sein geilstes Solo platziert, ist der allein von Casablancas geschriebene Track "Threat Of Joy" mein EP-Favorit.

Mehr 2001 geht auch gar nicht: Julian spielt einmal mehr den Lou Reed der next generation, murmelt Phrasen vor sich, bevor Basser Fraiture und Drummer Moretti den undurchlässigsten Retro-Rock-Beat der Nullerjahre runterspielen.

Den drei neuen Songs werden drei überflüssige Radio-Edits zugefügt sowie ein elektronischer "OBLIVIUS"-Remix von Moretti, der aber lange nicht an sein EODM-Cover zu "I Love You All The Time" heranreicht, das er mit Valensi und Beck aufgenommen hat.

"Future Present Past" ist ein cooler Appetizer für alles (derzeit nicht bekannte) Kommende der New Yorker. Und selbst wenn erst mal nix mehr kommt: Wie oft denkt man bei einem neuen Studioalbum: "Ne EP hätte eigentlich auch gereicht?"

Trackliste

  1. 1. Drag Queen (Radio Edit)
  2. 2. OBLIVIUS (Radio Edit)
  3. 3. Threat Of Joy (Radio Edit)
  4. 4. Drag Queen
  5. 5. OBLIVIUS
  6. 6. Threat Of Joy

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