laut.de-Kritik

Auf der Suche nach dem Bandego.

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So überzeugend das zweite Album "Left Too Far Behind" vor zwei Jahren in die Postrock-Bresche sprang, so schnell erkannten Ostinato: Auch in diesem Genre sind die Grenzen mittlerweile abgesteckt. Im Dualismus laut vs. leise allein sahen die Semiinstrumentalisten keine langfristige Perspektive. Auf Einsicht folgte Einkehr. Ziele und Ausdrucksmöglichkeiten benötigten Redefinition.

Über das Resultat ihrer Evaluation scheint in Washington D.C. allerdings Uneinigkeit zu herrschen. Darauf weist zumindest der spitzfindige Titel des Nachfolgers hin. Denn "Chasing The Form" lässt sich einerseits als Suche nach dem Bandego interpretieren, andererseits als ein "In-Stein-Meißeln" des eigenen Profils. Außer Frage steht, dass das Trio den Rahmen der Möglichkeiten drastisch ausdehnt.

Gleich der erste Akt erschließt fremdes Terrain. Sänger und Gitarrist David Henessy huscht auf Zehenspitzen durch ein schwermütiges Streicherensemble, während Drum- und Gitarrenläufe den Weckruf zwar proben, gleichwohl über acht Minuten keinen Alarm schlagen. "Monkey Gestures" rückt die unerwartete Vorstellung anschließend ins rechte Licht.

Ein repetitives Leitmotiv, knisternde Bratgitarre, kapitale Bassgewalt - da sind sie wieder, die bekannten Ostinato. Doch mehr als diesen vertrauten Händedruck reichen sie nicht zur Begrüßung. Stattdessen verlassen die Gastgeber den Einbahnstraßen-Treibrock gleich wieder und laden zum spontanen Offroad-Trip jenseits ausgetretener Pfade: "Antiaircraft" parkt zwischen Free Jazz und Dream Pop.

Psychedelische Flüstereien rinnen in einen erotisierenden Groove-Fluss, der durch nebelverhangene Akkorde lediglich Akzentuierung erfährt, dissonante Hornbläser erinnern dezent an Dredg. Vorhersehbar geht in der Tat anders. Auch die entrückt-winterliche Spacerock-Hymne "Latitude" feiert bedächtig die neue Zurückgenommenheit, hätte aber beileibe keine elf Minuten zum Erblühen benötigt.

Leider legt der Dreier scheinbar wenig Wert auf den letzten Eindruck und stellt die zwei verzichtbarsten Songs ans Ende. "Between The Years" entgleist, weil eine einsam daherwabbernde Clean-Gitarre mit Unterhaltungswert geizt. Mehr B- als A-seitentauglich auch der Abschluss "Volant", dessen penetrante Midtemporierung eindimensional statt eines Finalstückes würdig tönt.

So weicht der Beifall letztlich relativer Ernüchterung. "Chasing The Form" bietet abwechslungsreiches Post-Irgendwas, vermeidet über weite Strecken Eruptionen und erschwert klare Kategorisierung. Die Zeichen deuten für Ostinato momentan noch eher auf Selbstsuche denn auf Ziellinie. Konditionstraining vorausgesetzt, könnte der Durchbruch demnächst endlich gelingen.

Trackliste

  1. 1. Goal Of All Believers
  2. 2. Monkey Gestures
  3. 3. Antiaircraft
  4. 4. The Art Of Vanishing
  5. 5. Latitude
  6. 6. Between The Years
  7. 7. Volant

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