laut.de-Kritik

Für Leute, "die fähig sind, Gefühle zuzulassen"!

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"Leute, die fähig sind, Gefühle zuzulassen, werden die Tiefe in meinen Songs erkennen. Männer hingegen, die sich mit ihrer Freundin lieber zu Hause Stallone-Streifen reinziehen, wohl eher nicht." Da muss ich erstmal kurz überlegen, zu welcher Sorte ich gehören will, zu den "Leuten" oder zu den "Männern"?

Wohl eher zu den "Leuten". Denn viele Stücke auf Sven Schumachers Solodebut klopfen durchaus an an Herz und Gemüt, und verbreiten, lässt man sie ein, dort eine angenehm wohlige Wärme. Das gilt für den Opener ebenso wie für das folgende "Different": die eingängige Melodie der Strophe führt elegant in einen eingängigen Refrain, und wie es sich für einen anständigen Popsong gehört, ist der Spuk nach knapp vier Minuten auch schon vorüber.

Auch wenn der Opener das dementiert: Einsamkeit, Angst und Melancholie dominieren ganz deutlich den Themenkreis des Albums. Reichlich Gelegenheit für Schumacher, mit seiner ausdrucksstarken und variablen Stimme in abgelegene Gefühlsbereiche vorzustoßen. Das stimmliche Potential des früheren GUM-Sängers ist wirklich beeindruckend: Es reicht von ganz zart in höchsten (Falsett-)Regionen bis hin zum rauhesten Säuferkrächzen und hilft mit ausgefeilter Vibrato-Technik über schwächere Songs wie "Lonely Vampire" hinweg (wenn auch nicht über das unsägliche "Hey Little Girl"-Cover). Allenfalls könnte man sich fragen, ob einer, der das englische th dermaßen lispelt, wie Schumacher in "High", nicht lieber in seiner Muttersprache singen sollte.

So fies kann natürlich nur ein "Mann" sein und als solcher will ich mich jetzt doch noch outen. Auch wenn Stallone-Streifen gucken keineswegs meine bevorzugte Beschäftigung ist (schon gleich garnicht mit Freundin), finde ich doch, dass hier mit der Streicherkanne zu großflächig gegossen wurde. Wo nicht, wie in dem schon genannten "High", werden die "Lücken" sogleich mit grausigem Chorschmalz verkleistert. Doch "emotionale Kraft", lieber Sven, kommt von innen, und nicht "vom Orchester drumrum".

Trackliste

  1. 1. You're Not Alone
  2. 2. Different
  3. 3. High
  4. 4. Lonely Vampire
  5. 5. Play With Me
  6. 6. More Than I Can Say
  7. 7. Snow In June
  8. 8. Hey Little Girl
  9. 9. Just Don't Wanna Know
  10. 10. Ride
  11. 11. Love Is Like Heroin
  12. 12. Youth Was Wild

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