laut.de-Kritik

Making Noise Since 85: Der Indie-Veteran gibt nicht auf.

Review von

Je öfter man ihn abschreibt, desto häufiger trumpft er auf. Arg viel mehr Erklärungen lassen sich langsam nicht mehr dafür finden, dass Phillip Boa der eigenen Kreativität einfach nicht überdrüssig zu werden scheint. Auch innerhalb der laut.de-Redaktion erntete der Dortmunder in den vergangenen Jahren für seine neuen Platten nach anfänglicher Skepsis meist Respekt und Bewunderung.

Man muss nur lange genug dabei sein, urteilte ein vom plötzlichen Interesse an seiner Band überraschter Sven Regener im letzten Jahr, dann komme der Erfolg oft von ganz alleine auf einen zu. Ähnlich wie Regeners Element Of Crime änderte auch Phillip Boa über die Jahre an der Grundpalette seines Trademark-Sounds eher wenig, wechselte höchstens ab und an die Farbgebung und präsentiert mit "Faking To Blend In" nun ein weiteres Album, das moderner denn je klingt.

Gleich der Opener "On Tuesdays I'm Not As Young" ist eines dieser melodieseligen Stücke, die dem Indie Rock-Urgestein scheinbar nur so aus dem Ärmel purzeln. Wie wichtig seine Muse und Sängerin Pia Lund nach wie vor für den Boa-Soundkosmos ist, zeigt sich hier mit Nachdruck.

Mit Tobias Siebert beorderte Boa nach Arbeiten mit John Leckie (Radiohead) und Tony Visconti (Bowie) diesmal einen Produzenten an seine Seite, der alles andere als eine offensichtliche Wahl darstellt. Schließlich gab Boas Begeisterung für dessen Bands Delbo und Klez.e den Ausschlag, die er auch gleich im Doppelpack für die anstehende Tour verpflichtete.

Auf "Faking To Blend In" sorgt Boa-Fan Siebert in erster Linie dafür, sein Idol von der Gefahr des Selbstplagiats fern zu halten, was ihm recht gut gelingt. Die Produktion fußt auf einem unmittelbaren, rauhen Charme, und gefällt besonders im Detail, wenn sich Siebert einzelne Songfragmente heraus pickt, mit ihnen spielt und - ähnlich der stimmlichen Antipode Boa/Lund - sie aneinander reiben lässt. Hier wird das Handwerk des Musikers Siebert sichtbar.

Kompositorisch bleibt Boa seinem Niveau der letzten Jahre treu und liefert mit der sphärischen Ballade "Sleep A Lifetime" und dem vor allem strukturell beeindruckenden "Emma" erneut zwei herausragende Nummern ab. Das NDW-Flair verbreitende "Girl Is A Runner" und das allzu entfesselt elektrorockende "Collective Dandyism" hätte er sich zwar sparen können, den Fluss der Platte stören sie im Ganzen aber nicht sonderlich unangenehm.

Der liebgewonnene Titel-Lacher geht diesmal an "You Are A Parasite But I Love You", einem typischen Uptempo-Boa-Stück, das mal wieder vor allem dank des schönen Refrains funktioniert. Punkige Vorprescher sind vielleicht seltener geworden, was dem Spaß des Albums keinen Abbruch tut. Selbst wenn Boas Stimme zunehmend wärmer und sanfter zu werden scheint. Wie hieß es vor zwei Jahren noch? "Making Noise Since 85" - gilt immer noch und darf gerne weiter gehen.

Trackliste

  1. 1. On Tuesdays I'm Not As Young
  2. 2. Girl Is A Runner
  3. 3. Faking To Blend In
  4. 4. Drinking And Belonging To The Sea
  5. 5. Emma
  6. 6. You Are A Parasite But I Love You
  7. 7. Queen Day
  8. 8. You Hurt Me
  9. 9. Sleep A Lifetime
  10. 10. Collective Dandyism
  11. 11. In Today's Parties
  12. 12. How Much Can You Swallow
  13. 13. The Night Before The Last Was Saturday Night

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