Er sei am Freitag hochemotionalisiert gewesen, so der Veranstalter - und bekräftigt seine Kritik.

Nürburg (ebi) - Nach seiner so genannten Wutrede auf der Pressekonferenz nach dem Abbruch von Rock am Ring am Freitagabend wegen Terrorgefahr musste RaR-Veranstalter Marek Lieberberg viel Kritik einstecken - und bekam Beifall von der falschen Seite, namentlich der rechten AfD.

In der angespannten Lage hatte er u.a. Muslimen pauschal unterstellt, sich zu wenig gegen die allgegenwärtigen Terroranschläge zu positionieren. "Warum sind wir die Prügelknaben für die Situation? Wir zahlen den Preis für den Skandal um Amri", hatte er dazu in den Saal gerufen.

In einem aktuellen Interview mit der Süddeutschen Zeitung ruderte Lieberberg nun etwas zurück und bekräftigte gleichzeitig seine grundsätzliche Kritik - auch an den Sicherheitsbehörden.

'Ich erwarte eine eindeutige Gegnerschaft zu Gewalt und Terror'

Auf den Vorwurf angesprochen, sagte Lieberberg, den die Sicherheitsbehörden informiert hatten, dass die Festgenommenen zur salafistischen Szene gehören: "Wissen Sie, ich stehe da im Sturm. Inmitten der Journalisten. Alleine. Ich bin hoch emotionalisiert, Reporter bedrängen mich. Es kann gut sein, dass ich da etwas übers Ziel hinausgeschossen bin. Ich erwarte jedoch von allen Beteiligten eine eindeutige Gegnerschaft zu Gewalt und Terror. Nach meiner Wahrnehmung haben es die Menschen muslimischen Glaubens bisher leider weitgehend versäumt, dies auch in entsprechenden Demonstrationen zu artikulieren".

Er könne zwar verstehen, dass Menschen darauf sensibel reagierten. Aber alle müssten sich nun wehrhaft gegen Gewalt und Fanatismus stellen: "Und ich habe ja niemanden ausgegrenzt. Es wird auf Dauer nicht helfen, wenn wir nach Anschlägen nur Denkmäler wie das Brandenburger Tor oder den Eifelturm in Nationalfarben anstrahlen", betonte Lieberberg weiter.

Und hier sieht er vor allem die Sicherheitsbehörden in der Pflicht: "Es ergibt sich die Frage, wie weit die Abschirmung bei Veranstaltungen gehen soll. Wir können uns ja nicht vollständig abschotten. Die Behörden müssen ihre Aufklärungsarbeit insbesondere bei dem Ausfindigmachen von und dem Umgang mit Verdächtigen verbessern. Wir sehen im Fall Amri doch, was teilweise für Lücken vorhanden sind", so Lieberberg mit Hinweis auf die Ermittlungspannen im Fall des Berlin-Attentäters.

Gegen Terror versichert

Der Vermutung, er habe den Abbruch aus betriebsswirtschaftlichen Gründen verhindern wollen, widersprach Lieberberg ausdrücklich: "Rock am Ring ist gegen Terror versichert". Zuvor ging er noch auf die Ereignisse am Freitagabend ein. So habe es ihm "fast den Atem abgeschnürt", als er von der möglichen Terrorgefahr sowie der Räumung des Festivalgeländes erfahren habe, weil er sich natürlich an den Abbruch im vergangenen Jahr aufgrund schwerer Unwetter erinnert gefühlt habe.

Konkret habe es Verdachtsmomente gegen zwei Mitarbeiter der Rock am Ring-Site-Crew gegeben: "Angeblich soll der Bruder einer der beiden Verdächtigen ein einsitzender Terrorist sein". Die Behörden hätten die Situation dann anders eingeschätzt als er. Ihm habe beispielsweise keiner erklären können, "warum ein Campingplatz sicherer sein soll als das Festivalgelände". Dennoch: "Die Sicherheit steht an allererster Stelle" - deshalb der Abbruch.

Lieberbergs Rundumschlag, seine teils undifferenzierten bzw. ungerechten Vorwürfe mögen einer persönlichen emotionalen Situation geschuldet sein. Gleichzeitig sind sie aber auch Ausdruck einer allgemein gefühlten Hilflosigkeit in den westlichen Demokratien: Die westliche Kultur wird angegriffen, gleichzeitig gibt es aufgrund von Sicherheitsmaßnahmen immer mehr Einschränkungen der persönlichen Freiheiten. Und trotzdem lassen sich islamistische Anschläge - auch auf Konzerte - nicht immer verhindern. Eine für den Unterhaltungs- und Musikbetrieb völlig neue Herausforderung.

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11 Kommentare mit 45 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    Mit Sancho dürfte er zumindest einen Befürworter haben.

  • Vor 6 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 6 Jahren

      Hast du demonstriert, als Breivik über 70 "Migranten" abgeschlachtet hat? Falls nein, Mund zu :)

    • Vor 6 Jahren

      1) was habe ich mit anders breivik zutun? (bin weder nordeuropäisch-weiss, noch norweger, noch christ) 2) gibt es nahezu wöchentlich überall in deutschland demos gegen rechts, rechtspopulismus und vermeintlich rechte. SCHEISS argumente also

    • Vor 6 Jahren

      Gehst du demonstrieren, wenn Jemand, der eine Gemeinsamkeit mit dir teilt, etwas Schlimmes anstellt, um dich von dieser Person zu distanzieren? Dann müsstest du ziemlich häufig demonstrieren gehen. Ich als Lehrer und Nahost-Reisender sage dir, dass 99% der Muslime friedlich zusammen leben und einfach nur ihr Leben bestreiten wollen. Dass es Dinge gibt, über die man kulturell gesehen anderer Meinung ist als Menschen, die nach einem mehr oder weniger streng ausgelegten Islamverständnis leben, das ist eine Sache. Dass du das Wort "Musel" verwendest, spricht Bände. Du hast leider nichts verstanden.

    • Vor 6 Jahren

      Schaut mal, ein AfD-Troll!

    • Vor 6 Jahren

      @jamclub: dein gelaber geht leider meilenweit am thema vorbei. ich gehöre keiner religion und auch keiner sonstigen ideologie an, in deren namen menschen angegriffen werden. es geht auch nicht um musels in nahost, sondern angesprochen wurden die hiesigen. hast du da mal irgendwann mal größere distanzierungen gesehen? ich nicht.

    • Vor 6 Jahren

      Natürlich nicht, da hättest du ja mal vom Spiegel weg gemusst.

      Merkt euch: private Distanzierung ist heute nichts mehr wert - das muss schon alles öffentlich und getweetet und facebookt werden, sonst gehen Kackbratzen wie Lieberberg und Sodhahn direkt vom Gegenteil aus. Schuldig, bis die Unschuld bewiesen wurde.

    • Vor 6 Jahren

      Sodhahn hat recht, Links ist keinen Deut besser als Rechts.

    • Vor 6 Jahren

      Ich sag ja, du verstehst es nicht.. ja diese Taten werden "im Namen des Islam" ausgeübt, aber diese Absicht ist natürlich ein probates Mittel, um Hass innerhalb der Zivilbevölkerung islamischen und nicht-islamischen Glaubens zu schüren, wie du es ja auch gerade in gewisser Weise tust.

      Natürlich könnte ich auch sagen: "Im Namen des Christentums fackel ich nun dieses Flüchtlingsheim ab!" Das "Fiese" ist nur, dass das faktisch Jeder tun kann. Ich kann auch Dinge tun, die einer allgemeinen Auslegung des Christentums völlig entgegenstehen und meine Taten im Namen des Christentums verüben. Und genau das geschieht hier. Der Islam wird (häufig von Menschen, die den Koran zum Teil nicht einmal kompetent kennengelernt haben) instrumentalisiert, um Gesellschaften im Inneren anzugreifen und Menschen gegeneinander anzustacheln. Das ist eine effektive Strategie der Kriegsführung und das sollte man zunächst einmal verstehen. Wenn du das verstanden hast, dann lies meine oben geschriebenen Worte noch einmal ;).

    • Vor 6 Jahren

      Noch etwas: Sodhahn, die Dinge (z. B. Ursachenbekämpfung im internationalen Terrorismus) sind leider wesentlich komplizierter als sie von den Freunden der einfachen Antworten und Lösungen (AfD) dargestellt werden.

  • Vor 6 Jahren

    Lieberberg war schon vorher ne Kackbratze

    • Vor 6 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 6 Jahren

      nope, er hat nur Angst um sein money

    • Vor 6 Jahren

      Ne, der ist ausgeflippt, was man menschlich in solch einer Situation nachvollziehen kann. Recht hat Lieberberg hingegen nicht. Weil Jemand, der eine Gemeinsamkeit mit mir teilt, z. B. Religion, Beruf, Hautfarbe, Sprache, etc. etwas Schlimmes anstellt, heißt das noch lange nicht, dass ich mich für das Handeln dieser Person verantworten oder gar rechtfertigen müsste.

    • Vor 6 Jahren

      was jamclub sagt^^

    • Vor 6 Jahren

      "nope, er hat nur Angst um sein money"

      Zurecht. Warum soll er bzw. ein Veranstalter für Terrorabbrüche gerade stehen?

    • Vor 6 Jahren

      Ja wenn's nach ihm gehen würde ginge es immer weiter mit dem Programm. Ob Gewitter, Sturm, Terror oder Atomkrieg, hauptsache es kommt keiner auf die Idee sein Ticket (teil)erstattet haben zu wollen.

  • Vor 6 Jahren

    War eh falscher Alarm. Zwei "Syrer" liefen mit AAA-Bändchen rum. Geht mal gar nicht!!
    Naja, sicher ist sicher...aber Hauptsache, Panik schieben.

  • Vor 6 Jahren

    Rock am Ring verkommt seit Jahren immer mehr
    zur Rich-Kids-Party und verliert stetig dazu seinen musikalischen Anspruch. Wer das nötige Kleingeld hat oder es sich unbedingt gönnen will, der kann sich für ein verlängertes Wochenende zwischen Hochschulabsolventen, "Alles-Hörern" und einer Hand von korrekten Leuten dem kontrollierten Chaos hingeben.

    Lieberberg hat zu dieser Veränderung des Rings seit Jahren haupt verantwortlich beigetragen, mit dem Ziel, dass Festival für wirklich jedermann interessant zu machen. Dabei rückt das "Event" Festival immer weiter in den Mittelpunkt, während die musikalische Auswahl immer mehr von den großen Plattenfirmen diktiert wirkt.
    Habe generell nichts gegen ein paar Acts außerhalb des Hauptgenres eines Rock-Festivals, ob es nun Reggae, Ska, Techno, Hip-Hop oder sonst etwas ist, doch verändert sich damit, je nach Schwerpunkt, auch immer mehr das Publikum.
    Klar, Generalisierung vergrößert das potentielle Publikum, aber die Nötigkeit dazu (Publikumsmangel) kann ich beim Ring nicht feststellen, im Gegenteil.

    Die Wutrede hat selbst dem letzten Rosa-Brillen-Freund offenbart, was Lieberberg ist - er ein Unternehmer. Und dass muss er auch sein. Natürlich will er, dass die Polizei dass Gelände wieder frei gibt, denn 2016 war für den Ring eine Katastrophe und diese sollte sich nie wiederholen. Es geht schließlich um einen Haufen Geld und einen potentiellen Imageschaden in astronomischer Höhe.
    Ebenfalls offenbart die Wutrede, dass auch Millionäre vom Wutbürgertum nicht befreit sind. Dass der Lieberberg, der sich bei seinen Bühnenansprachen immer als Musikfreund und Philanthrop darstellt, auch gegen Islam und Polizei wüten kann, wenn er sich nur genug benachteiligt fühlt, damit haben wir alle nicht gerechnet. Der Weltmensch Lieberberg, das musikalische Sprachrohr ganzer Generationen, das Stethoskop für den deutschen Livemusik-Bedarf - der soll auch nur ein Mensch sein? Medien taten seit Jahren gut daran, ihn auf den Musikolymp hochzureden - jetzt tun sie gut daran, den spontanen Auftritt eines panischen Unternehmers auseinander zu pflücken und als islamfeindlich und authoritätshasserisch zu deklarieren.

    Ganz ehrlich, solche Berserker-Momente haben wir doch alle mal - nur können wir uns glücklich schätzen, dass weder Mikrofon noch Kamera in der Nähe sind. Wie heißt es noch so schön: es gibt Leute die zugeben, in die Dusche zu pissen, und es gibt die, die lügen.