laut.de-Kritik

New Rave-Fahnen auf Halbmast.

Review von

Wer sich in den letzten Jahren mit der Musik von Sharam Jey beschäftigt hat, weiß dass er gerne zwischen Genres hin und her pendelt. Ob House, Electro, Techno oder Breakbeats, der Kölner DJ und Produzent vermengt gerne alle Spielarten elektronischer Musik zu einem homogenen Ganzen. Das außergewöhnliche Mischen der Stile ist sein gewöhnliches Programm.

"In My Blood" erscheint auf dem eigens ins Leben gerufene Label King Kong Records und tritt wieder mit Stilvielfalt, einer international gespickten Feature-Liste (Princess Superstar, Nik Valentino oder Tommie Sunshine) und den besten Tracks, die Jey in 15-monatiger Studioarbeit aus den Reglern drehte, auf. Für sein zweites Album wählte er 13 aus 30 fertiggestellten Songs aus, dabei lautete das strenge Credo des Auswahlverfahrens, keine Mittelmäßigkeit zu verwerten.

Legt man das Album ein, macht sich trotz der zitierten scharfen Trackfilterung erst einmal genau jene Mittelmäßigkeit breit. Etwas durchschaubare Arrangements und abwechslungslose Songskizzen bestimmen die Selektion.

Statt den zu erwartenden elektronischen Spielereien legen sich verschiedene, allerdings meist simple Gitarrenriffs über das Schema, lassen die Tracks dabei wie New Rave-Fahnen auf Halbmast wehen. Der Stilausflug geschieht ohne die letzte Konsequenz, wirklich verzerrt, noizig oder mit kompromisslos abgehackten Samples zu marschieren, wie es die Blaupausen-Vorbilder Boys Noize oder Justice erledigen.

Einigen Liedern mag man daher kein wahres Tanzvergnügen abgewinnen. Zu angepasst an Billig-Bratzelei, zu simpel auf stumpfes Abgehen und die Vorlagen erfolgreicher Nachbarn bedacht. "Revolution" gleicht Passagen Daft Punks "Aerodynamik" erschreckend ähnlich, "In My Blood" füttert sich mit Flächen, die zu nahe der Digitalism'schen Produktionen liegen, "Loving Me Loving U" tanzt stellenweise zu eng mit Donna Summers "I Feel Love"-Synthesizern.

Richtig gut wird das Album allerdings, wenn Jey seine Vergangenheit als Sänger einer Rockband auch auf Produktionsebene hinter sich lässt, sich dafür mehr der verspielten, vertrackten Electronica widmet, die er beherrscht und ihn bislang auch auszeichnete. Wenn der Sound flickert und klickert, wenn 80er-Synthies aufleben und New Wave-Romantik schwelgt, wenn der Bass groovt. Verstummt die verzerrte Gitarre, hat "In My Blood" einiges vorzuweisen.

"Dear Valentine" wie "Unique" hätten ihre Bestimmung in Achtziger-Soundtracks für Blockbuster der Marke Top Gun gefunden, "Monday Morning" lädt mit Princess Superstar zum Hip House im Booty Bass-Club ein, "BoomBoomBoom" startet als Electro-Boogie mit verspieltem Filtereinsatz durch. Gut produziert, spannend arrangiert. So kommt das dem Prädikat King Kong schon viel näher.

Mit Nik Valentino steht dazu ein guter Sänger parat, der den Tracks einen Touch housiger Sexyness einhaucht ohne sie cheesy klingen zu lassen. "Army Of Men" überzeugt mit dem süßen, zarten Gesang der schwedischen Sängerin Cornelia in weichem Electrohouse. Noch besser gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Tommie Sunshine in "The Things", leicht poppig, treibend, Ohrwurm.

Kümmert sich Sharam Jey weniger um ausgelutschte New Rave-Prime Time-Schemen, liegen die Resultate weit entfernt von Mittelmäßigkeit.

Trackliste

  1. 1. Revolution
  2. 2. In My Blood ft. Nik Valentino
  3. 3. Fists Of Fury
  4. 4. Army Of Men ft. Cornelia
  5. 5. Dear Valentine
  6. 6. Sleep Walk ft. Nik Valentino
  7. 7. Unique
  8. 8. Monday Morning ft. Princess Superstar
  9. 9. BoomBoomBoom
  10. 10. Hearts Of Stone ft. Andreas Hogby
  11. 11. The Things ft. Tommie Sunshine
  12. 12. Loving Me Loving U
  13. 13. The More That I Do ft. Nik Valentino

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