Bambaataa wittert diabolische Verschwörungen, KAAS wandelt in der Twilight Zone, Thomas D exhumiert seinen Reflektor-Falken und Indie-Rocker drehen den Swäg auf.

Konstanz (dani) - "Eine satanistische Verschwörung hat den Hip Hop gekapert." Manch einem Metal-Head dürfte bei dieser Vorstellung das Herz aufgehen. Afrika Bambaataa allerdings nimmt man ab, dass ihn ernsthafte Sorgen um das von ihm mit aus der Taufe gehobene Baby umtreiben. In einem Interview mit der Chicago Sun Times bemängelt er das ausufernde Schubladendenken, das sich längst auch das Kopfnickertum einverleibt hat:

"Die Menschen verwenden den Begriff Hip Hop auf viele verschiedene Arten, die eine Menge Probleme verursachen. Sie verwenden das Wort falsch. Sie bezeichnen damit einen Teil, nicht das große Ganze." Man müsse bloß einigen Radiosendern auf den Zahn fühlen: "Sie behaupten, sie seien Hip Hop, sie spielten Hip Hop. Aber die sogenannten Programmchefs wissen einen feuchten Scheiß über die Hip Hop-Kultur. Sie wissen bis zu einem gewissen Grad über Rap Bescheid. Aber wenn ich dann frage: 'Wo hast du Go-Go, Hip-House, Electro-Funk, Ragga, R'n'B und Soul?' - dann sind sie sehr schnell sehr still."

Sein flammender Appell wider das Tragen musikalischer Scheuklappen sollte wirklich nicht ungehört verhallen. Müssten wir uns sonst doch in Hip Hop-Kreisen bald mit teuflischen Interview-Partnern dieses Kalibers herumschlagen:

Just dance!

Bambaataa jedenfalls besitzt als Gründervater einer Bewegung, die wir alle nicht missen möchten, durchaus eine gewisse Deutungshoheit. Überzeugt ist er zudem von der heilsamen Wirkung des Tanzes: "Im Tanz zeigt sich das innere Selbst. ... Die Vibrationen der Musik bewirken viele Dinge, bei vielen verschiedenen Leuten. Immer schon! Hunde rennen, Vögel singen, Bienen arbeiten. Menschen tun das alles auch - aber nur Menschen tanzen."

Fazit: Just dance! Ob Bambaataa allerdings ein Sprengen der Genre-Grenzen im Sinn hatte, wie es Lukas Plöchl im Rahmen der österreichischen Talent-Show "Helden von morgen" derzeit zelebriert, darf gediegen bezweifelt werden. "Eine neue Dimension des Proletentums", findet unser amtierender Austro-Praktikant. Möchten wir das?

Schleich di!

Die Antwort der Vamummtn fällt ziemlich unzweideutig aus:

Zwischen Genie und Wahnsinn

Manch einer vermutet die Heimstätte des Teufels - nicht ganz ohne Grund - im Eurodance. Einen KAAS schreckt solches nicht ab: Sein neues Album "Liebe, Sex und Twilight Zone" soll Ende Aprill erscheinen. Bei Chimperator verspricht man ein "Doppelalbum, das aus zwei voneinander unabhängigen Alben besteht. 'Liebe, Sex und ...' ist ein klassisches Rap-Album. 'Twilight Zone' dagegen ein Konzept-Album, bei dem KAAS in die Rolle eines Eurodance-Bandleaders schlüpft."

"Das Album verknüpft den Eurotrash-Sound der 90er mit fantasievollen und inhaltsstarken KAAS-Texten und schafft damit mühelos den Spagat zwischen Genie und Wahnsinn". Besonders an letzterem zweifelt keine Sekunde, wer sich mit Bildern wie diesem konfrontiert sieht:

Neuer Demut-Crash-Kurs

Ich freu' mich drauf - sehr im Gegensatz zu diesem Projekt: Thomas D plant, zum zehnjährigen Jubiläum seines Reflektor Falke-Projekts "Lektionen In Demut" neu aufzugießen. Warum nur, warum? "Es ist unglaublich, wie die exakt gleichen Worte ein völlig neues Hörerlebnis schaffen. Auch die Zwischentexte, die ich auf der alten Platte lediglich in Textform ins Booklet beigelegt hatte, wurden dieses Mal vertont, was dem Ganzen einen noch stärkeren Hörspiel-Charakter gibt." Na, dann ... Es sieht jedenfalls schlimm aus:

"Olle Crack-Braut", die Letzte?

Noch schlimmer: Sandy Meyer-Wölden, die inzwischen Alessandra Pocher genannt zu werden wünscht, hat in letzter Instanz einen Sieg errungen. Obwohl Sidos Schmähung einst vor Gericht als "substanzlose Blödelei" eingestuft wurde, will man darin nun doch eine Beleidigung erkannt haben. Die offenbar sehr zart besaitete Frau Pocher kassierte dafür, dass sie sich in einem ansonsten längst vergessenen Freestyle eine "olle Crack-Braut" heißen ließ, Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro. Fast so lukrativ wie ein Dasein als Schmuckdesignerin, scheint mir.

Update: Von wegen!

Von wegen die Letzte: Wenige Stunden, nachdem bild.de von seiner angeblichen Niederlage berichtete, dementierte Sido die Meldung via Twitter: "die pocher lügt !!!! sie hat keinen cent von mir bekommen !!!!" Er erklärte, keine gerichtlich verordnete Zahlung an Frau Pocher geleistet, wohl aber seine Anwälte beauftragt zu haben, eine Gegendarstellung einzufordern.

Dreh den Indie-Swäg auf!

Man sieht: Bambaataa hat Recht, Satanisten fressen den Hip Hop, wohin man auch schaut. Doch umgekehrt streckt der ebenfalls seine Tentakel aus, um sich die Seelen achtloser Indie-Rocker zu greifen. Wie? So!

Track der Woche:

Jederzeit würde ich den Reflektor-Falken wieder schmähen. Mit seinem letzten Album wetzte Thomas D diese Scharte jedoch mehr als aus. Für eine Nummer, die einem so die Socken aus- und die Haut von der Seele zieht wie diese, hat er bei mir noch etliche Lektionen in Demut gut:

Icke, Yo Mama Fromm, und Er, Maximum Brandl, sammeln und kredenzen wöchentlich Diverses aus dem Kopfnicker-Universum. Anträge, Blumen oder Punchlines an dani@laut.de oder max@laut.de.

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18 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    hat sido wirklich bezahlt?
    laut seinem twittereintrag nicht. der da lautet:
    "die pocher lügt !!!! sie hat keinen cent von mir bekommen !!!!"

    man sollte vielleicht in zukunft die twitteraccounts der künstler bei einer recherche zu einem artikel einbeziehen

  • Vor 13 Jahren

    404 Leider konnte die gewünschte Seite nicht gefunden werden.
    Thomas D sieht auf dem Bild aus wie Kratos

  • Vor 13 Jahren

    Hallo!
    Finde es witzig, dass es hier zugleich um Sido und Lukas Plöchl geht, aber in verschiedenen Beiträgen.
    Schließlich sind alle beide die wichtigsten (und amüsantesten) Figuren im österreichischen DSDS-Abklatsch - würd' mich nicht wundern wenn's von denen bald sogar ein gemeinsames Lied gibt!