Das SWR3 New Pop Festival suhlt sich im Glamour. Wir berichten in Text und aktuellen Bildern.

Baden-Baden (lau) - Eines wird schnell klar: Das SWR3 New Pop Festival in Baden-Baden ist ein Familienereignis. Mutter, Vater, Kind schmeißen sich in Schale, um dem Städtle den Staub von der Fassade zu pusten. "SWR3 New Pop City" prangt auf den neu aufgestellten Ortsschildern, die in bunten Regenbogenfarben schillern.

Bruno Mars, Jessie J, Caro Emerald oder I Blame Coco: Die angekündigten Acts stürmten im vergangenen Jahr nicht nur die Charts, sondern nun auch die exquisiten Bühnen Baden-Badens. Wie Intendant Peter Boudgoust es in seiner Eröffnungsrede sagt: Die Stadt wird zum "Nabel der Popwelt".

Von roten Teppichen, Glamour und jeder Menge Kameras

Der Niedergang der Popindustrie tropfte bei der vergangenen Berlin Music Week aus jeder Pore. In Baden-Badens Innenstadt: davon keine Spur. Ein roter Teppich führt von Location zu Location, die allesamt mit beeindruckenden und edlen Kulissen daherkommen.

Fotogalerie SWR3 New Pop Festival

Eröffnen darf R'n'B-Darling Bruno Mars im Kulturdenkmal Festspielhaus. Wenn er auf der Bühne steht, den Rock'n'Roll-Gitarrenhelden raushängen lässt und sein Zahnpastalächeln lächelt, schmelzen im imposanten Saal die Frauenherzen. Bevor er aber seine fette Lichtshow starten kann, muss erst noch eines geprobt werden: das Applaudieren für die Fernsehkameras.

Insgesamt werden 20 Stunden live vom Festival in TV, Radio und Internet übertragen, die ARD wartet mit einem Special auf. Die 17. Ausgabe des Festivals erhält erstmals so viel Aufmerksamkeit. Dafür soll auch wirklich alles sitzen.

Leinwandübertragung im Kurpark

Schließlich waren die Tickets für die Konzerte ruckzuck vergriffen. Wer keine Karte abbekommen hat, kann sämtliche Shows im Kurpark auf einer riesigen Leinwand verfolgen. So saßen beim Auftritt von Bruno Mars einige Mädchen mit offenen Mündern vor dem Screen und klatschten anschließend nicht weniger laut als die begeisterte Meute im Saal.

Die Zielgruppe einer Brooke Fraser bewegte sich in anderen Altersklassen. Mit ihrem sanften neuseeländischen Folkpop sorgte sie bei den anwesenden Twens im Kurhaus für selige Blicke. Den Donnerstag beendete Clare Maguire, die mit dem Theater die beeindruckendste Location abgegriffen hatte. Vor samtroten Sesseln und brokatgoldenen Logen sorgte sie mit starker Morissette-Stimme für erste schwingende Hüften.

Ungehemmtes Kuscheln und starke Stimmen

In dieser Kulisse wäre wohl auch Caro Emerald regelrecht aufgegangen. Nirgendwo hätte ihr Swingpop besser funktioniert. So wirkte die goldige Niederländerin im weißen Monroe-Kleidchen auf der riesigen Bühne des Festspielhauses beinahe verloren. Dennoch bewies sie eine starke Stimme und benötigte keine zwei Minuten, um das Publikum bei sich zu haben.

Für Begeisterungsstürme - besonders unter Pärchen - sorgte rund drei Stunden später Rumer. Mit ihrer hauchzarten Stimme und den smoothigen Jazzsounds löste sie ungehemmte Kuscheleien aus. Zwischen diesen beiden souveränen Acts ging Andreas Bourani völlig unter. So brachte der Deutsche mit seinen Clueso-Sounds mit Naidoo-Attitude kaum Neues.

Zaz rockt Deutschlands größte Oper

Von Samt und Glamour völlig unbeeindruckt zeigte sich Zaz und ließ die Konkurrenz fast wie angestrengte Labelmarionetten aussehen. Herrlich unangepasst und über beide Ohren strahlend hüpfte das Energiebündel durch das Festspielhaus und rockte mal eben aus dem Handgelenk Deutschlands größte Oper. Sie gab eine Performance für alle Sinne und entführte in die Straßen von Paris, in denen es um vier Uhr morgens nach "Brot und Gulli" riecht, "aber du liebst es, es ist der Duft deiner Kindheit".

Sie spielte fast doppelt so lang wie alle anderen Künstler an diesem Abend, doch das Publikum konnte trotzdem nicht genug von der lässigen Französin bekommen. Daran wird sich so mancher Act beim laufenden Festival messen lassen müssen.

Bodenständige Acts ...

Was bodenständige Acts angeht, versprach auch der letzte Festivaltag einiges. Während I Blame Coco im burschikosen Look eine introvertierte 50-Minuten-Show ablieferte, rettete Tim Bendzko nicht nur die Welt - wie seine Single behauptet - sondern hielt auch die deutsche Flagge des Festivals hoch.

Der Charmebolzen mit Schweighöfer-Frisur führte mit humorvollen Ansagen durchs munteres Deutschpop-Programm. Klar, dass das anwesende Publikum überwiegend dem weiblichen Geschlecht angehört.

... und die große Gala

Geballte Frauenpower bot auch das folgende SWR3 New Pop Special, das am 30. September in der ARD ausgestrahlt wird. Eine gut aufgelegte Barbara Schöneberger ("Heute heißt es in Baden-Baden: Netzstrümpfe statt Stützstrümpfe!") führte durch das hochkarätige Galaprogramm.

Musikalische Häppchen von Frida Gold, Natalia Kills, Melanie C oder Ex-Reamonn-Fronter Rea Garvey hielten das Festspielhaus für rund drei Stunden auf Trab. Auch die Scorpions ließen sich die Sause nicht entgehen: Kurz vor ihrem Abschied von der Bühnenwelt erhielten sie den SWR3 "Pioneers Of Pop"-Award für ihr Lebenswerk.

Abschließend verzückte Jessie J das Kurhaus mit ihrer professionell ausgebildeten Stimme und überraschend zurückgehaltenen Sounds. Doch die Show sprach für sich: Da die Newcomerin wegen einer Fußverletzung keine 90 Minuten Tanzperformance durchhält, ließ sie sich kurzerhand auf einem Thron nieder.

Showlaufen und Talentschmiede

Und kann diese Geste stellvertretend für das gesamte Festival stehen: Nicht nur musikalisch traf sich am Wochenende die Crème de la Crème, auch in Baden-Baden selbst war ein frischer Vibe zu spüren.

Aus angestaubten Oper- und Theaterbühnen wurde nicht nur ein Forum für große Stars, sondern auch für junge, aufstrebende Musiker, die, ganz in der Tradition des Festivals, vielleicht morgen schon zu den Großen gehören. Amy Winehouse, Amy McDonald oder auch Reamonn: Sie alle spielten vor ihrem großen Durchbruch im Südwesten.

Showlaufen und Talentschmiede in einem: Das SWR3 New Pop-Team darf sich auch in diesem Jahr selbst auf die Schulter klopfen.

Fotos

Zaz, Caro Emerald und Rumer

Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Bjørn Jansen) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Zaz, Caro Emerald und Rumer,  | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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