laut.de-Kritik

Für den sommerlichen Treff im Park

Review von

Piebald wären ja eigentlich zu den Emo-Schlonzern zu rechnen, die gerne auch mal ein bisschen punkig um die Ecke kommen. Oder andersrum. Aber irgendwie besitzen sie eine Bandbreite, der beide Stilbezeichnungen nicht wirklich gerecht werden. Klar geht es auch auf "All Ears, All Eyes, All The Time" gehörig emotionsgeladen zur Sache, und sie langen auch ganz gerne mal punkstyle in die Vollen.

Doch gleich beim herrlichen Einstieg "The Benefits Of Ice Cream" (die wohl niemand bestreiten kann) wird man sofort wieder daran erinnert, wie bekloppt Schubladendenken eigentlich ist. Nach kurzem Elektro-Geflirre entwickelt sich ein mitreißender Song mit einer derart einprägsamen Melodie, dass das folgende "Present Tense" fast darunter leidet. Was nicht weiter weh tut, ist dieser Song doch ein eher mittelmäßiger Stampfer. Ungleich besser klingt schon wieder "Human Taste Test", wenn auch die Zeile "Help me with this Q-Tip" ein wenig abschreckt. Klingt nicht lecker.

Irgendwie scheinen sich Piebald ständig zwischen Genie und Wahnsinn zu bewegen. Nicht in künstlerischer Hinsicht, es wirkt nur so, als hätte die Hälfte der Songs auf diesem Album es auch als B-Seiten getan. "Haven't Tried It" mit seinem Kinderlied-Intro wirkt in seiner Poppigkeit schon fast debil, dennoch eingängig, "The Jealous Guy Blues" oder "This Giving Cup" wirken hingegen simpel, aber großartig. Letzteres, aber auch "Part Of Your Body Is Made Out Of Rock" - poetischer Titel übrigens - erinnern schon ein wenig an Phantom Planet auf ihrem Debüt, ein Gespür für Melodien haben Piebald auf jeden Fall.

Diese poppige Simplizität zieht sich durch das ganze Album, mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger. Auch wenn die Songs für sich gehört eingängig und manchmal durchaus recht schön sind, hinterlässt das Album als Ganzes keine konkrete Erinnerung. Dazu geht es auf "All Ears, All Eyes, All The Time" zu durcheinander. Wie ein großer Pott Püree. Nach dem flink rockenden "The Song That Launched A Thousand Ships" folgt mit "Put Your Slippers On Instead" eine lächerlich süße Ballade über das ruhige Leben. Wenn das ernst gemeint sein soll ...

Hinter der recht platten Anspielung auf 50 Cents Album "Get Old Or Die Trying" versteckt sich noch mal ein sonniger Rocker, bei Piebald weiß man halt nie, was als nächstes kommt. Das stört Fans sicher nicht, aber den ungeübten Hörer irritiert es doch ein wenig. Vor allem, wenn man liest, dass Paul Q. Kolderie dieses Album produzierte, der immerhin schon mit den Pixies gearbeitet oder Radiohead das Debüt geschnürt hat. Darum hält sich die Begeisterung in Grenzen, auch wenn ein paar der Songs ganz gut in das tragbare Abspielgerät für den sommerlichen Treff im Park passen.

Trackliste

  1. 1. Benefits Of Ice Cream
  2. 2. Present Tense
  3. 3. Human Taste Test
  4. 4. Jealous Guy Blues
  5. 5. All Senses Interlude
  6. 6. Haven't Tried It
  7. 7. Giving Cup
  8. 8. Part of Your Body Is Made Out Of Rock
  9. 9. Song That Launched A Thousand Ships
  10. 10. Put Your Slippers On Instead
  11. 11. Get Old Or Die Trying
  12. 12. New Boston Interlude
  13. 13. All Senses Lost
  14. 14. Six Eighter
  15. 15. All Sense Is Lost Prelude

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