laut.de-Kritik

Das knallt nicht nur: das explodiert.

Review von

Gäbe es in Omaha, Nebraska Geysire, wäre der erste Song auf diesem exquisiten Ohrenschmaus der Moment der Explosion des kochendheißen Wassers. Die Fünf pfeffern schon ab Sekunde Sieben mit ihren hollywoodreifen Punk-Glam dermaßen in die Augen, dass daraus nur resultierenden kann: lauter drehen.

The Faint vertreten lautstark das Straighte und Klare der 80er, verzichten dabei aber auf Gel-Frisuren. Das hat Klasse und die Band spielt damit. Style bleibt aber nicht nur ein Wort, er wird zum Bandmitglied. Keine Sekunde achten sie nicht auf die Ausstrahlung - visuell oder akustisch. Alles ist durchdacht bis ins Detail: keine Konzerte ohne Schminke und dunkle Tracht, kein Ton der nicht vollkommen ins Konzept passen könnte und keine Sekunde Musik, die nicht wenigstens halbwegs sexy ist (Paradebeispiel dafür ist der rockende Hüft- und Lippenschwung in "Posed To Death"). Wo bis vor kurzem noch Ladytron und ihre Mitläufer mit einer fast schon überzogenen Niedlichkeit quasi die Weicheier-Fraktion des 80er-Revival bildeten, treten die Baechle-Brüder und ihre Helferlein voll in selbige Hodensäcke hinein.

Auch wenn hier und da ein wenig Depeche Mode-Stadion-Pop durchscheint ("Total Job") oder der Sarg mit synthetischen Orgeln zu Grabe getragen wird ("The Conductor"), haut der dicke Beat doch immer rechtzeitig kräftig auf die Ohren. Unüberhörbar dringt der Punk-Einfluss zwischen die fordernden und gerne verstrickten Electro-Beats, die mühelos diejenigen auf die Plätze verweist, die dachten, dass schon Zoot Womans "Living In A Magazine" ein Rocker wäre. The Faint kann man nicht als weitere laue originalgetreuen Retro-Aufpuscher abschreiben, sondern lieber als das perfekte Bild für das aktuelle Miteinander der verschiedenen Szenen verehren, die sich vor noch gar nicht so langer Zeit die Birnen eingeschlagen haben.

Perfekt verschmelzen sie ihre wavigen Einflüsse mit der direkten Härte des Punkrock und kombinieren die dunkle abwehrende Mystik der Gruft und mit einer fast schon aufdringlichen 80er-Pop-Eingängigkeit, die es locker mit einem "Gib Gas"-Markus aufnehmen kann. Nur mit dem feinen Unterschied, dass hier trotz manchem ironische Unterton (man schaue sich nur Songtitel wie "Posed To Death" oder "Your Retro Career Melted" an) alles andere als lustig zu gehen soll: Spaß gehört in einer andere Sparte. "Danse Macabre" ist ein mitkreischendes Durchdrehen im negativen Sinne. Es knallt nicht nur: es explodiert unaufhaltsam direkt in deine Ohren.

Trackliste

  1. 1. Agenda Suicide
  2. 2. Glass Danse
  3. 3. Total Job
  4. 4. Let The Poison Spill Form Your Throat
  5. 5. Your Retro Career Melted
  6. 6. Posed To Death
  7. 7. The Conductor
  8. 8. Violent
  9. 9. Ballad Of A Paralysed Citizen

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT The Faint

Omaha, Nebraska, klingt alles andere als eindrucksvoll. Ist es auch nicht. Aber wie so oft entwickeln sich in den langweiligsten Gegenden die aufregendsten …

10 Kommentare

  • Vor 21 Jahren

    ....komm gerade vom Konzert....the Faint hat höllisch gerockt und Melodie war auch dabei....In München haben sie Radio 4 definitiv an die Wand gespielt. Aber Radio 4 ist auch sehr gut....egal, hat von euch schon jemand "danse Macabre"? Ich idiot hatte nicht genug geld dabei um es mir auf dem Konzert zu kaufen. Viele haben sich Vinyl geholt....Wie findet ihr das album?
    Das Publikum war übrigens einmalig und ist voll abgegangen....war ganz anders als auf dem Libertines Konzert (hier in München).....

  • Vor 21 Jahren

    Kenne bisher nur "Agenda Suicide" und das ist endlos geil!!

    Kommt nur mir das so vor, dass der Sänger extrem nach Damon Albarn klingt?

  • Vor 21 Jahren

    Ja, ist mir auch aufgefallen...