laut.de-Kritik

Flotter Fünfer auf geglückter Melodienjagd.

Review von

Der Bandname besitzt etwas Anheimelndes: Vor dem inneren Auge erscheint das Bild eines Aufnahmegeräts aus den guten alten Zeiten, vor der eiskalten Digital-Revolution mitsamt all seinen schrecklichen Begleiterscheinungen (plärrende Multi-Mobilfunktelefone u.ä.). Und tatsächlich, die fünf Bremer Jungs haben mit neuzeitlichem Schnickschnack nichts am Hut - hier wird noch ehrlich mit der Hand gearbeitet, vor allem: Das Ganze wirkt verdammt frisch, trotz des Griffs in gestrige Kisten. Möchte man das kritisieren, was andere doch ebenfalls und ständig tun?

Knallhart bierernst nehmen sich die Jungs um Sänger David Jürgens nicht. Stattdessen legen sie Ernsthaftigkeit in das (geglückte) Unterfangen, dem Hörer Spaß und Abwechslung zu bieten. Mächtig Tempo bietet der Bremer Fünfer zunächst nonstop bis weit in die Albummitte. Der Opener "Hol Mich Hier Raus" macht mit "Schweine Im Weltall"-Beats, einer Prise Ideal und trockenem Bass gleich eine Menge Laune.

Keine Zeit zum Verschnaufen: Das "Discomädchen" wartet, und Paulsrekorder legen für die Kleine eine kräftige Einpeitsch-Nummer aufs Parkett. Verliebt-gefühlig geht es weiter, doch auch in "Verschwende Meine Zeit" ohne Tempoverlust. "Ich bin angekommen zwischen diesen Kissen", erkennt David beglückt, und stellt fest: "Dieser Mund und diese Hände sind alles, was ich brauch'".

Neben Vorwärtsdrang und kräftigem Knüppelschlagzeug halten Paulsrekorder stets griffige Hooks und einprägsame Melodiebögen bereit. Hier geht es schließlich nicht nur um den Großen Indiepreis, sondern auch um Pop - indes stets von ordentlichen Riffgranaten-Breitseiten bombardiert. Textlich gibt es nicht unbedingt einen Rilke-Preis zu gewinnen, aber die immer nachvollziehbare Aufrichtigkeit und spürbarer Spaß am Leben machen so manch kleinen Lyrics-Ausrutscher problemlos wett.

Erst mit dem sechsten Titel "Begraben" wird das Schlagzeug-Zügel nicht mehr hart angezogen - doch von echter Ballade keine Spur, Paulsrekorder fahren nur auf Midtempo herunter. Der Song "Anna" erfreute bereits bei Raabs Bundesvision Song Contest im Februar 2008. In den achtziger Jahren beheimatete Synthie-Klänge finden bei Paulsrekorder ebenfalls eine willkommene Heimstatt, zum Beispiel in den Songs "Jetzt" oder "Kühl".

Gut, auf gesamter Albumlänge findet sich hie und da mal ein nicht 100 Prozent geglückter Song, doch auch das bleibt fraglos dem Auge (oder Ohr) des jeweiligen Betrachters überlassen. Entscheidend: Gut gemachte, mit Herz und Seele ausgestattete Rockmusik bleibt stets zeitlos. Tiefes Wühlen in der Zitatekiste muss kein Manko sein, wie z. B. Jeans Team schon länger beweisen. Es kommt auf das Ergebnis an, und da brauchen sich Paulsrekorder bestimmt nichts vorwerfen lassen.

Trackliste

  1. 1. Hol Mich Hier Raus
  2. 2. Discomädchen
  3. 3. Verschwende Meine Zeit
  4. 4. An, Mach Mich Aus
  5. 5. Jetzt
  6. 6. Begraben
  7. 7. Anna
  8. 8. Lauf
  9. 9. Hier Und Oben
  10. 10. Kühl
  11. 11. Einlaufen
  12. 12. Captain Future

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1 Kommentar

  • Vor 15 Jahren

    Die Band hat Potenzial,einige songs sind gut, die Gitarrenarbeit bisweilen ziemlich cool, aber die Stimme des Sängers nervt leider total. Scheint ein häufiges Problem zu werden, man denke da nur an Britta (supernervige stimme) oder sogar Interpol (geile Band, schlechter sänger).

    Aber Verschwende meine Zeit ist schon ziemlich ein Hit.