Empörung in Österreich: Drei Schweizer Sänger verarbeiteten den Fall der Natascha Kampusch in Anlehnung an Falcos 80er-Skandal-Hit "Jeanny".

Zürich (ebi) - Kalkuliertes öffentliches Ärgernis, mangelndes Feingefühl oder künstlerische Naivität? Die Swiss Tenors verarbeiteten den Fall der entführten Natascha Kampusch in Anlehnung an Falcos 80er-Skandal-Track "Jeanny". Textpassagen wie "Natascha, leb' mit mir unseren Traum! Natascha, verlass' nie diesen Raum!" zogen empörte Einträge im Online-Gästebuch der Tenöre nach sich. Und selbst die Bild-Zeitung fragt: "Darf man das?"

Natascha Kampusch erregte vor einigen Wochen weltweit Aufsehen: Der heute 18-Jährigen gelang die Flucht, nachdem sie ein Mann acht Jahre lang in einem Haus in einer niederösterreichischen Stadt nahe Wien gefangen gehalten hatte.

Kurioserweise kam den Tenören die Idee, Nataschas Schicksal "künstlerisch" und "gesellschaftskritisch" zu verarbeiten, ausgerechnet auf dem Wiener Zentralfriedhof, als sie zu Falcos Grab pilgerten - heißt es zumindest in einer Pressemitteilung. Dort hätten sie Falcos Zustimmung "gespürt". Dessen Track "Jeanny" wurde Mitte der 80er teilweise boykottiert, weil der Text als Verherrlichung sexuellen Missbrauchs gedeutet wurde.

"Mit Natascha in die Charts?", fragt nun ORF.at das Trio. "Schweizer verhöhnen Natascha Kampusch", titelt krone.at und findet: "Falco würde sich im Grab umdrehen". "Die Anwälte von Frau Kampusch sollten dagegen etwas unternehmen", zitiert die Schweizer Boulevardzeitung Blick Nataschas Ex-Medienberater Dietmar Ecker. Die Swiss Tenors sind plötzlich ein Thema.

Ob die Single tatsächlich erscheint, ist ungewiss. So ist die Seite des Trios samt Hörprobe mittlerweile offline. Andri Calonder, Christian Johannes Jenny und Enrico Orlandi sehen sich selbst jedenfalls zu Unrecht im öffentlichen Kreuzfeuer: "Natascha ist eine starke Frau, das ist ihre Hymne. Viele Menschen sind gefangen – stellvertretend für alle Beziehungsgefangenen." Klarer Fall von Realitätsverlust.

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