Verunsichert von Umsatzrückgang und neuen Vertriebswegen lassen viele Plattenfirmen kaum noch eine Gelegenheit aus, sich unbeliebt zu machen.

Paris/Charleston (joga) - Über 27.000 Leser haben mittlerweile einen Aufruf im französischen Le Nouvel Observateur unterzeichnet, mit dem Intellektuelle und Musiker wie Manu Chao, Khaled und Yann Tiersen sich gegen die Kriminalisierung von MP3-Fans wenden. An Stelle der "lächerlichen juristischen Jagd" auf willkürlich ermittelte Sündenböcke fordern die Initiatoren von "Free up music" eine grundsätzliche Diskussion über den Umgang mit Musik in Zeiten des Internets. Eine Petition, die vor einigen Wochen das Karriere-Ende von Ashlee Simpson gefordert hatte, fand zwar noch deutlich mehr Zustimmung. Bedenkt man jedoch, dass die Themen Urheberrecht und die sich aus einer Verletzung ergebenden juristischen Konsequenzen nicht sonderlich sexy sind, kann sich eine Zahl von mehreren Tausend Unterzeichnern schon wieder sehen lassen.

Das Island-Logo mit der Palme, die frühen Jahre von Virgin Records oder der halbierte Apfel auf dem Plattenteller - es ist noch gar nicht so lange her, da waren zumindest manche Labels unheimlich cool. Doch seit geraumer Zeit haben die Plattenfirmen offenbar ein Problem mit ihrem Ruf. Man kann eben seinen potenziellen Kunden nicht ständig drohen, ohne dass der eine oder andere sich abwendet.

Wie willkürlich die großen Plattenfirmen tatsächlich bei der Verfolgung von Filesharern vorgehen, illustriert eine Meldung, die gestern die Runde machte: Demnach hat der US-Labelverband RIAA eine bereits im Dezember verstorbene Ur-Oma aus Charleston, Virginia, verklagt. Vor ihrem Tod hatte sich die 83-Jährige stets dagegen gewehrt, dass ein Computer ins Haus komme. Offenbar kein Einzelfall, bereits mehrfach soll es bei der Ermittlung der persönlichen Daten von Filesharern zu Irrtümern gekommen sein.

"Labels verklagen tote Oma", lauteten gestern die Schlagzeilen. Noch sind es meist Branchen- oder Fachblätter, die ihre Schadenfreude kaum verbergen können. Die Geschichte von der toten Oma zeigt die Labels mal wieder ohne Perücke im Spiegel.

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Manu Chao

Manu Chao,  | © LAUT AG (Fotograf: ) Manu Chao,  | © LAUT AG (Fotograf: ) Manu Chao,  | © LAUT AG (Fotograf: ) Manu Chao,  | © LAUT AG (Fotograf: ) Manu Chao,  | © LAUT AG (Fotograf: )

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