laut.de-Kritik

Wie grobes Sandpapier im Ohr.

Review von

Nur ganz kurz halten sich She-Male Trouble mit Geplöngel, äh, Geplänkel auf, dann gehen sie in die Vollen. "Off The Hook" heißt so was wie "Aus der Verantwortung entlassen". "Off The Wall" würde besser passen, das lässt sich mit "verrückt", "irre" übersetzen. Und in der Tat klingen She-Male Troubel ziemlich durchgedreht. Rotzrock mit "Kost-Benzin-auch-3-Mark-10"-Pedal to the metal-Attitüde wird dem Hörer derart charmant um die Löffel gewatscht, dass man sich nur noch ergeben kann.

Beim Opener "Down The Drain" strapaziert Sängerin Carol ihre Stimme derart, dass man meint, man hätte grobes Sandpapier am Ohr. Wie von Sinnen geben die Berliner während der ersten beiden Tracks Gas, jedoch nicht ohne ein gehöriges Maß an Melodie einzustreuen. Rock'n'Roll kann so schön sein. Bei "Shortcut To Heaven" regiert so etwas wie Romantik, jedoch nicht, ohne den musikalischen Druckausgleich aus den Augen zu verlieren. So kippt es nicht ins Schnulzige.

Und so rocken und rollen sich She-Male Trouble von Song zu Song. Mit allem, was so dazu gehört zum großen Rockzirkus: Schellenkranz, Handclaps, trockene Drums, Vibraslap. Nur eine Cowbell vermisse ich. Die Single "I Never Forget" zeugt von der routinierten Songwriterarbeit, die bei den Fünfen geleistet wird. Neu erfunden wird hier nix, aber die Mischung machts.

Die Songs rocken hart und knackig, ohne unter der eigenen Last zusammenzubrechen, die Stimme La Rocks positioniert sich als die wohl markanteste deutsche Rockfrauenstimme seit Doro Pesch, und die Band agiert wie aus einem Guss. Und sie scheren sich nicht um Genregrenzen. Wenn's rockt, rockt's, wenn's punkrockt, rockt's punk. Und eine Rockballade, ist eine Rockballade, "Don't You" besitzt ja schon fast sowas wie Hitpotenzial!

Am Ende der guten halben Stunde steht keine besondere Erkenntnis. Die braucht es auch gar nicht, denn She-Male Trouble beweisen, dass Rock'n'Roll keinerlei Daseinsberechtigung oder Rechtfertigung braucht, außer der, sich selbst zu genügen. Und das schafft "Off The Hook" ganz locker, darüber hinaus macht es noch einen Riesenspaß, dabei zu sein. Der Band wäre nur noch zu wünschen, dass diese Platte ihren Bekanntheitsgrad noch ein wenig mehr erhöht.

Trackliste

  1. 1. Down The Drain
  2. 2. Between The Lines
  3. 3. Shortcut To Heaven
  4. 4. Ancing Bar
  5. 5. I Never Forget
  6. 6. There'll Be No One Clappin' Hands At The End Of The Play
  7. 7. My Sweetest Enemy
  8. 8. Don't You
  9. 9. Circus Minimus
  10. 10. Losin' Ground
  11. 11. Where Beagles Dare
  12. 12. One By One
  13. 13. Invisible Friend

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