Porträt

laut.de-Biographie

Shindy

"Du hast dich zum Freestyle-MC gekrönt, Fard, aber jede Frau erliegt meinem Olivenöl-Charme", gibt ein geschniegelter Halbgrieche mit zu großer Sonnenbrille im 16bars-Interview zum Besten. Lasziv zieht er an seiner Kippe. Mit seinen gegelten Haaren, der teuren Jacke und seinem lässigen Auftreten wirkt er wie der kleine Bruder von Kay One: eine Wahlverwandtschaft, mit der Shindy später nichts mehr zu tun haben will.

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Shindy, zu diesem Zeitpunkt noch Michael Schindler, wächst im baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen auf, nahe der Landeshauptstadt. Als Sohn eines deutschen Vaters und einer griechischen Mutter verbringt er seine Kindheit mit Fußballspielen und kommt im zarten Alter von elf Jahren das erste Mal mit Rap in Kontakt.

Drei Jahre später bläst ihn in ein "Up In Smoke"-Tour-Video von Dr. Dre, Snoop Dogg, Eminem und Konsorten so um, dass er selbst ein ganz Großer werden will.

Mit "Fuck Bitches, get money. Das ist Motto. Schon seit der Kindheit" stellt er sich den Kollegen von rap.de vor. Bevor er in die Fänge von Kay One gerät, veröffentlicht der Wahl-Berliner einige Free-Tracks und sorgt so für erstes Aufsehen. "Er ist für mich die Zukunft des Deutsch-Rap", so der Frauenversteher aus dem Bodenseeraum, Kenneth.

Zunächst gehört Shindy zu Kays Crime Payz-Crew, einer Ansammlung von Rappern und Sängern, die zusammen abhängen. Über dieses Sprungbrett kommt er mit Bushido in Kontakt. Nach gegenseitigem Beschnüffeln steht fest: Shindy ist fresh und seit Beginn des Jahres 2012 Teil von Ersguterjunge. "Arafat, Bushido und ich beschlossen, dass wir den jetzt pushen", so sein Mentor gegenüber 16bars.de. "Er ist auf so einem eigenen Mister Sunshine-Film."

"Ich wollte eigentlich so werden wie der Typ von Wallstreet ... Gordon Gekko. Weil der hat immer so geile Frisur und Hemden unso. Maßgeschneidert. Aber Rappen is' doch cooler." Genau. Die erste größere Rap-Präsenz liefert der Möchtegern-Geldhai auf seines Entdeckers zweitem Solo-Album "Prince Of Belvedair" mit zwei Gastbeiträgen.

Die traute Zweisamkeit mit Kay One erledigt sich aber bald. Der gerät sich mit Bushido in die Haare. Von Shindy als Neuzugang bei Ersguterjunge ist zwischendurch keine Rede mehr. Dann zoffen sich auch er und Kay, und plötzlich scheint Shindy doch wieder ganz dicke mit Bushido.

So dicke, dass er auf dessen Veranlassung den Disstrack "Alkoholisierte Pädophile" in den Äther entlässt, in dem er Kay One und dessen Stiefvater und Manager seinen ganzen aufgestauten Unmut spüren lässt. Die geschmähte Seite regt sich fürchterlich auf und leitet rechtliche Schritte ein.

Für Shindy nur gut: Jede Presse ist gute Presse. Dass der Track, der auf seinem Debütalbum "NWA" später der rechtlichen Händel wegen fehlt, nur einen Vorgeschmack darstellte, zeigt wenig später die Vorabsingle "Stress Ohne Grund". Insbesondere der Featurepart Bushidos, in dem er Prominente und Politiker halbdutzendweise brüskiert, schlägt Wellen bis in die Abendnachrichten.

Ihren Beef pflegen Kay und Shindy über alle sozialen Kanäle mit einer Leidenschaft, dass man kaum daran vorbei kommt. Alles nur PR? Während Kay zwischenzeitlich den Rapper in sich vergisst und lieber auf RTL2 seine Traumfrau sucht, legt Shindy musikalisch nach: "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" erscheint im Herbst 2014. Damit wäre das Motto seiner Kindheit also endlich verarbeitet, der Kreis schließt sich. Hurra!

Mit seinem Busenfreund Bushido kredenzt Shindy mit "CLA$$IC" quasi das deutsche "Watch The Throne". Jedoch kommen beide Protagonisten nicht an den Glanz von Jay Z und Kanye West heran, weil Bu und Herr Schindler einfach nicht harmonieren.

Shindy - In Meiner Blüte
Shindy In Meiner Blüte
Eine tragische Affäre: Selbstschutz durch Schickeria.
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2016 gehts trotzdem gleich doppelt ab für den schwäbischen Griechen. Zum einen erscheint seine Biografie "Der Schöne und die Beats" und enttäuscht mit wenig Inhalt. Zum anderen dürfen sich seine Fans über sein heiß ersehntes drittes Album "Dreams" freuen.

Überhaupt keinen Grund zur Freude haben seine Anhänger dagegen bei der limitierten Box: Deren Inhalt wird vor Release streng geheim gehalten und lediglich mit "ein hochwertiges Textilprodukt" beworben. Wie sich herausstellt, ist die "Dreams"-Box eine einzige Frechheit: Album, DVD mit Single-Videos, Download-Code zu einigen Remixen seiner Songs und ein unfassbar billig produzierter Rucksack sprechen eine deutliche Sprache.

Nach dem Release von "Dreams" taucht Shindy zunächst ab. Verständlich: Zwischen den Fronten des zwischen Bushido und Arafat Abou-Chaker entbrannten Rosenkriegs lebt es sich gewiss recht unruhig. Wie zwei zerstrittene Ehepartner betreiben die beiden Streithähne Tauziehen um das "Sorgerecht" für ihr Labelbaby Shindy. Als "absoluten Psychoterror" beschreibt dieser diese Zeit rückblickend.

Am Ende unterschreibt Shindy weder beim einen noch beim anderen: Seine Comeback-Single "Dodi" erscheint im Januar 2019 bei seinem eigenen Label mit dem vielsagenden Namen Friends With Money. Das zugehörige Album "Drama" folgt im Sommer, passend zum Titel begleitet von etwas juristischem Drama um Shirin Davids Featurepart in "Affalterbach".

Ein Album erscheint wie angekündigt, Konzerte werden gespielt wie angekündigt: normale Sache, möchte man meinen. Shindy jedoch hebelt in den kommenden Monaten derlei Gesetzmäßigkeiten gründlich aus. Nach erneuter monatelanger Funkstille veröffentlicht er im August 2021 den Song "Im Schatten Der Feigenbäume". Das zugehörige Album soll "In Meiner Blüte" heißen, statt eines Veröffentlichungstermins erfährt Shindys Fangemeinde (die die sündhaft teure Box, die erneut ein "hochwertiges Textilprodukt" enthalten soll, ein Seidentuch diesmal, bereits treu und fleißig vorbestellt und bezahlt hat), dass das Album auf unbestimmte Zeit verschoben wird. "Fragwürdige Vertragsverhältnisse" sowie "diverse vertragliche und steuerliche Schwierigkeiten und Ungereimtheiten" führt Shindy als Begründung an.

Ähnliches Spiel bei seiner "Forever"-Tour. Die sollte eigentlich 2022 über die Bühnen gehen. Shindys Anhänger*innenschaft erwirbt brav und zahlreich Tickets, auch die VIP-Versionen für satt dreistellige Preise finden reißenden Absatz. Bloß: Die Tour findet nicht statt, im März 2022 entschuldigt sich Shindy mit gesundheitlichen Problemen. Auf eine Erklärung (oder gar eine Rückerstattung der angefallenen Kosten) wartet Shindys Kundschaft so vergeblich wie auf das noch immer nicht erschienene Album "In Meiner Blüte".

Auch eine groß angekündigte Interview-Serie mit dem Musikjournalisten Jan Wehn liefert keinerlei Aufschluss über die wirklich interessanten Punkte. Angeblich soll der dritte Teil des Gesprächs alle offenen Fragen zu Album- und Tour-Situation beantworten, allein: Er erscheint nie, sei "von meinen rechtlichen Beratern so stark zensiert" worden, "dass mir die Lust an einer Veröffentlichung vergangen ist".

2023 ein neuer Anlauf: Shindy verspricht eine weitere Single ("Geld Machen Jung", bei dem "hochwertigen Textilprodukt", mit dem zusammen sie im Bundle vorbestellbar ist, handelt es sich diesmal um ein T-Shirt) und gibt frische Termine für seine "Forever"-Tour bekannt, die inzwischen allerdings deutlich weniger Stationen umfasst. Was die Fans mit Tickets für die nun nicht mehr angelaufenen Städte machen sollen? Das behält Shindy so für sich wie lange Zeit den Erscheinungstermin von "In Meiner Blüte", das schließlich im Juni 2023 erscheint.

Shindy hat sich trotzdem zum Ziel gesetzt, deutschen Rap wieder chic und modisch zu gestalten. Mit eigener Modelinie, gegelten Haaren und penibel getrimmtem Bart wickelt er die Jugendlichen um den Finger - offensichtlich ausgesprochen nachhaltig. Seine Ausstrahlung und sein Hang zu cheesy Hooks machen den Jungen aus Bietigheim-Bissingen eben aus.

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